Libretto: Rigoletto

from Giuseppe Verdi


Personen:
DER HERZOG VON MANTUA (Tenor)
RIGOLETTO, sein Hofnarr (Bariton)
GILDA, dessen Tochter (Sopran)
SPARAFUCILE, ein Bravo (Bass)
MADDALENA, seine Schwester (Alt)
GIOVANNA, Gildas Gouvernante (Mezzosopran)
DER GRAF VON MONTERONE (Bariton)
MARULLO, Kavalier (Bariton)
BORSA MATTEO, Höfling (Tenor)
DER GRAF VON CEPRANO (Bass)
DIE GRÄFIN, seine Gemahlin (Mezzosopran)
EIN GERICHTSDIENER (Tenor)
EIN PAGE der Herzogin (Mezzosopran)

Kavaliere und Hofdamen, Pagen, Soldaten



ERSTER AKT

Nr. 1 - Orchestervorspiel

Prächtiger Saal im herzoglichen Palast. Im Hintergrund Türen zu anderen Sälen, die prunkvoll hell erleuchtet sind.
Viele Kavaliere und Hofdamen in prächtigen Kostümen im Hintergrund. Pagen kommen und gehen. Das Fest ist im vollen Gange. Aus der Ferne Musik und ab und zu schallendes Gelächter


ERSTE SZENE
Der Herzog und Borsa, die durch eine Tür im Hintergrund eintreten.

Nr. 2 - Introduktion

HERZOG
Mit meinem schönen unbekannten Bürgermädchen
will ich das Abenteuer zu Ende bringen.

BORSA
Mit einem Mädchen, das Ihr in der Kirche seht?

HERZOG
Seit drei Monaten an jedem Feiertag.

BORSA.
Wo ist sie Zuhause?

HERZOG
In einer abgelegenen Gasse;
ein geheimnisvoller Mann geht jede Nacht dort hinein.

BORSA
Und weiss sie, wer ihr Liebhaber ist?

HERZOG
Sie weiss es nicht.

Eine Gruppe von Hofdamen und Kavalieren durchquert den Saal.

BORSA
Wie viele schöne Frauen! ... Seht nur.

HERZOG
Cepranos Frau übertrifft sie alle.

BORSA
Möge der Graf Euch nicht hören, Herzog ...
Leise.

HERZOG
Was geht mich das an?

BORSA
Er könnte es einer anderen sagen

HERZOG
Für mich wäre das gewiss kein Unglück.

Nr. 3 - Arie

HERZOG
Ob diese oder jene, sie alle sind für mich gleich
so vielen anderen, die ich um mich sehe.
Die Herrschaft über mein Herz vergebe ich
weder an die eine noch an die andere Schönheit.

Ihre Anmut ist wie eine Gabe,
mit der das Schicksal ihr Leben schmückt.
Wenn mir heute diese gefällig ist,
wird es vielleicht morgen eine andere sein.

Die Treue, Tyrannin des Herzens,
verabscheuen wir wie eine grausame Krankheit,
nur wer will, soll treu bleiben;
es gibt keine Liebe ohne Freiheit.

Über die eifersüchtige Raserei der Ehemänner,
über das Toben der Liebhaber lache ich,
auch trotze ich den hundert Augen des Argos,
wenn mich irgendeine Schönheit reizt.


ZWEITE SZENE
Die Vorigen. Von weitem folgt der Graf von Ceprano seiner Frau, um die sich ein Kavalier bemüht. Damen und Herren treten von verschiedenen Seiten auf

Nr. 4 - Menuett

HERZOG
zu Cepranos Frau, der er sehr galant entgegengeht
Geht Ihr? ... Grausame!

GRÄFIN
Ich muss meinem Mann nach Ceprano folgen.

HERZOG
Am Hof muss aber
solch ein Stern wie eine Sonne glänzen.
Für Euch soll jeder hier beben.
Durch Euch berauscht, erobert, zerstört die starke Flamme
der Liebe schon mein Herz.
Küsst mit Leidenschaft ihre Hand.

GRÄFIN
Beruhigt Euch.

HERZOG
Nein.
Gibt ihr den Arm und geht mit ihr ab.


DRITTE SZENE
Die Vorigen. Rigoletto geht zum Herrn von Ceprano; dann Höflinge.

RIGOLETTO
Woran denken Sie,
Herr von Ceprano?

CEPRANO
macht eine ungeduldige Geste und folgt dem Herzog.

RIGOLETTO
zu den Höflingen
Er prustet, seht ihr?

CHOR
Welch ein Fest!

RIGOLETTO
Oh, ja ...

BORSA
Auch der Herzog amüsiert sich hier! ...
Ist es nicht immer so? Was für neue Entdeckungen!
Das Spiel und der Wein, die Feste, der Tanz,
Schlachten, Festmähler, alles gefällt ihm.
Nun macht er sich an die Belagerung der Gräfin,
und unterdessen geht ihr Mann bebend fort.
Ab.


VIERTE SZENE
Die Vorigen; Marullo eilt herbei.

Nr. 5 - Perigourdine
(alter französischer Rundtanz, hier im 6/8-Takt.)

MARULLO
Eine grosse Neuigkeit! Eine grosse Neuigkeit!

CHOR
Was gibt es? Sprecht!

MARULLO
Darüber werdet Ihr staunen ...

CHOR
Erzählt, erzählt

MARULLO
Haha! Rigoletto

CHOR
Nun also?

MARULLO
Ein ungeheures Ereignis!

CHOR
Hat er seinen Buckel verloren? Ist er nicht mehr verwachsen?

MARULLO
Noch seltsamer ist die Sache!
Der Verrückte hat…

CHOR
Nun, was denn?

MARULLO
Eine Geliebte .

CHOR
Eine Geliebte! Wer's glaubt?

MARULLO
Der Bucklige hat sich nun in Cupido verwandelt!

CHOR
Dieses Monster als Cupido! ... Seliger Cupido!


FÜNFTE SZENE
Die Vorigen und der Herzog in Begleitung von Rigoletto und später Ceprano.

HERZOG
zu Rigoletto
Ach, so lästig wie Ceprano ist mir kein anderer ... Seine liebe Frau ist ein Engel für mich!

RIGOLETTO
Entführt sie.

HERZOG
Leicht gesagt; aber wie es in die Tat umsetzen?

RIGOLETTO
Heute abend noch.

HERZOG
Vergisst du nicht den Grafen?

RIGOLETTO
Gibt es nicht das Gefängnis?

HERZOG
Ach nein.

RIGOLETTO
Nun denn ... man verbannt ihn.

HERZOG
Auch nicht, du Narr.

RIGOLETTO
Also den Kopf ...
Macht die Geste des Kopfabschlagens.

CEPRANO
für sich
Oh, diese schwarze Seele!

HERZOG.
Was sagt dieser Kopf? ...
Klopft dem Grafen auf die Schulter

RIGOLETTO
Es ist nur natürlich.
Was soll man mit solch einem Kopf machen? ... Was ist er wert?

CEPRANO.
Schurke!
Greift wütend zum Schwert.

HERZOG
zu Ceprano
Haltet ein ...

RIGOLETTO
Er bringt mich zum Lachen.

CHOR
untereinander
Er ist in Zorn geraten!

HERZOG
zu Rigoletto
Narr, komm her.
Ach, immer treibst du den Scherz zum Äussersten,
der Zorn, den du herausforderst, könnte dich treffen.

RIGOLETTO
Was soll mich treffen? Ich fürchte mich nicht,
einen Schützling des Herzogs wird niemand anrühren.

CEPRANO
beiseite zu den Höflingen
Die Rache des Verrückten ...

CHOR
Wer von uns hegt
wegen seines üblen Treibens keinen Groll gegen ihn?

CEPRANO
Rache!

CHOR
Aber wie?

CEPRANO
Wer Mut hat,
soll morgen bewaffnet zu mir kommen.

ALLE
Ja.

CEPRANO
Bei Nacht.

ALLE
So wird es sein.
Die Tänzer dringen in den Saal ein.

ALLE
Alles ist Lust, alles ist ein Fest
Alles lädt uns ein zum Genuss!
Oh, schaut, scheint dies jetzt nicht
der Palast der Freude selbst zu sein?


SECHSTE SZENE
Die Vorigen und Graf Monterone.

Nr. 6 - Stretta

MONTERONE
hinter der Bühne
Ich möchte ihn sprechen.

HERZOG
Nein.

MONTERONE
tritt auf
Ich verlange es.

ALLE
Monterone!

MONTERONE
richtet den Blick mit edlem Stolz auf den Herzog
Ja, Monterone ... gleich einem Donner wird meine Stimme
Euch überall erschüttern ...

RIGOLETTO
zum Herzog
Ich möchte ihn sprechen.
Er tritt gravitätisch-komisch vor
Ihr habt Euch gegen uns verschworen, Herr,
und wir, wahrhaft milde, haben Euch verziehen…
Was für eine Raserei ergreift Euch jetzt, zu jeder Stunde
nach der Ehre Eurer Tochter zu rufen?

MONTERONE
schaut Rigoletto mit verächtlichem Zorn an
Eine neue Beleidigung! ... Ja, Eure Orgien werde ich stören.
zum Herzog
Ich werde kommen, um zu schreien,
solange ich sehe, dass die entsetzliche Beleidigung
meiner Familie ungerächt bleibt.
Und wenn Ihr mich dem Henker ausliefert,
werdet Ihr mich als ein fürchterliches Gespenst wiedersehen,
das in der Hand seinen Schädel trägt
und Rache von Gott und der Welt verlangt.

HERZOG
Nicht weiter, verhaftet ihn.

RIGOLETTO
Er ist verrückt!

CHOR
Was für Reden!

MONTERONE
zum Herzog und Rigoletto
Oh, seid beide verflucht.
Den Hund gegen den sterbenden Löwen zu hetzen
ist feige, o Herzog ... und du Schlange
zu Rigoletto
der du über den Schmerz eines Vaters lachst,
du seist verflucht!

RIGOLETTO
beiseite, betroffen
Was höre ich! Wie grässlich!

ALLE
ausser Rigoletto
O du Vermessener, der du das Fest gestört hast,
von einem Dämon der Hölle wurdest du hierher geführt;
vergeblich ist jedes Wort, entferne dich von hier,
geh, zittere, o Greis, vor dem Zorn des Herrschers.
Du hast ihn hervorgerufen, es gibt keine Hoffnung mehr,
diese Stunde war verhängnisvoll für dich.

Monterone geht zwischen zwei Soldaten ab: alle anderen folgen dem Herzog in ein anderes Zimmer.

Der Vorhang fällt für einen Augenblick, um den Szenenwechsel zu ermöglichen.



SIEBENTE SZENE

Das öde Ende einer Sackgasse. Links ein hübsches Haus mit einem kleinen, von Mauern umgebenen Hof.
Im Hof ein grosser hoher Baum und eine Bank aus Marmor; in der Mauer eine Tür, die zur Strasse führt, oberhalb der Mauer ein begehbarer Balkon auf Arkaden.
Die Tür im ersten Stock führt auf den Balkon.
Rechts der Gasse ist die sehr hohe Mauer des Gartens und ein Flügel des Palastes von Ceprano. Es ist Nacht.
Rigoletto, in seinen Mantel gehüllt. Sparafucile, der ein langes Schwert unter dem Mantel trägt, folgt ihm.


Nr. 7 - Duett

RIGOLETTO
beiseite
Jener Greis hat mich verflucht!

SPARFUCILE
Mein Herr? ...

RIGOLETTO
Geh, ich habe nichts.

SPARAFUCILE
Und ich habe nichts verlangt ... vor Euch
steht ein Mann des Schwertes.

RIGOLETTO
Ein Räuber?

SPARAFUCILE
Ein Mann, der einen für wenig Geld
von einem Rivalen befreit,
und Ihr habt deren einige ...

RIGOLETTO
Welcher Art?

SPARAFUCILE.
Eure Frau ist dort.

RIGOLETTO
beiseite
Was höre ich!
Laut.
Und wieviel müsste ich für einen Edelmann ausgeben?

SPARAFUCILE
Einen höheren Preis möchte ich ...

RIGOLETTO
Wie bezahlt man gewöhnlich?

SPARAFUCILE
Eine Hälfte im voraus,
den Rest gibt man hinterher.

RIGOLETTO
beiseite
Teufel!
laut
Wie kannst du so sicher arbeiten?

SPARAFUCILE
Ich pflege in der Stadt zu morden
oder unter meinem eigenen Dach.
Abends warte ich auf den Mann ...
Ein Stoss,.und er stirbt.

RIGOLETTO
Und wie im Hause?

SPARAFUCILE
Das ist leicht ...
Meine Schwester hilft mir . ..
sie tanzt auf den Strassen ... sie ist schön ...
sie lockt an, wen ich will ... und dann ...

RIGOLETTO
Ich verstehe ...

SPARAFUCILE
Ohne Lärm ...
Dies ist mein Werkzeug.
Zeigt sein Schwert.
Braucht Ihr es?

RIGOLETTO
Im Augenblick ... nein . . .

SPARAFUCILE
Um so schlimmer für Euch...

RIGOLETTO
Wer weiss?

SPARAFUCILE.
Ich nenne mich Sparafucile ...

RIGOLETTO
Ein Fremder? ...

SPARAFUCILE
Burgunder ...
will abgehen

RIGOLETTO
Und wo bei Bedarf?

SPARAFUCILE.
Abends immer hier.

RIGOLETTO
Geh!
Sparafucile geht ab.


ACHTE SZENE
Rigoletto schaut Sparafucile nach.

Rezitativ

RIGOLETTO
Wir sind uns ähnlich! Ich habe die Zunge, er hat den Dolch;
Ich bin der Mann, der lacht, er jener, der auslöscht!
Jener Greis hat mich verflucht!
O Menschen! O Natur!
Zum feigen Verbrecher habt Ihr mich gemacht.
O Wut! Missgestaltet zu sein! . . . Narr zu sein!
Nichts anderes müssen, nichts anderes können als lachen!
Das Erbe jedes Menschen ist mir genommen das Weinen!
Mein Herr da,jung, heiter, so mächtig, schön,
sagt, wenn er döst, zu mir:
bring mich zum Lachen, Narr
ich muss mich dazu zwingen und es tun! … Oh, verdammt!
Hass über Euch, höhnische Höflinge!
Wieviel Freude bereitet es mir, Euch zu verspotten!
Wenn ich schändlich bin, ist es nur Euretwegen
aber ich verwandle mich hier in einen anderen Mann!
Jener Greis hat mich verflucht! Warum beunruhigt
dieser Gedanke mich unaufhörlich?
Wird mich ein Unglück treffen? Ach nein, das ist Unsinn.

Schliesst auf und tritt in den Hof


NEUNTE SZENE
Der Vorige; Gilda kommt aus dem Haus und wirft sich ihm in die Arme.

Nr. 8 - Duett

RIGOLETTO
Tochter

GILDA
Mein Vater!

RIGOLETTO
Nur bei dir
findet mein bedrücktes Herz Freude.

GILDA
Oh, wieviel Liebe!

RIGOLETTO
Du bist mein Leben!
Was bliebe mir auf der Erde ohne Dich!
Seufzt.

GILDA
Ihr seufzt! ... Was bedrückt Euch so sehr?
Sagt es Eurer armen Tochter ...
Wenn es ein Geheimnis gibt ... ihr sei es enthüllt ...
Sie soll ihre Familie kennen.

RIGOLETTO
Du hast keine ...

GILDA
Wie heisst ihr?

RIGOLETTO
Was liegt Dir daran?

GILDA
Wenn Ihr mir nicht
von Euch erzählen wollt ...

RIGOLETTO
unterbricht sie
Geh niemals aus dem Haus.

GILDA
Ich gehe nur zur Kirche.

RIGOLETTO
Daran tust du gut.

GILDA
Wenn schon nicht Euren Namen, dann lasst mich
wenigstens erfahren, wer meine Mutter ist.

RIGOLETTO
Ach, sprich zu einem Unglücklichen nicht
von seinem verlorenen Gut ...
Jener Engel ... sie hatte
Erbarmen mit meinen Leiden ...
Ich war allein, verwachsen, arm
sie liebte mich aus Mitleid.

Sie starb ... die Erde mag
jenes geliebte Haupt sanft bedecken ..
Du allein bleibst jetzt dem Armen ...
Oh, Gott sei gedankt! ...
Schluchzend.

GILDA
Wieviel Schmerz! ... Was kann
solch ein bitteres Weinen erregen?

Vater, hört auf, beruhigt Euch ...
Dieser Anblick quält mich ...
sagt mir Euren Namen,
den Schmerz, der Euch so traurig macht ...

RIGOLETTO
Wozu meinen Namen nennen? ... Es ist nicht notwendig
Ich bin dein Vater, das genügt ...
Man fürchtet mich vielleicht auf der Welt,
vielleicht grollt mir jemand,
andere verfluchen mich ...

GILDA
Habt Ihr denn keine
Heimat, Verwandte, Freunde?

RIGOLETTO
Heimat! ... Verwandte! ... Sagst Du?
Glaube, Familie, Heimat
mit grosser Herzlichkeit
mein Weltall ist in Dir!

GILDA
Ach, wenn Euch das glücklich machen kann,
ist das Leben eine Freude für mich!
Schon vor drei Monaten bin ich hierher gekommen,
und habe noch nichts von der Stadt gesehen;
wenn Ihr es erlaubt, könnte ich das jetzt tun ...

RIGOLETTO
Niemals! ... Niemals! ... Sag mir, bist Du je ausgegangen?

GILDA
Nein.

RIGOLETTO
Wehe!

GILDA
beiseite
Was sagte ich!

RIGOLETTO
Hüte Dich davor!
beiseite
Man könnte ihr folgen, sie sogar entführen!
Hier entehrt man die Tochter
eines Narren und lacht darüber ... wie schrecklich!
Laut; zum Haus hin.
Heda!


ZEHNTE SZENE
Die Vorigen und Giovanna vom Haus her

Nr. 9 - Szene und Duett

GIOVANNA
Herr?

RIGOLETTO
Wenn ich komme, beobachtet mich da jemand?
Gib acht, sag die Wahrheit ...

GIOVANNA
Ach nein, niemand.

RIGOLETTO
Gut ... die Tür, die zur Bastion führt, ist immer geschlossen?

GIOVANNA
Sie war's und wird es bleiben.

RIGOLETTO
Wache, o Frau, über diese Blume,
zu Giovanna
die ich Dir unschuldig anvertraute
Wache, aufmerksam, und möge es nie geschehen,
dass sich ihre Reinheit trübt.

Du sollst sie vor dem Wüten der Winde,
die andere Blumen geknickt haben,
beschützen und sie unbefleckt
dem Vater wiedergeben.

GILDA
Wieviel Liebe! ... Was für Sorgen!
Mein Vater, was fürchtet Ihr?
Dort oben im Himmel, bei Gott
wacht ein schützender Engel.

Das heilige Gebet meiner Mutter
wendet das Unglück von uns ab.
Sie wird niemals ausgerissen oder abgebrochen werden,
diese Blume, die Euch lieb ist.


ELFTE SZENE
Die Vorigen und der Herzog in bürgerlicher Kleidung von der Strasse her

RIGOLETTO
Jemand ist draussen ...
Er öffnet die Hoftür; während er hinausgeht, um auf die Strasse zu schauen, schleicht sich der Herzog heimlich in den Hof und versteckt sich hinter dem Baum. Indem er Giovanna eine Geldbörse zuwirft, bringt er sie zum Schweigen.

GILDA
Himmel!
Immer neue Verdächtigungen ...

RIGOLETTO
kommt zu Giovanna zurück
Ist Euch einmal irgend jemand zur Kirche gefolgt?

GIOVANNA
Niemals.

HERZOG
beiseite
Rigoletto!

RIGOLETTO
Wenn hier am Tor geklopft wird,
hütet Euch, aufzumachen ...

GIOVANNA
Nicht einmal dem Herzog ...

RIGOLETTO
Ihm noch weniger als allen anderen ... Meine Tochter, leb wohl.

HERZOG
beiseite
Seine Tochter!

GILDA
Leb wohl, mein Vater.
Sie umarmen sich. Rigoletto geht und schliesst die Tür hinter sich ab.


ZWÖLFTE SZENE
Gilda, Giovanna, der Herzog im Hof, dann Ceprano und Borsa zu gegebener Zeit auf der Gasse.

Nr. 10 - Szene und Duett

GILDA
Giovanna, ich habe Gewissensbisse ...

GIOVANNA
Warum denn?

GILDA
Ich habe verschwiegen, dass ein junger Mann uns zur Kirche gefolgt ist.

GIOVANNA
Wozu es ihm sagen? ... Hasst Ihr denn
diesen jungen Mann?

GILDA
Nein, nein, er ist zu schön und liebenswürdig…

GIOVANNA
Und er scheint grosszügig und ein vornehmer Herr zu sein.

GILDA
Ich möchte ihn weder als Edelmann noch als Fürsten;
ich fühle, dass ich ihn arm noch mehr lieben würde.
Träumend oder wach, immer wieder rufe ich ihn
und die Seele im Taumel der Leidenschaft sagt ihm, ich lie...

HERZOG
tritt plötzlich vor, macht Giovanna ein Zeichen, zu gehen, kniet vor Gilda nieder und beendet den Satz
Ich liebe dich!
Ich liebe dich, wiederhole solch ein liebes Wort,
und öffne mir einen reinen Himmel des Glücks!

GILDA
Giovanna? ... Ach, ich Arme! Ist keiner mehr da,
der mir hier antwortet? ... O Gott ... Niemand! ...

HERZOG
Ich bin es mit meiner Seele, der dir antwortet ...
Ach, zwei, die sich lieben, sind eine ganze Welt! ...

GILDA
Wer denn, wer hat Euch zu mir geschickt?

HERZOG
Ob ein Engel oder ein Dämon, was liegt dir daran? Ich liebe dich ...

GILDA
Geht weg!

HERZOG
Weggehen! ... Jetzt! ...
Jetzt, wo ein Feuer die Liebe entzündet ...
Ach, unzertrennlich hat der Gott der Liebe
dein Schicksal, o Jungfrau, an meines geknüpft!

Die Sonne der Seele, das Leben ist die Liebe,
ihre Stimme ist unser Herzschlag ...
und Ruhm und Ehre, Macht und Thron
sind hier irdische, eitle Dinge.

Nur eines ist einzig und göttlich:
die Liebe, die uns an die Engel heranreichen lässt!
Also lieben wir uns, himmlische Frau,
alle Männer werden mich deinetwegen beneiden.

GILDA
beiseite
Ach, das sind die zärtlichen Stimmen aus meinen
jungfräulichen Träumen, die mir so lieb sind!

HERZOG
Ach, sag mir noch einmal, dass du mich liebst

GILDA
Ihr habt es gehört.

HERZOG
Oh, ich Glücklicher!

GILDA
Sagt mir Euren Namen ...
ist es mir nicht erlaubt, ihn zu kennen?

CEPRANO
zu Borsa von der Strasse
Hier ist der Ort ...

HERZOG
denkt nach
Ich heisse…

BORSA
zu Ceprano, sie gehen ab
Gut ...

HERZOG
Gualtier Maldé ...
ich bin Student ... und arm ...

GIOVANNA
kommt erschrocken zurück
Man hört draussen Schritte ...

GILDA
Vielleicht mein Vater ...

HERZOG
beiseite
Ach, wenn ich den Verräter,
packen könnte
der mich so stört!

GILDA
zu Giovanna
Führe ihn von hier zur Bastion ... geht ...

HERZOG
Sag, wirst Du mich lieben?

GILDA
Und Ihr?

HERZOG
Das ganze Leben ... dann ...

GILDA
Nicht weiter , nicht weiter - geht!

BEIDE
Leb wohl Hoffnung und Seele
sollst Du allein für mich sein.
Leb wohl ... unveränderlich soll
meine Liebe zu Dir lebendig bleiben.

Der Herzog, von Giovanna begleitet, tritt ins Haus. Gilda bleibt stehen, den Blick auf die Tür gerichtet, durch die er fortgegangen ist.


DREIZEHNTE SZENE
Gilda.

Nr. 11 - Arie

GILDA
Gualtier Maldè ... sein so sehr geliebter Name,
präge dich ein in das verliebte Herz!

Teurer Name, der du mein Herz
als erster zum Pochen brachtest,
an die Wonnen der Liebe
sollst du mich stets erinnern!
In Gedanken soll mein Begehren
jederzeit zu Dir fliegen,
und auch mein letzter Seufzer,
teurer Name, soll dir gelten.

Sie geht ins Haus und erscheint mit einer Öllampe auf dem Balkon, um den vermeintlichen Gualtier - von dort aus noch einmal zu sehen, der, wie anzunehmen ist, auf der anderen Seite abgegangen ist.


VIERZEHNTE SZENE
Marullo, Ceprano, Borsa, bewaffnete und maskierte Höflinge von der Gasse her. Gilda auf dem Balkon, die sofort hineingeht.

BORSA
zeigt dem Chor Gilda
Sie ist dort.

CEPRANO
Schaut sie an ...

CHOR
Oh, wie schön sie ist!

MARULLO
Sie gleicht einer Fee oder einem Engel.

CHOR
Das ist die Geliebte von Rigoletto!


FÜNFZEHNTE SZENE
Die Vorigen und Rigoletto, ganz in Gedanken versunken.

Nr. 12 - Erstes Finale

RIGOLETTO
beiseite
Ich komme zurück! ... Warum?

BORSA
Ruhe ... an die Arbeit ... achtet auf mich.

RIGOLETTO
beiseite
Ach, von jenem Greis wurde ich verflucht!
Stösst mit Borsa zusammen; laut.
Wer ist da?

BORSA
zu seinen Gefährten
Schweigt ... es ist Rigoletto.

CEPRANO
Doppelter Erfolg! Wir werden ihn umbringen

BORSA
Nein, damit wir morgen mehr zu lachen haben

MARULLO
Jetzt bringe ich alles in Ordnung ...

RIGOLETTO
beiseite
Wer spricht hier?

MARULLO
He, Rigoletto? ... Sag?

RIGOLETTO
mit furchtbarer Stimme
Wer ist da?

MARULLO.
Friss uns nicht! ... Ich bin ...

RIGOLETTO
Wer?

MARULLO
Marullo.

RIGOLETTO
In solch einer Dunkelheit sieht man nichts.

MARULLO
Eine lustige Sache hat uns hierher geführt
wir wollen Cepranos Frau entführen.

RIGOLETTO
beiseite
Oh! Ich atme auf
laut
Aber wie sich Eintritt verschaffen?

MARULLO
leise zu Ceprano
Euer Schlüssel?
zu Rigoletto
Sei unbesorgt,
es wird uns ein Trick einfallen.
Gibt ihm den Schlüssel, den er von Ceprano bekommen hat.
Hier ist der Schlüssel

RIGOLETTO
betastet ihn
Ich fühle sein Wappen.
Atmet auf; beiseite.
Ach, mein Schrecken war also unbegründet!
Laut
Dort ist der Palast ... ich bin dabei.

MARULLO
Wir sind alle maskiert ...

RIGOLETTO
Ich will mich auch maskieren;
gebt mir eine Maske!

MARULLO
Ja, sie ist schon bereit.
Du hältst die Leiter ...
Setzt ihm eine Maske auf und verbindet ihm gleichzeitig die Augen mit einem Tuch; lässt ihn eine Leiter halten, die die anderen an den Balkon gelehnt haben.

RIGOLETTO
Tief ist das Dunkel ...

MARULLO
zu den Gefährten
Die Binde macht ihn blind und taub.

ALLE
Still, still schreiten wir zur Rache
sie soll ihn treffen, wenn er es am wenigsten erwartet.
Ein so dreister beständiger Spötter
wird jetzt selbst verlacht! ...
Leise, leise, entführen wir seine Geliebte,
und der Hof wird morgen darüber lachen.

Einige steigen auf den Balkon, brechen die Tür im ersten Stock auf, gehen nach unten und öffnen sie den anderen, die von der Strasse her eintreten. Sie kommen wieder heraus und schleppen Gilda, die mit einem Tuch geknebelt ist, mit sich. Beim Überqueren der Bühne verliert sie ihr Tuch.

GILDA
von weitem
Hilfe, mein Vater ...

CHOR
von weitem
Triumph ...

GILDA
noch weiter entfernt
Hilfe!

RIGOLETTO
Sie sind noch nicht fertig! ... Was für ein Spass!
Tastet nach seinen Augen.
Meine Augen sind verbunden!
Er reisst sich stürmisch Binde und Maske ab. Im Schimmer einer vergessenen Laterne erkennt er das Tuch, sieht die offene Tür, geht hinein und holt die erschrockene Giovanna heraus; erstaunt starrt er sie an und rauft sich die Haare, ohne schreien zu können; schliesslich stösst er mit grosser Anstrengung hervor.
Ach! ... Der Fluch!!
Wird ohnmächtig.

ZWEITER AKT

Salon im herzoglichen Palast. Zwei Seitentüren, eine grössere im Hintergrund, die gerade zufällt. Zu beiden Seiten hängen die Porträts der Herzogin und des Herzogs in Lebensgrösse. Ein Sessel steht neben einem Tisch mit einer Samtdecke.

ERSTE SZENE
Der Herzog kommt aufgeregt von der Mitte der Bühne.

Rezitativ

HERZOG.
Sie wurde mir entführt!
Und wann, o Himmel! In den kurzen Augenblicken,
bevor eine innere Stimme
mich noch einmal zurücktrieb
Die Tür war offen!…Das Haus verlassen!…
Und wo wird jetzt der liebe Engel sein?…
Sie, die als erste in diesem Herz
die Flamme beständiger Liebe entzünden konnte?…
Sie, so rein, bei deren sittsamen Worten
ich mich manchmal beinahe zur Tugend bewegt fühle!…
Sie wurde mir entführt!
Und wer hat es gewagt?… Aber ich werde mich rächen:
Das Weinen meiner Geliebten verlangt es.

Nr. 13 - Arie

HERZOG
Mir scheint es, ich sehe die Tränen,
die aus ihren Augen flossen,
als sie zwischen Schmerz und Angst
wegen der erlebten Gefahr
eingedenk unserer Liebe
ihren Gualtier rief.

Und er konnte dir nicht zu Hilfe kommen,
teures, geliebtes Mädchen;
er, der dich von ganzem Herzen
auf Erden glückselig machen wollte;
er, der deinetwegen die Engel nicht
um die Himmelssphäre beneidet.


ZWEITE SZENE
Marullo, Ceprano, Borsa und andere Höflinge von der Mitte der Bühne.

ALLE
Herzog, Herzog?

HERZOG
Nun?

ALLE
Rigolettos
Geliebte wurde entführt!

HERZOG
Schön! Und von wo?

ALLE
Aus ihrem Haus.

HERZOG
Ha ha! Sagt, wie ist das geschehen?
Setzt sich.

Nr. 14 - Chor

ALLE
Als wir kurz nach Sonnenuntergang
auf einer entlegenen Strasse liefen;
bemerkten wir, wie schon vorher vermutet,
eine seltene Schönheit.
Es war die Geliebte von Rigoletto,
die sich zurückzog, sobald wir sie gesehen hatten.
Wir planten schon, sie zu entführen,
als der Narr auftauchte;
dass wir die Gräfin von Ceprano
entführen wollten, glaubte der Dumme.
Die Leiter dann, die wir zu diesem Zweck hingestellt hatten,
hielt er selbst mit verbundenen Augen fest.
Wir stiegen hinauf und konnten rasch
das Mädchen von da fortbringen.
Als er die Rache bemerkte,
blieb er beschämt zurück und fluchte.

HERZOG
beiseite
Was höre ich! Es ist meine Geliebte!
Der Himmel hat mir nicht alles genommen!
Zum Chor
Aber wo befindet sich die Ärmste jetzt?

ALLE
Wir selbst haben sie hergebracht.

HERZOG
erhebt sich freudig; beiseite
Mächtig ruft mich die Liebe,
fliegen muss ich zu ihr;
Meine Krone würde ich geben,
um ihr Herz zu trösten.

Ach, endlich soll sie wissen, wer sie liebt,
soll genau erfahren, wer ich bin,
soll wissen, dass die Liebe auch
auf dem Thron Sklaven hat.
Geht durch die Mitte eilig ab.

ALLE
untereinander
Welch ein Gedanke erregt ihn jetzt;
Wie hat sich seine Laune verändert!


DRITTE SZENE
Marullo, Ceprano, Borsa, andere Höflinge, dann Rigoletto von rechts.

Nr. 15 - Szene mit Chor

MARULLO
Armer Rigoletto!

CHOR
Er kommt ... still.

ALLE
Guten Tag, Rigoletto ...

RIGOLETTO
beiseite
Alle zusammen haben den Streich verübt!

CEPRANO
Was gibt's Neues?
Du Narr?

RIGOLETTO
Dass Ihr lästiger seid
als gewöhnlich.

ALLE
Ha! Ha! Ha!

RIGOLETTO
späht unruhig überall umher; beiseite
Wo könnten sie sie versteckt haben? ...

ALLE
untereinander
Schaut, wie unruhig er ist!

RIGOLETTO
Ich bin froh,
dass die Luft heute nacht
Euch nicht geschadet hat ...

MARULLO
Heute nacht!

RIGOLETTO
Ja… Ach, es war ein schöner Streich! . . .

MARULLO
Ich habe die ganze Nacht geschlafen!

RIGOLETTO.
Ach, Ihr habt geschlafen! ... Dann werde ich also geträumt haben.
Er entfernt sich, sieht ein Taschentuch auf dem Tisch und betrachtet aufgeregt das Monogramm.

ALLE
untereinander
Seht, wie er alles anschaut.

RIGOLETTO
beiseite
Es ist nicht das ihre.
Lässt es fallen.)
Schläft der Herzog noch?

ALLE
Ja, er schläft noch.


VIERTE SZENE
Die Vorigen und ein Page der Herzogin.

PAGE
Die Herzogin will ihren Mann sprechen.

CEPRANO
Er schläft.

PAGE
War er nicht gerade hier bei Euch?

BORSA
Er ist auf der Jagd.

PAGE
Ohne Pagen! ... Unbewaffnet! ...

ALLE
Verstehst du nicht,
dass er jetzt niemanden sehen kann? ...

RIGOLETTO
der seitlich stehend dem Gespräch äusserst aufmerksam zugehört hat, stürzt sich zwischen sie und schreit
Ach, also ist sie hier! Sie ist beim Herzog!

ALLE
Wer?

RIGOLETTO
Das Mädchen, das ihr heute Nacht
aus meinem Haus entführt habt ...

ALLE
Du redest Unsinn!

RIGOLETTO
Aber ich werde sie zurückholen… Sie ist hier…

ALLE
Wenn du deine Geliebte verloren hast, dann suche sie woanders.

RIGOLETTO
Ich will meine Tochter…

ALLE
Seine Tochter…

RIGOLETTO
Ja meine Tochter ... Über solch einen Sieg ...
Was? ... Lacht ihr jetzt nicht mehr? ...
Sie ist dort ... ich will sie ... Ihr werdet sie mir zurückgeben.

Er läuft zur mittleren Tür, aber die Höflinge stellen sich ihm in den Weg.


Nr. 16 - Arie

RIGOLETTO
Höflinge, verdammte, niederträchtige Sippe,
um welchen Preis habt Ihr mein liebstes Gut verkauft?
Ihr würdet für Gold alles tun,
aber meine Tochter ist ein unbezahlbarer Schatz.

Gebt sie mir zurück ... oder, diese Hand,
wenn auch unbewaffnet, wird sich von Eurem Blut röten;
nichts auf Erden schreckt einen Mann,
wenn er die Ehre seiner Kinder verteidigt.

Öffnet mir diese Tür, Mörder!
Er stürzt noch einmal zur Tür, die ihm erneut von den Edelmännern versperrt wird; er kämpft eine Zeitlang, dann kommt er erschöpft nach vorne auf die Bühne zurück.
Ach! Ihr alle seid gegen mich! ...
Weint.

Nun weine ich ... Marullo ... Herr,
Du, dessen Seele so edel ist wie sein Herz,
sag mir jetzt, wo haben sie sie versteckt?
Ist sie da? ... Ist das wahr? ... Du schweigst! ... Warum?

Meine Herren ... Ach Verzeihung, Erbarmen ...
gebt dem Greis die Tochter zurück . . .
Es kostet Euch nichts, sie zurückzugeben,
meine Tochter ist für mich die ganze Welt.


FÜNFTE SZENE
Die Vorigen und Gilda, sie kommt aus dem Zimmer links und stürzt sich in die Arme des Vaters.

Nr. 17 - Szene mit Chor

GILDA
Mein Vater!

RIGOLETTO
Mein Gott! Meine Gilda! ...
Ihr Herren, sie ist
meine ganze Familie ... Fürchte nichts mehr,
mein Engel ... es war ein Scherz, nicht wahr? ...
zu den Höflingen
Ich habe eher geweint, jetzt lache ich ... Und du, warum weinst du?

GILDA
Der Raub …die Schande, o Vater!…

RIGOLETTO
Himmel, was sagst Du?

GILDA
Erröten will ich nur vor Euch . . .

RIGOLETTO
gebieterisch zu den Höflingen
Geht alle weg von hier ...
Wenn Euer Herzog es wagen sollte, sich zu nähern,
sagt ihm, dass er nicht eintreten darf und dass ich hier bin.
Lässt sich in den Armsessel fallen.

ALLE
untereinander
Bei Kindern und bei Verrückten
hilft es oft, sich zu verstellen.
Wir gehen, aber was er vorhat,
werden wir weiter beobachten.

Sie gehen durch die Mitte ab und schliessen die Tür.


SECHSTE SZENE
Rigoletto und Gilda.

RIGOLETTO
Sprich ... wir sind allein.

GILDA
beiseite
Himmel, gib mir Mut!


Nr. 18 - Duett

GILDA
An jedem Feiertag in der Kirche,
während ich zu Gott betete,
bot sich schön und verhängnisvoll
ein junger Mann meinem Blick dar ...
Wenn unsere Lippen auch schwiegen,
sprach doch das Herz durch die Augen.

Heimlich in der Finsternis
kam er gestern allein zu mir ...
Ich bin ein Student und arm,
sagte er mir gerührt,
und mit feuriger Erregung
beteuerte er mir seine Liebe.

Er ging ... mein Herz öffnete sich
einer willkommenen Hoffnung,
als plötzlich diejenigen erschienen,
die mich raubten
und mich mit Gewalt
in schrecklicher Angst hierher brachten.

RIGOLETTO
Sag nichts ... nicht weiter, mein Engel ...
beiseite
Ich verstehe dich, grausamer Himmel!

Um Schande nur für mich habe ich
dich gebeten, Gott ...
dass sie so hoch hätte aufsteigen können
wie ich gefallen war . . .

Ach, nahe beim Schafott
muss der Altar stehen! ...
Aber jetzt verschwindet alles,
der Altar ist umgestürzt.
laut
Weine, Mädchen, und lass
die Tränen auf mein Herz fliessen.

GILDA
Vater, durch Euch spricht ein Engel,
der mir Trost spendet.

RIGOLETTO
Wenn ich ausgeführt habe, was mir noch zu tun bleibt,
können wir diese unheilvolle Gegend verlassen.

GILDA
Ja.

RIGOLETTO
beiseite
Und ein einziger Tag konnte alles ändern!


SIEBENTE SZENE
Die Vorigen, ein Diener und Graf Monterone, der von der rechten Seite her zwischen den Soldaten den Hintergrund des Saals durchquert.

DIENER
zu den Wachen
Schliesst auf ... Castiglion muss in den Kerker gehen.

MONTERONE
bleibt vor dem Porträt stehen
Da ich dich vergeblich verflucht habe,
da weder ein Blitz noch ein Stahl deine Brust trafen,
sollst du, Herzog, also weiter glücklich leben ...
Geht zwischen den Wachen durch die Mitte ab.

RIGOLETTO
Nein, Greis, du täuschst dich-. . . du wirst einen Rächer haben.


ACHTE SZENE
Rigoletto und Gilda.

Nr. 19 - Duett

RIGOLETTO
heftig, zum Porträt gewandt
Ja, Rache, fürchterliche Rache,
ist das einzige, was meine Seele verlangt ...
schon nähert sich die Stunde deiner Strafe,
die dir verhängnisvoll schlagen wird.

Wie der Blitzstrahl Gottes
wird der Narr dich zu treffen wissen.

GILDA
für sich
O mein Vater, welch grimmige Freude
sehe ich in Euren Augen aufblitzen! ...
Verzeiht ... auch für uns wird eine Stimme
der Vergebung vom Himmel kommen.
leise
Er hat mich verraten, dennoch liebe ich ihn, grosser Gott,
für den Undankbaren bitte ich dich um Erbarmen!

Beide gehen durch die Mitte ab.

DRITTER AKT

Das öde Ufer des Mincio. Links ein zweistöckiges, halb verfallenes Haus, dessen Front, die dem Zuschauer zugewandt ist, durch einen grossen Bogen das Innere eines ländlichen Wirtshauses im Erdgeschoss sehen lässt sowie eine grob gezimmerte Treppe, die auf den Dachboden führt, wo ein Balkon ohne Fensterläden den Blick auf ein Feldbett freigibt.
In der Fassade, die der Strasse zugewandt ist, eine Tür, die sich nach innen öffnet; in der Mauer sind so viele Risse, dass man von draussen leicht sehen kann, was im Haus vor sich geht.
Der Rest der Bühne zeigt die öde Seite des Mincio, der im Hintergrund hinter einem halb eingestürzten Damm fliesst; jenseits des Flusses liegt Mantua. Es ist Nacht.



ERSTE SZENE
Gilda und der unruhige Rigoletto sind auf der Strasse. Sparafucile im Inneren des Wirtshauses sitzt an einem Tisch und putzt seinen Gurt, ohne etwas von dem zu hören, was draussen vor sich geht.

Rezitativ

RIGOLETTO
Und du liebst ihn?

GILDA
Für immer.

RIGOLETTO
Dabei
habe ich dir Zeit gelassen, um dein Leiden zu überwinden.

GILDA
Ich liebe ihn.

RIGOLETTO
Armes Frauenherz! ... Ach, der niederträchtige Schandkerl! ...
Du sollst aber gerächt werden, o Gilda ...

GILDA
Erbarmen, Vater ...

RIGOLETTO
Und wenn du sicher wärst,
dass er dich betrügt, würdest Du ihn immer noch lieben?

GILDA
Ich weiss es nicht, aber er liebt nur mich.

RIGOLETTO
Er! ...

GILDA
Ja.

RIGOLETTO
Nun, dann schau.
Führt sie an eine Mauerritze, sie schaut hindurch.

GILDA
Einen Mann sehe ich.

RIGOLETTO
Warte ein bisschen.


ZWEITE SZENE
Die Vorigen und der Herzog, der in der Uniform eines einfachen Kavallerieoffiziers durch eine Tür auf der Linken in den Saal im Erdgeschoss eintritt.

GILDA
fährt zusammen
Ach, mein Vater!

HERZOG
zu Sparafucile
Zwei Dinge und zwar sofort

SPARAFUCILE
Welche?

HERZOG
Ein Zimmer und Wein ...

RIGOLETTO
beiseite
Das sind seine Sitten!

SPARAFUCILE
beiseite
Oh, der junge galante Mann.
Geht in das Zimmer nebenan.

Nr. 20 - Kanzone

HERZOG
Frauen sind unbeständig
gleich einer Feder im Wind,
sie ändern ihre Worte und Gedanken.

Immer wieder lugt ein anmutiges
liebliches Gesicht,
ob es weint oder lacht.

Der ist immer unglücklich,
der sich auf sie verlässt,
und ihnen sein Herz unbedacht anvertraut.

Dennoch fühlt man sich nie
ganz glücklich,
wenn man nicht von der Liebe kostet!

SPARAFUCILE
kommt mit einer Flasche Wein und zwei Gläsern zurück, die er auf den Tisch stellt; dann klopft er zweimal mit dem Griff seines Schwertes an die Decke. Auf dieses Zeichen kommt ein junges Mädchen lachend in Zigeunerkleidern die Treppe heruntergesprungen. Der Herzog läuft auf sie zu, um sie zu umarmen, aber sie entzieht sich ihm. Inzwischen ist Sparafucile draussen auf der Strasse und spricht leise zu Rigoletto.
Er ist da, Euer Mann ... soll er leben oder sterben?

RIGOLETTO
Ich werde später zurückkommen und das Werk vollenden.
Sparafucile entfernt sich längs des Flusses hinter dem Haus.


DRITTE SZENE
Gilda und Rigoletto in der Gasse, der Herzog und Maddalena im Erdgeschoss.

Nr. 21 - Quartett

HERZOG
Einst, wenn ich mich recht erinnere,
habe ich dich, du Schöne, getroffen ...
Es gefiel mir, nach dir zu fragen,
und ich erfuhr, dass du hier wohnst.
Nun höre, dass ich
seit damals nur dich von Herzen liebe.

MADDALENA
Ha ha! ... Und zwanzig andere danach
vergessen Sie jetzt wohl? ...
Der junge Herr sieht aus wie
ein richtiger Freigeist ...

HERZOG
Ja? ... Ich bin ein Ungeheuer ...
Versucht sie zu umarmen.

MADDALENA
Lasst mich.
Unbesonnener.

HERZOG
Ih, was für ein Geschrei!

MADDALENA
Seid artig.

HERZOG
Und du sei gefügig,
mach mir nicht solchen Lärm.
Alle Besonnenheit vergeht
im Vergnügen und in der Liebe ...
nimmt ihre Hand
Die schöne weisse Hand! ...

MADDALENA
Ihr scherzt, mein Herr.

HERZOG
Nein, nein.

MADDALENA
Ich bin hässlich.

HERZOG
Umarme mich.

MADDALENA
Trunken ...

HERZOG
acht
Von feuriger Liebe.

MADDALENA
Herr Gleichgültiger.
Gefällt es Euch, mich zu foppen? ...

HERZOG
Nein, nein, ich will dich heiraten.

MADDALENA
Gebt mir Euer Wort darauf ...

HERZOG
ironisch
Liebliches Mädchen!

RIGOLETTO
zu Gilda, die alles beobachtet und zugehört hat
Nun? ... genügt Dir das? ...

GILDA
Schändlicher Betrüger!

HERZOG
Schöne Tochter der Liebe
Ich bin der Sklave deiner Reize,
mit einem Wort allein kannst du
meine Leiden mildern.

Komm und höre meines Herzens
heftiges Klopfen.

MADDALENA
Ha! Ha! Ich lache ganz herzlich,
denn solche Spässe kosten nicht viel;
Was Eure Spielerei wert ist,
glaubt mir, das kann ich einschätzen.

Ich bin, schöner Herr, an solche
Scherze gewöhnt.

GILDA
Ach, so habe ich den Betrüger
auch zu mir von Liebe reden hören!
Unglückliches, betrogenes Herz,
zerspringe nicht vor Beklemmung.

Warum, o leichtgläubiges Herz,
musstest Du solch einen Mann lieben?

RIGOLETTO
zu Gilda
Schweig, das Weinen nützt nichts;
jetzt bist du sicher, dass er gelogen hat ...
Schweig, es soll meine Sorge sein
die Rache schnell zu vollziehen.

Gleich soll es geschehen, sie wird schicksalhaft sein,
ich werde ihn zu zerschmettern wissen.

RIGOLETTO
zu Gilda
Höre zu, geh nach Hause ...
nimm Gold, ein Pferd,
den Männeranzug, den ich dir machen liess,
und reite nach Verona ...
morgen werde ich auch dort sein ...

GILDA
Kommt jetzt

RIGOLETTO
Unmöglich.

GILDA
Ich zittere.

RIGOLETTO
Geh.

Gilda ab.

Während dieser und der folgenden Szene unterhalten sich der Herzog und Maddalena, lachen und trinken.
Nachdem Gilda abgegangen ist, geht Rigoletto hinter das Haus; als er zurückkommt, spricht er mit Sparafucile und zählt das Geld.



VIERTE SZENE
Sparafucile, Rigoletto, der Herzog und Maddalena.

Rezitativ

RIGOLETTO
Zwanzig Scudi, hast du gesagt? ... Hier sind zehn;
und nach der Arbeit den Rest. Bleibt er hier?

SPARAFUCILE
Ja.

RIGOLETTO
Um Mitternacht
komme ich zurück.

SPARAFUCILE
Das ist nicht nötig.
Ich kann ihn allein in den Fluss werfen.

RIGOLETTO
Nein, nein, ich will es selbst tun.

SPARAFUCILE
Gut ... Sein Name?

RIGOLETTO
Willst du auch den meinen erfahren?
Er heisst Verbrechen, Strafe heisse ich.

Er geht ab; der Himmel verdunkelt sich; es donnert.


FÜNFTE SZENE
Die Vorigen ohne Rigoletto.

SPARAFUCILE
Der Sturm ist nah! ...
Die Nacht wird noch dunkler.

HERZOG
Maddalena? ...
Will sie packen.

MADDALENA
entflieht ihm
Wartet ... mein Bruder kommt ...

HERZOG
Was macht das?
Man hört den Donner

MADDALENA
Donnert es?

SPARAFUCILE
tritt ein
Bald wird es regnen.

HERZOG
Um so besser.
Ich bleibe hier ... du schläfst
zu Sparafucile
im Stall ... in der Hölle ... wo du willst.

SPARAFUCILE
Danke.

MADDALENA
leise zum Herzog
Ach nein ... geht.

HERZOG
leise zu Maddalena
Bei diesem Wetter?

SPARAFUCILE
leise zu Maddalena
Es bringt zwanzig goldene Scudi.
laut zum Herzog
Ich freue mich sehr
Euch mein Zimmer anzubieten ... Wenn es Euch gefällt,
gehen wir es gleich anschauen.
Nimmt eine Lampe und geht die Treppe hinauf.

HERZOG
Gut, ich komme mit dir ... schnell, schauen wir es uns an.
Flüstert Maddalena ein Wort ins Ohr und folgt Sparafucile.

MADDALENA
beiseite
Armer Junge! ... Er ist so hübsch!
Es donnert.
Gott! ... Was ist das für eine Nacht!

HERZOG
im Dachboden angekommen, sieht er den Balkon ohne Fensterläden
Man schläft im Freien? Gut, gut ...
Gute Nacht.

SPARAFUCILE
Mein Herr, Gott beschütze Euch ...

HERZOG
Wir schlafen nicht lange ... ich bin müde
Legt Hut und Schwert ab und streckt sich auf dem Bett aus, wo er bald einschläft. Inzwischen sitzt Maddalena am Tisch. Sparafucile trinkt aus der Flasche, die der Herzog stehengelassen hat. Beide bleiben einige Augenblicke still, in ernste Gedanken versunken.

MADDALENA
Der junge Mann ist wirklich liebenswürdig.

SPARAFUCILE
Oh ja ... er bringt uns zwanzig Scudi ein.

MADDALENA
Nur zwanzig! ... Das ist wenig! ... Er war mehr wert.

SPARAFUCILE
Wenn er schläft, geh, bring mir sein Schwert herunter.

MADDALENA
steigt zum Dachboden hinauf und betrachtet den Schlafenden.
Schade! ... Er ist auch so schön!
Sie schliesst den Balkon, so gut es geht, und geht wieder hinunter.


SECHSTE SZENE
Die Vorigen und Gilda, die in Männerkleidern, gestiefelt und gespornt, von hinten aus der Gasse kommt und sich langsam dem Wirtshaus nähert, während Sparafucile weitertrinkt. Häufig Blitz und Donner.

GILDA
Ach, ich bin ausser mir! ...
Die Liebe treibt mich! ... Vater, Verzeihung ...
Es donnert.
Welche Nacht des Schreckens! ... Grosser Gott, was wird geschehen?

MADDALENA
nachdem sie heruntergekommen ist und das Schwert des Herzogs auf den Tisch gelegt hat
Bruder?

GILDA
schaut durch den Mauerriss
Wer spricht?

SPARAFUCILE
in einem Schrank suchend
Scher dich zum Teufel.

Nr. 22 - Terzett und Gewittermusik

MADDALENA
Dieser junge Mann gleicht Apoll ... ich liebe ihn ...
Er liebt mich ... er soll sich ausruhen …und wir
werden ihn nicht mehr umbringen.

GILDA
hört zu
O Himmel! …

SPARAFUCILE
wirft ihr einen Sack zu
Flick diesen Sack ...

MADDALENA
Warum?

SPARAFUCILE
Darin wird dein Apoll, mit durchschnittener Kehle,
von mir in den Fluss geworfen ...

GILDA
Das ist die Hölle hier!

MADDALENA
Ich wette, dass ich dir das Geld auch verschaffen kann,
wenn du ihn leben lässt.

SPARAFUCILE
Das glaube ich kaum.

MADDALENA
Hör mir zu ... ich verrate dir einen einfachen Plan.
Zehn von den Scudi hast du schon von dem Buckligen bekommen.
Nachher wirst du ihn sehen, wie er mit den anderen kommt ...
bring ihn um, dann hast du zwanzig,
so können wir uns über den vollen Preis freuen.

SPARAFUCILE
Den Buckligen umbringen! ... Was zum Teufel redest du!
Bin ich vielleicht ein Dieb? Bin ich vielleicht ein Räuber? ...
Welchen Kunden habe ich je verraten? ...
Dieser Mann bezahlt mich…ich bin zuverlässig.

GILDA
Was höre ich!… Mein Vater!…

MADDALENA
Ach, Gnade für ihn.

SPARAFUCILE
Er muss sterben ...

MADDALENA
will hinaufsteigen
Jetzt lasse ich ihn fliehen ...

GILDA
O gutes Mädchen!

SPARAFUCILE
hält sie zurück
Wir verlieren die Scudi.

MADDALENA
Das ist wahr! ...

SPARAFUCILE
Lass mich machen ...

MADDALENA
Wir müssen ihn retten.

SPARAFUCILE
Wenn, ehe es Mitternacht schlägt,
irgend jemand anderes hierher kommt, wird der für ihn sterben.

MADDALENA
Die Nacht ist finster, der Himmel tobt,
um diese Zeit wird niemand vorbeikommen.

GILDA
Oh, welche Versuchung! ... Für den Undankbaren sterben! ...
Sterben! ... Und mein Vater! ... O Himmel, Erbarmen!
Es schlägt halb zwölf.

SPARAFUCILE
Noch eine halbe Stunde.

MADDALENA
weinend
Warte, Bruder ...

GILDA
Was! Diese Frau weint! ... Sollte ich ihm nicht helfen! ...
Ach, wenn er auch meine Liebe nicht mehr will,
will ich für sein Leben meines dahingeben ...
Klopft an die Tür.

MADDALENA
Klopft es?

SPARAFUCILE
Es war der Wind ...
Gilda klopft noch einmal.

MADDALENA
Es klopft, sage ich dir.

SPARAFUCILE
Seltsam!

MADDALENA
Wer ist es>

GILDA
Erbarmen für einen Bettler,
gewährt ihm Unterkunft für die Nacht.

MADDALENA
Diese Nacht wird lang sein!

SPARAFUCILE
Wartet einen Augenblick.
Sucht nach etwas im Schrank.

GILDA
Ach, ich bin so jung und dem Tode nah!
O Himmel, für die Ruchlosen bitte ich dich um Vergebung ...
Verzeih Du, o Vater, mir Unglücklicher! ...
Möge der Mann glücklich sein, den ich nun retten werde.

MADDALENA
Auf, beeile dich, schnell, vollzieh die Tat:
es verlangt mich, ein Leben durch ein anderes zu retten.

SPARAFUCILE
Gut ... ich bin bereit; öffne die Tür;
vor allem die Scudi will ich retten.
Er stellt sich mit einem Dolch hinter die Tür; Maddalena macht auf und eilt, das Haupttor zu schliessen, während Gilda eintritt, hinter ihr schliesst Sparafucile die Tür Alles versinkt in Dunkelheit und Stille.


SIEBENTE SZENE
In seinen Mantel gehüllt kommt Rigoletto allein aus dem Hintergrund der Bühne. Der Sturm hat allmählich nach- gelassen, man sieht und hort nur noch einige Blitze und Donner.

Rezitativ

RIGOLETTO
Endlich soll der Augenblick der Rache kommen!
Seit dreissig Tagen erwarte ich ihn
und weine Tränen von Blut
unter der Maske des Narren ... diese Tür ...
Er betrachtet das Haus.
Sie ist geschlossen! ... Ach, es ist noch nicht so weit! ... Ich muss warten.
Welche geheimnisvolle Nacht!
Ein Sturm am Himmel! ...
Auf Erden ein Mord! ...
oh, wahrhaftig, wie gross ich mich hier fühle! ...
Es schlägt Mitternacht.
Mitternacht!


ACHTE SZENE
Der Vorige, Sparafucile kommt aus dem Haus.

SPARAFUCILE
Wer ist da?

RIGOLETTO
will eintreten
Ich bin es.

SPARAFUCILE
Wartet.
Geht zurück und kommt mit einem Sack wieder heraus.
Hier ist Euer Mann, tot ...

RIGOLETTO
gibt ihm eine Börse
Welche Freude! ... Eine Lampe! ...

SPARAFUCILE.
Werfen wir ihn rasch ins Wasser ...

RIGOLETTO
Nein ... das kann ich allein.

SPARAFUCILE
Wie Ihr wollt . . . Hier ist der Platz weniger geeignet
Weiter unten ist der Fluss noch tiefer ... Schnell,
dass euch niemand überrascht ... Gute Nacht.
Geht wieder ins Haus.


NEUNTE SZENE
Rigoletto, dann der Herzog zu gegebener Zeit.

RIGOLETTO
Er ist da!…Tot!…Oh, ja!… Ich möchte ihn sehen!
Aber wozu! …Er ist es!…Hier sind seine Sporen!
Jetzt schau mich an, Welt
Das ist ein Narr und das da ein Mächtiger.
Er liegt unter meinen Füssen!…Er ist es! Er ist es!…
Endlich ist die Rache für Dich gekommen, mein Schmerz…
Die Flut sei sein Grab,
Ein Sack sein Leichentuch!

Will den Sack ans Ufer schleppen, als er von weitem die Stimme des Herzogs hört, der im Hintergrund die Bühne überquert.

Diese Stimme! …Es ist eine nächtliche Täuschung!…
Nein!…Nein!… Er ist es!…Er ist es!
Zuckt zusammen.
Fluch! Heda… Teufel von einem Banditen?
zum Haus hin
Wer denn, wer ist hier an seiner Stelle!
Schneidet den Sack auf
Ich zittere…es ist ein menschlicher Körper!…
Es blitzt.


LETZTE SZENE
Rigoletto und Gilda.

Nr. 23 - Schlussduett

RIGOLETTO
Meine Tochter! ... Gott! ... Meine Tochter! ...
Ach nein ... es ist unmöglich! ... Sie ist unterwegs nach Verona! ...
Es war ein Wahnbild! ... Sie ist es!
fällt auf die Knie
Oh, meine Gilda! . . . Mädchen ... antworte mir! ...
Verrate mir den Mörder ... Heda? ... Niemand da! ...
Klopft verzweifelt an die Tür.
Niemand da! ... Meine Tochter? ... ruft mich?

RIGOLETTO
Sie spricht! ... Sie bewegt sich ... Sie lebt! ... O Gott!
Ach, mein einziges Gut auf Erden ...
Schau mich an ... Erkenne mich ...

GILDA
Ach ... mein Vater ...

RIGOLETTO
Was für ein Rätsel! ... Was ist geschehen? ... Bist du verletzt? ...

GILDA
Hier traf mich der Stahl ...
Zeigt auf ihr Herz.

RIGOLETTO
Wer hat dir den Stoss zugefügt?

GILDA
Ich habe Euch getäuscht ... ich war schuldig ...
ich habe ihn zu sehr geliebt ... jetzt sterbe ich für ihn! ...

RIGOLETTO
beiseite
Furchtbarer Gott! ... Sie selbst wurde
vom Pfeil meiner gerechten Rache getroffen! ...
laut
Teurer Engel ... Sieh mich an, hör mich ...
Sprich ... sprich zu mir, geliebte Tochter?

GILDA
Ach, ich muss schweigen! ... Vergebt mir ... und ihm ...
Segnet Eure Tochter, o mein Vater ...
Dort oben ... im Himmel ... bei meiner Mutter ...
werde ich auf ewig für Euch ... beten.

RIGOLETTO
Stirb nicht ... mein Schatz ... Erbarmen ...
meine Taube ... du darfst mich nicht verlassen ...
Wenn du fortfliegst ... bleibe ich hier allein ...
stirb nicht ... oder ich sterbe mit dir! ...

GILDA
Nicht weiter ... ihm ver ... gebt ...
Mein Vater ... Lebt . . . wohl.
Sie stirbt.

RIGOLETTO
Gilda! Meine Gilda! ... Sie ist tot! ...
Ach, der Fluch!

Rauft sich die Haare und fällt auf die Leiche der Tochter.