Synopsis: Chowanschtschina

from Modest Mussorgski


ERSTER AKT
Nach dem Orchestervorsplel ("Morgendämmerung über der Moskwa") hebt sich der Vorhang und der Rote Platz in Moskau wird sichtbar. Die Strelitzen, die Zar lwan IV. ("Der Schreckliche") um 1550 als stehendes Heer gegen die Macht des Adels - der Bojaren - eingesetzt hatte, sind unter dem schwachen Zaren Fjodor Alexejewitsch die grösste Kraft im russischen Reich.
Im Schatten der Basilius-Kathedrale hat ein Schreiber seinen Stand aufgeschlagen. Schaklowitij, einer der entmachteten Bojaren, diktiert ihm ein Denunziations-Schreiben an den Zaren: Fürst lwan Chowanskij, der Anführer der Strelitzen, plane eine Verschwörung gegen die Krone. Schaklowitij kann sich gerade noch verstecken, als Iwan Chowanskij erscheint und dem Volk seinen Schutz verspricht. Die Menge jubelt ihm als dem Befreier von der Bojaren-Knechtschaft zu.
Auch sein Sohn Andrej kommt hinzu: Er hat seine Geliebte Marfa (die zur Sekte der Raskolniki, der "Altgläubigen", gehört) fallenlassen und macht nun einem deutschen Mädchen, Emma, den Hof. Aber auch Iwan Chowanskij hat ein Auge auf das Mädchen geworfen und es kommt coram publico zum Streit zwischen Vater und Sohn. Eine Prozession der Raskolniki unter ihrem Führer Dossifej trifft gerade rechtzeitig auf dem Platz ein, um die verzweifelte Emma vor den Zudringlichkeiten der beiden Chowanskijs zu retten. Während die Strelitzen das Feld räumen, ermahnt Dossifej das Volk, nicht an Gott zu zweifeln, dessen Macht alles zum Guten wenden werde.

ZWEITER AKT
Ein Kabinett im Hause des Fürsten Golitzyn. Der Fürst hat sich auf die Seite der Strelitzen gestellt; so weigert er sich auch, Emma vor den Chowanskijs in Schutz zu nehmen, wie es der Pastor der deutschen Gemeinde von ihm erbittet. Warssonowjew, Golitzyns Vertrauter, hat inzwischen Marfa zum Fürsten gebracht, die beim Volk als Zauberin gilt. Sie weissagt dem abergläubischen Golitzyn, dass er beim Zaren in Ungnade fallen und in die Verbannung geschickt werde. Heimlich gibt der Fürst Warssonowjew den Auftrag, Marfa umbringen zu lassen.
Einige Augenblicke bleibt Golitzyn allein, als lwan Chowanskij das Kabinett betritt. Jeder wirft dem anderen vor, zu grosse Macht für sich zu beanspruchen. Sie sind im heftigsten Streit, als Dossifej mit einer Gruppe seiner Raskolniki erscheint, um Golitzyn zur Gottesfurcht zu errmahnen. Doch dieser und Iwan Chowanskij haben für den frommen Greis nur Spott übrig. Plötzlich stürzt Marfa herein, die der entsetzte Golitzyn im ersten Moment für ein Gespenst häIt. Sie berichtet, man habe ihr aufgelauert und nur mit Hilfe der Petrowzen (des "Spielregiments" des späteren Zaren Peter I.) sei sie dem sicheren Tod entgangen. Bevor noch Golitzyn etwas dazu sagen kann, bringt der Bojar Schaklowitij die Nachricht, Zar Fjodor habe von der Strelitzen-Verschwörung, erfahren und werde nun die "Chowanschtschina" vor Gericht bringen.
(Der Titel der Oper ist fast unübersetzbar: die dern Namensstamm "Chowan-" der Fürsten angehängte Endung "-tschina" ist äusserst pejorativ und meint soviel wie "die Chowanskijs und ihre Bande".)

DRITTER AKT
In der Strelitzen-Vorstadt Samoskwaretschje. Die Raskolniki halten eine Prozession ab; auch Marfa ist unter ihnen und beklagt ihre unglückliche Liebe zu Fürst Andreij. Susanna, eine alte Raskolnika, belauscht sie und erhebt vor Dossifej Anklage gegen Marfa wegen ihrer unzüchtigen Leidenschaft. Nur mit Mühe kann Dossifei das Mädchen davon abhalten, sich umzubringen.
Die Strelitzen kommen vom Wachdienst aus Moskau zurück und berichten, die Bevölkerung wende sich immer mehr gegen sie; man habe sie beim Zaren denunziert und die Stimmung in der Stadt sei aufs höchste gespannt. Da taucht plötzlich ein Schreiber auf - abgerissen und zerschlagen - und bringt schlimme Nachrichten: Die Petrowzen sind über die Strelitzen hergefallen, haben sie erschlagen und sind nun dabei, Samoskwaretschje zu umzingeln. Fürst lwan Chowanskij ermahnt zu Ruhe und Besonnenheit.

VIERTER AKT
1. Bild: Im Palast des Fürsten lwan Chowanskij. Der Fürst läßt sich mit Liedern und Tänzen (seiner persischen Sklavinnen) unterhalten, als man ihm den Besuch Warssonowjews meldet, der ihn im Namen Golitzyns warnt: Man trachte ihm nach dem Leben. Wütend läßt Chowanskij den Unglücksboten von seinen Leuten zu Tode prügeln. Wenig später kommt Schaklowiti) und lädt den Fürsten im Namen der Regentin Sofja ein, bei Hofe zu erscheinen. Nichtsahnend legt Chowanskij sein Festgewand an und geht zur Tür, wo Schaklowitijs Schergen schon auf ihn warten und ihn ermorden.
2. Bild: Moskau, der Platz vor der Basilius-Kathedrale. Der 17-jährige Peter hat seine Stiefschwester Sofja, die Regentin, in ein Kloster geschickt und als Zar Peter l. ("der Große") die Alleinherrschaft übernommen. Das Volk beobachtet mit einer Mischung aus sichtbarer Erleichterung und ehrlichem Mitleid den Abtransport des Fürsten Golitzyn, den der Zar - wie es Marfa geweissagt hatte - in die Verbannung schickt. Aber auch den Raskolniki droht ein bitteres Los: Der neue Herrscher hat Befehl gegeben, die Sektierer zusammenzutreiben und will sie ermorden lassen. Andrej Chovanskij erscheint. In seiner wilden, verzweifelten Liebe zu Emma ist er wie voll Sinnen und scheint nicht einmal den Tod seines Vaters und den Untergang der Strelitzen wahrgenommen zu haben. Marfa stellt sich ihm in den Weg und öffnet ihm die Augen: In einem langen Zug werden die Anhänger Chowanskijs zur Hinrichtung geführt. Im letzten Augenblick jedoch verkündet der junge Bojar Streschnjew als Herold die Begnadigung: Der Zar erlasse denVerrätern ihre Strafe und erlaube ihnen, sich ihm zu unterwerfen.

FÜNFTER AKT
Eine Einsiedelei in den Wäldern vor Moskau. Dossifej und die Raskolniki sind auf der Flucht von den Petrowzen eingeschlossen worden. Nun schichten sie einen gewaltigen Scheiterhaufen auf, um sich selbst zu verbrennen und nicht den Truppen des Zaren in die Hände zu fallen.
Auch Andrej Chowanskij ist bei ihnen, noch immer geistig verwirrt und auf der Suche nach Emma. Er, Marfa, Dossifej und die anderen Sektierer stehen bereits in hellen Flammen, als die ersten Petrowzen bei der Einsie delei eintreffen und entsetzt das Fanal erblicken.