Libretto: Simon Boccanegra

from Giuseppe Verdi


SIMONE BOCCANEGRA
Oper in einem Vorspiel und drei Akten


Personen des Vorspiels:
SIMONE BOCCANEGRA, Freibeuter, früher in Diensten der Republik Genua als
Befehlshaber der Kriegsflotte (Bariton)
JACOPO FIESCO, Patrizier, Anführer der Adelspartei (Bass)
PAOLO ALBIANI, Handwerker, Anführer der Volkspartei (Bariton)
PIETRO, aus dem niederen Volke Genuas (Bass)

Seeleute, Volk, Diener Fiescos usw.

Personen der Handlung:
SIMONE BOCCANEGRA, Doge von Genua (Bariton)
AMELIA GRIMALDI (Sopran)
JACOPO FIESCO, als Mönch verkleidet, unter dem Namen Andrea (Bass)
GABRIELE ADORNO, genuesischer Adeliger (Tenor)
PAOLO ALBIANI, Kanzler der Republik (Bariton)
PIETRO, Senator der Volkspartei (Bass)
Ein KAPITÄN der Armbrustschützen (Tenor)
Eine DIENERIN Amelias (Mezzosopran)
Ein HEROLD (stumme Rolle)

Senatoren der Adelspartei, Senatoren der Volkspartei, Gefolge des Dogen, Seeleute, Soldaten, Volk

Ort: Genua und Umgebung
Zeit: Mitte des 14. Jahrhunderts.
Zwischen dem Vorspiel und der Handlung liegt ein Zeitraum von 20 Jahren

VORSPIEL

Ein Platz in Genua. Im Hintergrund die Kirche San Lorenzo. Rechts der Palast der Fieschi mit einem
grossen Balkon. An der Mauer seitlich des Balkons ein Heiligenbild. Links andere Häuser. Verschiedene Strassen münden in den Platz. Es ist Nacht.


Szene und Chor

Paolo und Pietro kommen im Gespräch

PAOLO
Nein, unmöglich!
Zum ersten Mann im Rate
Lorenzin, diesen Wuch'rer?

PIETRO
Nenn einen bessren, wenn du ihn findest.

PAOLO
Simone, der aus unsern Meeren
Vertrieb die afrikanischen Piraten
Und der dem Banner Genuas
Wiedererstritt die alte Macht und Grösse.

PIETRO
Verstanden! Und mein Anteil?

PAOLO
Reichtum und Einfluss und Ehre.

PIETRO
Das ist ein Preis, um den ich gern euch diene.

Sie reichen sich die Hand. Pietro entfernt sich

PAOLO
allein
Ihr verruchten Patrizier,
Von den Höh'n, wo ihr herrscht in blindem Hochmut,
Will ich schmutziger Plebejer euch verjagen!

SIMONE
tritt eilig ein
Heil dem Freunde! Was gibt es?
Von Savona hast du her mich gerufen?

PAOLO
geheimnisvoll
Willst morgen gewählt sein zum Haupte des Rates?

SIMONE
Ich? Nein!

PAOLO
So lockt dich nicht das Amt des Dogen?

SIMONE
Du spottest!

PAOLO
mit Nachdruck
Und Maria?

SIMONE
O schwer bestraftes Opfer meiner unsel'gen Liebe!
Rede! Du weisst von ihr, hast sie gesprochen?

PAOLO
auf den Palast der Fieschi weisend
Als Gefang'ne weint sie dort im Palast.

SIMONE
Maria!

PAOLO
Du wirst als Doge sie befreien!

SIMONE
Paolo!

PAOLO
Entscheide!

SIMONE
Paolo

PAOLO
Alles verfügt' ich...
Ein kleiner Anteil bleibt wohl für mich
An Macht und Gefahren

SIMONE
So sei es!

PAOLO
Auf Leben und Sterben?

SIMONE
Ich schwor' es!...

PAOLO
Doch jemand kommt ... verbirg dich!
Noch kurze Zeit bewahr es als Geheimnis.

Simone entfernt sich. Paolo zieht sich gegen den Palast der Fieschi zurück. Nach und nach treten Seeleute, Handwerker und Pietro auf.

PIETRO
Am Morgen, alle, wollt ihr kommen?

CHOR
Alle! Alle!

PIETRO
Keiner für die Patrizier!

CHOR
Keiner! Keiner!
Für Lorenzino wird geschlossen gestimmt.

PIETRO
Ihn kaufte Fiesco!

CHOR
Wen also soll man wählen?

PIETRO
Einen Krieger!

CHOR
Gut.

PIETRO
Ein Kind des Volkes...

CHOR
Sehr richtig!
Und du kennst deinen Mann?

PIETRO
Ja.

CHOR
So sprich!
Enthüll uns seinen Namen!

PAOLO
vortretend
Simone Boccanegra!

CHOR
Simone? - Den Korsaren?

PAOLO
Ja... Ein Korsar auf hohem Throne!...

CHOR
Ist er hier?

PAOLO
Er kommt!

CHOR
Und die Fieschi?

PAOLO
Müssen schweigen!

Paolo sammelt alle um sich. Dann - auf den Palast der Fieschi weisend - geheimnisvoll:

PAOLO
Ragt nicht des Adels Festung, drohend und Vermessen,
Wohnung der Tyrannen,die unser Blut erpressen!
Selbst seine eig'ne Tochter hält Fiesco dort gefangen,
Weil von den unsern einer liebend an ihr gehangen.

CHOR
Der Hallen mächt'ge Räume sind unsrem Volk Verschlossen,
Von ihren hohen Pforten sind schmählich wir Verstossen.
Kommt einer voll Erbarmen,
Er hofft umsonst zu schauen,
Maria, die Gefang'ne, die ärmste aller Frauen.

PAOLO
Nur der Patrizier Häupter dürfen den Eintritt wagen,
Die in der Brust verborgen tief ihr Geheimnis tragen.

CHOR
So ist es! So ist's!

PAOLO
Aber in dunklen Nächten -

CHOR
Ihr hört es!

PAOLO
- zuckt durch die leeren Fenster -

CHOR
Nur weiter!

PAOLO
- hell eine böse Flamme -

CHOR
Entsetzlich!

PAOLO
- wie höllische Gespenster!

CHOR
Das Feuer des Verderbens loht!
Nehmt euch in acht!

Aus dem Palast der Fieschi sieht man den Widerschein eines Lichtes

PAOLO
Da seht doch!
Sehet des Unheils Flamme!

CHOR
O Gott!...

PAOLO
Gehet nach Hause!
Im Zeichen dieses Kreuzes
Der Böse uns verschone!

CHOR
Im Zeichen dieses Kreuzes
der Böse uns verschone!

PAOLO
Am Morgen...

CHOR
Hier.

PAOLO
Simone!

CHOR
Wir stimmen für Simone.

Alle entfernen sich nach verschiedenen Richtungen


Arie und Chor

FIESCO
tritt aus dem Palast
Leb wohl, leb wohl auf ewig,
Palast der Väter,
Grab meiner Tochter, der einzig geliebten!
Ich war zu schwach, sie zu schützen!
O gottverfluchter, o elender Verführer!
Zu dem Heiligenbild gewendet:
Und du, Jungfrau, du littest,
Dass man ihr raubte die Krone der Unschuld?...
Ah! Was sag' ich, was tu' ich?
Jungfrau, verzeih mir!

Müde, den Geist von Gram zerstört,
Trauer im Vaterherzen,
Bin ich bestimmt, zu tragen
Der Schande bittre Schmerzen.

Nun schmückte mit der Marterkron'
Der Himmel gnädig dich.
Selig im Glanz der Engelschar
Bitte, Maria, für mich.

CHOR
von innen, sehr entfernt
Gestorben! Gestorben!
Miserere, Miserere!
Ihr öffnen sich die Sphären.
Wir soil'n sie nicht mehr sehn auf Erden.

Verschiedene Personen kommen aus dem Palast und tragen Marias Sarg in die gegenüberliegende Kirche.

SIMONE
kommt frohlockend auf die Szene
In aller Munde mein Name!
O Maria!
Kurze Zeit noch und du wirst meine Gattin!
Jemand steht dort! ... Wer ist es?

FIESCO
Simon?

SIMONE
Du!

Duett, Szene und Chor

FIESCO
Sag, welcher Dämon bewog dich, mich zu kränken?
Auf dein Haupt hab' ich erbeten
Gottes Rache, Gottes Zorn!

SIMONE
Vater, hör, ich fleh' um Mitleid
Voller Demut dir zu Füssen...
Lass die Schuld nicht so mich büssen

FIESCO
'S ist zu spät!

SIMONE
Ich fleh' dich an,
O hör mich, hör!

FIESCO
'S ist zu spät!

SIMONE
Um zu steigen auf zu ihr,
Liess ich tragen mich vom Ruhme,
Pflückt' vom Sieg die schönste Blume
Für den Altar meiner Lieb'!

FIESCO
kalt
Zoll' ich Beifall deinen Taten,
Hoffe nicht, dass ich dich schone!
Säh' ich selbst dich auf dem Throne...

SIMONE
Schweige!

FIESCO
Ewig trifft mein Hass
Und ewig trifft die Rache Gottes
Dich, der Fiesco so verhöhnt!

SIMONE
Friede!...

FIESCO
Nein!
Frieden wird's geben,
Wenn einer von uns lässt sein Leben!

SIMONE
bietet ihm die Brust dar
Kann mein Blut dich nur besänft'gen?
Gib den Tod mir!

FIESCO
sich stolz zurückziehend
Ich sollte morden?

SIMONE
Ja, erschlag mich, und dann ertränke
Deinen Hass im Blute!

FIESCO
So höre!
Willst du mir zu eigen geben
Jenes arme kleine Wesen,
Eurer Sünde geheime Frucht,
Ich, der nie sie sah im Leben,
Schwör', sie aufzuziehn im Glücke
Und dir alles zu verzeihn.

SIMONE
Ach, ich kann nicht!

FIESCO
Warum?

SIMONE
Das Schicksal hat sie mir geraubt!

FIESCO
Das Schicksal?

SIMONE
Nah am Gestade lebte alleine
Fröhlich und heiter die arme Kleine.
Bei einer Alten war sie verborgen,
Die sie treulich wahrte vor Sorgen.
Einst fuhr ich dort auf dem Meere,
Stieg vom Schiff eines Abends
Heimlich ans Ufer.
Ich lief zum Hause...
Offen die Türe, verlassen alles!

FIESCO
Die Alte?

SIMONE
Gestorben!

FIESCO
Und deine Tochter?

SIMONE
Drei Tage sucht' ich, ohne zu finden, alles umsonst!
All mein Bemühen, es war vergebens,
und wie ich suchte, ich fand sie nie.

FIESCO
Kannst du nicht geben, was ich begehrt,
Sei dir Verzeihung nie auch gewährt.
Leb wohl denn, Simone!

Dreht ihm den Rücken

SIMONE
Ich will durch Liebe dich bald versöhnen!
Hör, o hör mich!

FIESCO
kalt, ohne ihn anzublicken
Nein!

SIMONE
Hör mich!

FIESCO
Nie wieder!

Entfernt sich, dann bleibt er beiseite stehen, um Simone zu beobachten

SIMONE
O der Fieschi verstockte, schändliche Bande!
Und diese ekle Schlangenbrut
Gebar eine Schönheit so rein!
Ich will sie sehen!
Ich wag' es!
Nähert sich dem Palast und klopfl dreimal an die Tür
Finster ist's im Haus und stille.
Geöffnet sind die Tore!
Was ist geschehen!?

Tritt entschlossen in den Palast

FIESCO
So geh und küss die tote Geliebte!

SIMONE
erscheint auf dem Balkon
Niemand!
Nur Schweigen und tiefe Finsternis!
Nimmt das Lämpchen vor dem Bild ab und tritt ein, sucht Maria im Palast, kommt dann wieder auf den Balkon, von wo er durch das offene Kirchentor den Sarg erblickt
Maria! ... Maria!!

FIESCO
Nun schlug die Stunde der Vergeltung!

SIMONE
tritt entsetzt aus dem Palaste
Ich träume!
Ja, Schauderdinge und Schreckensbilder träum' ich!!

CHOR
hinter der Szene, sehr entfernt
Boccanegra!

SIMONE
Mein Name!

CHOR
Boccanegra!

SIMONE
Höhnt mich der Ruf der Hölle?!

PAOLO, PIETRO
mit einigen Handwerkern und Seeleuten herbeieilend
Doge heisst dich die Menge!

SIMONE
Weg, ihr Gespenster, weg da!

PAOLO, PIETRO
Bist du toll?

SIMONE
Paolo!
Gib den Tod mir

PAOLO
Die Krone!

FIESCO
Doge Simon?
Doge! O weh mir, wehe!

Das Volk stürmt mit entzündeten Fackeln herbei

PAOLO, PIETRO und CHOR
Viva Simon,
Des Volkes Auserwählter!!

Die Glocken läuten Sturm.

ERSTER AUFZUG

ERSTES BILD
Garten der Grimaldi vor Genua
Links der Palast, gegenüber das Meer. Frühe Morgendämmerung


Arie

AMELIA
Über das Meer blickend
Dämmernd in freundlicher Helle
erwacht das Meer vom Schlummer,
Zitternd umspielt die Welle
Der junge Morgenschein!
So rein, wie wenn in Liebe
Zwei Herzen keusch sich frei'n!

O Meer im Morgengrauen,
Was muss hei deinem Leuchten
Die arme Waise schauen?
Den Morgen, traurig und kalt...
als fromm ein Weib ihr zurief im Tod:
"Schütze dich Gott!"

Im hohen, stolzen Hause
Der edlen, grossen Herren,
Du liebe arme Klause,
Niemals vergess' ich dein!
Doch hier strahlt durch Marmorkälte
Der Liebe warmer Schein...
Sie wendet sieh näher dem Meer zu
Der Tag steigt auf...
Noch hör' ich nicht
Der Liebe Gesänge ertönen,
Deren wonniger Klang,
Wie von Blüten den Tau der Sonne Strahl,
Mir küsst vom Aug' die Tränen.


Duett

GABRIELE
sehr entfernt
Himmel ohne Sonne
Und Flur ohne Blütenwonne
Sind Herzen ohne Lieb'.

AMELIA
Ah! Seine Stimme! Er ist es!
Ich seh' ihn kommen!
O Freude! O Freude!

GABRIELE
näher
Entbehrt dein Herz der Liebe,
Nie stillen deine Triebe
Ehre, Gewalt und Gold!

AMELIA
Er kommt! Der Freude süsse Lust
Erregt das Herz, bewegt die Brust!

GABRIELE
auftretend
O du mein Leben!

AMELIA
Warum lässt du mich warten?

GABRIELE
Verzeih, o Liebe...
Zu spät bin ich gekommen,
Mich hielten wicht'ge Dinge.

AMELIA
Ich fürchte...

GABRIELE
Was?

AMELIA
Ich kenne dein Geheimnis .
Du wirst mein Grab bereiten
Und den Galgen für dich!

GABRIELE
Was sagst du?

AMELIA
Ich weiss von deinem Freunde Andrea...
Sorge erfüllt mich!
Hab' ich euch nachts nicht oft schon gesehn
Verstohlen unter dunklen Bogen schleichen,
Ruhelos, wie Verschwörer?

GABRIELE
Wen?

AMELIA
Dich und Andrea und Lorenzino
Und andre...

GABRIELE
O schweige,
Der Wind weht im Nu
Jedes Wort zu den Tyrannen!
Die Mauern reden!
Ja, Späher sind versteckt an jeder Ecke!

AMELIA
Du zitterst?

GABRIELE
O verjage der Furcht Gespenster!

AMELIA
Du sprichst von Gespenstern?
Sieh doch die tiefe Blaue
Des weiten Meeres beben,
Sieh aus dem Wogenbette
Sich Genuas Türme heben!
Dort herrschen deine Feinde,
Die euch nur Tod bereiten...
Liebe soll dich leiten,
O komm in meinen Arm!

GABRIELE
Engel, den vom Himmel
Mir sandte Gottes Gnade,
Leucht uns voran mit hellem Strahl
Auf dunklem Lebenspfade.
Denk nicht mehr an das Unheil,
Nicht mehr der schlimmen Zeiten...
Liebe soll dich leiten,
O komm in meinen Arm.

AMELIA
Ah!

GABRIELE
Was gibt es?

AMELIA
nach rechts schauend
Siehst du dort den Mann?
Tagtäglich erscheint er hier.

GABRIELE
Wohl ein Rival?

MAGD
eintretend
Ein Gesandter des Dogen verlangt dich.

AMELIA
Er komme.

Die Magd entfernt sich

GABRIELE
schickt sich an zu gehen
So will ich denn gehn.

AMELIA
hält ihn auf
Nein, bleibe!

PIETRO
beugt das Knie vor Amelia
Der Doge, der vom Jagen zurückkam aus Savona,
Wünscht, dieses Haus hier zu besuchen.

AMELIA
Ich bitte.

Pietro beugt das Knie und geht

GABRIELE
Der Doge hier?

AMELIA
Er hält um meine Hand an.

GABRIELE
Für wen?

AMELIA
Für seinen liebsten Günstling.
Schnell laufe zu Andrea, beeile dich, geh,
Er soll uns heut' noch trauen vor dem Altare.

AMELIA und GABRIELE
So fall' im Festesjubel,
Was uns sich stellt entgegen.
Den Feinden allerwegen
Biet' ich die Stirn mit dir!
Verliebter Herzen Sehnsuchtsdrang
Besiege Leid und Klage!
Ans Ende meiner Tage
Bleibst du vereint mit mir.

Amelia tritt in den Palast


Szene

GABRIELE
trifft im Abgehen auf Fiesco, für sich
Du kommst gelegen!

FIESCO
Du - so früh treff' ich dich hier?

GABRIELE
Dir zu sagen...

FIESCO
Ruf Amelia!

GABRIELE
Der du sie schützt mit väterlicher Sorge,
Sollst unsren Bund nun segnen!

FIESCO
Tiefes Geheimnis lastet auf ihrem Dasein.

GABRIELE
Geheimnis?

FIESCO
Wenn ich rede,
Wendest du dich vielleicht von ihr.

GABRIELE
Nicht scheut das tiefste
Geheimnis meine Liebe!
Ich höre!

FIESCO
Amelia stammt aus dem gemeinen Volke.

GABRIELE
Die Tochter der Grimaldi?

FIESCO
Nein, Amelia Grimaldi verstarb
Bei den frommen Nonnen in Pisa.
Ein Waisenmädchen nahm in das Kloster man auf
Am Tage ihres Todes, es erbte ihre Zelle.

GABRIELE
Wie konnt' es aber erben
ihren Namen Grimaldi?

FIESCO
Dem flücht'gen Adel konfiszierte sein
Gut der neue Doge.
Die falsche Amelia brachte man zurück nach Genua.
So konnte der gier'gen Hand
Den Raub sie entziehen.

GABRIELE
Ich liebe die Waise.

FIESCO
Sei ihrer würdig.

GABRIELE
So willst du sie mir geben?

FIESCO
Sie sei dein Gemahl!

GABRIELE
O neues Leben!


Duett

FIESCO
Komm zu mir, nimm meinen Segen
In dem Frieden dieser Stunde.

GABRIELE
Alter Zeiten frommes Regen
Weckt dein Wort voll keuschem Zauber.

FIESCO
Lebe froh, bleib treu im Bunde
Deinem Weib, dem Vaterland und Gott.

GABRIELE
Heilig hütet das Gedenken
Dieser Stunde treu mein Herz.

Fanfaren hinter der Szene

Szene

GABRIELE
Der Doge kommt! Schnell fort!
Wenn er dich sähe - - -!

FIESCO
Ah! Meine Rache wird ihn bald erreichen!
Beide entfernen sich

Von links kommt Amelia mit einigen Damen.
Der Doge kommt von rechts mit Paolo, begleitet von Jägern


DOGE
Paolo!

PAOLO
Mein Herr!

DOGE
Die Dinge drängen vorwärts,
Wir müssen eilig fort.
Bereite alles zur Rückkehr nach Genua.

PAOLO
auf Amelia blickend, für sich
Wie ist sie schön!

Die Damen ziehen sich zurück, Amelia und der Doge bleiben allein.

DOGE
Spricht der Doge mit Amelia Grimaldi?

AMELIA
Ihr nanntet meinen Namen.

DOGE
Und deine Brüder in Verbannung,
Sie sehnen sich wohl nach Hause?

AMELIA
Unsäglich ...doch...

DOGE
Ich verstehe.
Vor mir zu knieen verweigern die Grimaldi...
Doch so entgegnet diesem Stolz der Doge!

Reicht ihr ein Blatt

AMELIA
lesend
Was seh' ich?!
Sie sind begnadigt?

DOGE
Sie schulden dir das Opfer dieser Gnade.

Duett

DOGE
Sage, so grosser Schönheit Glanz
Soll im Verborg'nen prangen?
Du fühltest nach dem Beifall
Der Welt noch nie Verlangen?
Wohl sagt mir dein Erröten...

AMELIA
Du täuschst dich!
Ich lebe glücklich...

DOGE
Die Lieb' in deinen Jahren...

AMELIA
Ah Ich habe sie erfahren!
Denn Lieb' erfüllt mein ganzes Herz
Und findet gleiche Triebe...
Doch mich umgarnt ein Bösewicht
nur meinem Gold zuliebe!

DOGE
Paolo!!

AMELIA
Das ist sein Name!
Doch da du so sehr dich sorgst
Um meines jungen Lebens Wege,
Will ich dir mein Geheimnis auch enthüllen.
Mein Stamm sind nicht die Grimaldi.

DOGE
So sprich! Wer denn?

AMELIA
Eine Alte in armer Hütte
Hat mich hebend einst aufgezogen,
Wo sich brechen des Meeres Wogen,
Nah bei Pisa...

DOGE
Aus Pisa du?

AMELIA
Meiner Kindheit schöne Jahre
Durfte dort ich sorglos verleben,
Doch das Glück war jäh zu Ende -
Die Beschütz'rin raubte mir Gott!
Schon mit todeskalten Händen
Konnt' ein Bild sie noch mir reichen,
Meiner Mutter würd' es gleichen,
Die ich Waise nie hab' gekannt.
Einen Kuss und ihren Segen,
Und sie schloss die müden Lider...
Ach, ich rief und rief sie wieder
- leeres Echo gab Antwort mir!

DOGE
Wenn die Hoffnung, o güt'ger Himmel,
Die nun lächelt meiner Seele,
Nur ein Trug ist, dann auf der Stelle
Sei willkommen mir der Tod.

AMELIA
Ach wie traurig, ach wie bange
war mir Armen da zu Mut.

DOGE
Sage, wer sonst kam in die Hütte?

AMELIA
Nur ein Seemann kam bisweilen.

DOGE
Und Giovanna war der Name
Jener Frau, die du verlorst?

AMELIA
Ja.

DOGE
ziehe ein Bildnis hervor und reicht es Amelia, die ihrerseits das gleiche tut
Und das Bildnis -
Gleicht vielleicht es diesem?

AMELIA
Das gleiche Bild!

DOGE
Maria!

AMELIA
Mein wahrer Name!

DOGE
Meine Tochter!!

AMELIA
Ich?

DOGE
O küss mich, meine Tochter!

AMELIA
Vater!
Ah! Drück ans Herz Maria fürs Leben!

DOGE
Tochter du, mir neu gegeben!
Tochter, bei dieses Wortes Klang
Bebt die Brust vor Bangen.
Möcht' in unsagbar süssem Drang
Liebend dich umfangen!
Ein Paradies der Wonne
Soll nun dein Leben sein,
Und meiner Herrschaft Sonne
Sei deines Ruhmes Schein!

AMELIA
Vater, du sollst in Freud und Leid
Nie dein Kind entbehren!
In Stunden tiefer Traurigkeit
Trockne ich deine Zähren!
In süss geheimen Freuden
Wird Gott uns näher sein.
Ich zieh' als Friedenstaube
ins Haus des Herrschers ein.

Sie umarmen sich, und Amelia geht ab,vom Vater geleitet

DOGE
O Tochter, o Tochter!

AMELIA
aus dem Hintergrund
Vater!

DOGE
bleibt verzückt stehen und betrachtet Amelia, die wieder in den Palast zurückgeht
Tochter!


Szene

PAOLO
eilt von rechts herein und nähert sich dem Dogen
Ihre Antwort?

DOGE
Entschlag dich jeder Hoffnung!

PAOLO
Doge, ich kann nicht!

DOGE
Ich befehl' es!
Geht rechts ab

PAOLO
allein
Er befiehlt ... er befiehlt ...!
Vergisst du, dass du mein Geschöpf bist?

PIETRO
tritt auf
Was sagt er?

PAOLO
Ich soll verzichten!

PIETRO
Was ist dein Plan?

PAOLO
Entführung!

PIETRO
Wie denn?

PAOLO
Am Ufer triffst du sie abends ohne Wache...
Schnell fort mit ihr zu Schiffe,
Im Hause Lorenzinos haltet sie fest!

PIETRO
Verstanden!

PAOLO
Ich geh' nach Genua mit den Meinen
Und reize auf den Adel...
Du - du findest deinen Lohn!

PIETRO
Ich - ich werde sie entführen!

Beide ab


Verwandlung

ZWEITES BILD
Ratssaal im Palazzo degIi Abati

Auf dem Thron der Doge. Auf der einen Seite zwölf adelige Ratsherren, auf der anderen zwölf Vertreter der Volkspartei. Gesondert sitzen die vier "Konsuln
des Meeres" und die Conneeabeln. Paolo und Pietro sitzen auf besonderen Plätzen


Finale I

DOGE
Ihr Herren!
Der König der Tataren
Entbeut zum Friedenspfande uns reiche Gaben.
Geöffnet ist der Eusin für ligurische Schiffe.
Seid ihr's zufrieden?

ALLE RATSHERREN
Ja!

DOGE
Und noch ein Votum sollt ihr
Aus Grossmut nicht verweigern.

ALLE RATSHERREN
Rede!

DOGE
Petrarcas Botschaft kam warnend einst zu Rienzi
Als Prophet seines Ruhmes und seines Todes.
Heute warnt sie auch Genua.
Hier dieses Schreiben von Petrarca aus Sorga
Wirbt für Venedig dringend um Frieden

PAOLO
Er acht' auf seine Reime
Und sing' sie zum Ruhm der blonden Laura!

ALLE RATSHERREN
ungestüm
Krieg mit Venedig!!

DOGE
Bei diesem Kriegsgeheule im zerrissenen Italien
Schwingt Kain im Triumphe seine blutige Keule!
Adria und Ligurien sind nur Teile einer Heimat!

ALLE RATSHERREN
Für uns ist Heimat: Genua!

CHOR DES VOLKES
hinter der Szene, weit entfernt
Oh!

PIETRO
Was ist das?

ALLE RATSHERREN
Woher dies Schreien?

PAOLO
Vom Palaste der Fieschi...

ALLE RATSHERREN
sieh erhebend
Das ist ein Aufstand!

VOLK
näher
Ah! ...

PAOLO
immer am Fenster, wohin auch Pietro gekommen ist
Sieh doch...
Auf der Flucht ein ganzer Haufen!

DOGE
Horche!

PAOLO
Man kann sie nicht verstehen...

VOLK
Nieder! Nieder!

PAOLO
zu Pietro
Er ist's!

DOGE
der diese Worte gehört hat
Wer?

PIETRO
Sieh nur!

DOGE
hinausblickend
Gott! Gabriele Adorno wird verfolgt von der Menge!
An seiner Seite kämpft ein Welfe.
Zu mir einen Herold!

PIETRO
heimlich
Paolo, flieh, eh's zu spät ist!

DOGE
bemerkt Paolo, der sieh auf den Weg macht
Konsuln des Meeres, -
Ihr beschützt diese Schwelle!
Holla!! Wer flieht, begeht Verrat!

Paolo hält verwirrt inne.

VOLK
Tod den Patriziern!

RATSHERREN DES ADELS
die Sehwerter ziehend
Zu den Waffen!

VOLK
Vivat Genuas Volk!

RATSHERREN DES VOLKES
die Beile schwingend
Es lebe!

DOGE
Wie das? Ihr selber?
Ihr? Hier!!
Ihr zieht die Waffen?

VOLK
Tod dem Dogen!

DOGE
stolz
Tod dem Dogen? - Nun gut!
Ein Herold ist eingetroffen
Geh, Herold, öffne die Tore des Palastes
Und sage den Horden des Adels und des Volks,
Dass ich nichts fürchte,
Dass ich die Drohung hörte,
Dass ich hier warte.
Zu den Ratsherren, welche gehorchen
In die Scheide die Schwerter!!

VOLK
Waffen und Plünd'rung!
Brand in die Häuser!
Tod dem Dogen!
An den Galgen!

Alle horchen aufmerksam hinaus. Trompete hinter der Szene

DOGE
Das sind Signale meines Herolds
Er redet ... Alles ist ruhig

VOLK
Er lebe! Es lebe der Doge!

Die Menge der Volkspartei - Männer, Frauen, Kinder bricht herein

DOGE
So ist die Menge!

Adorno und Fiesco werden vorn Volke festgehalten

VOLK
Vergeltung und Rache!
Fliessen soll in Strömen
Dieses stolzen Mörders Blut!

DOGE
ironisch
Also das ist des freien Volkes Stimme?
Von weitem donnernder Orkan,,
von nahem Gekeif von Weibern,
Geschrei von Kindern.
Adorno, warum griffst du zum Schwert?

GABRIELE
Ich hab' erschlagen Lorenzino.

VOLK
Tod dem Mörder!

GABRIELE
Er hat entführt Amelia Grimaldi.

DOGE
O Gott!

VOLK
Lüge!

GABRIELE
Der Schurke gestand im Tod,
dass ihn ein mächt'ger Mann
zu dieser Tat gedungen.

PIETRO
zu Paolo
Du bist verraten!

DOGE
erregt
Wie ist sein Name?

GABRIELE
den Dogen fixierend, mit schrecklicher Ironie
Seid ruhig!
Der Schuld'ge stirbt noch vor der Entdeckung.

DOGE
Was soll das?

GABRIELE
schrecklich
Beim Himmel!
Dieser Mächt'ge bist du!!

DOGE
Rebelle!

GABRIELE
sich auf den Dogen stürzend
Verweg'ner frecher Mädchenräuber!

RATSHERREN
Weg die Waffe!

GABRIELE
macht sich frei, um sich auf den Dogen zu stürzen
Weh dir Piraten auf dem Throne!
Stirb denn!

AMELIA
wirft sich zwischen den Dogen und Gabriele
Gabriele!

GABRIELE, DOGE, FIESCO
Amelia!

CHOR DER RATSHERREN
Amelia!

AMELIA
O Doge,
Ah, rette, rette Adorno du!!

DOGE
zu den Wachen, die sich Gabrieles bemächtigt
haben, um ihn zu entwaffnen

Berühr ihn keiner!
Bei ihrem Anblick ist all mein Zorn verflogen,
und es zieht in mein Herz Ruhe und Frieden...
Amelia, sage uns, wer dich entführt hat
und wie du den Gefahren glücklich entkamst.

AMELIA
Die liebliche Stunde des sinkenden Tages
verträumt' ich alleine am Ufer der See.
Da schleppen mich Schergen an Bord eines Schiffes,
man erstickt mit Gewalt meine Schreie...
Mir schwindelt...
Da ich wiederum öffne die Augen,
steht vor mir Lorenzo in seinen Gemächern.

ALLE
Lorenzo!

AMELIA
Ich war die Gefang'ne des Schurken!
Ich wusste, wie feige im Herzen er war.
Der Doge, so sagt' ich, der kennt deine Pläne,
Gib frei mich sogleich, du wirst schwer Sonst bestraft.
In Angst und Verwirrung schloss auf er die Tore
So konnte die kühne Behauptung mich retten

ALLE
Bei Gott, es verdiente der Schurke zu sterben!

AMELIA
Er war nur das Werkzeug.
Ein gröss'rer Verbrecher,
er lebt und ist frei!

ALLE
Wer ist es?

AMELIA
Paolo fixierend, der inmitten einer Gruppe von Menschen steht
Er hört mich...
Ich seh' seine Lippen erbleichen.

GABRIELE
Wer ist es?

DOGE
Wer ist es?

CHOR DES VOLKES
drohend
Ein Patrizier?

CHOR DES ADELS
drohend
Ein Plebejer?

CHOR DES VOLKES
zum Adel
Hinweg mit den Schwertern!

AMELIA
O Grau'n und Entsetzen!

CHOR des ADELS
zum Volk
Hinweg mit den Beilen!

AMELIA
Genug!

DOGE
mit machtvollem Ausdruck
Brudermörder!
Plebejer, Patrizier, Narrenvolk,
Wühlend im eignen Fleische!
Ihr Erben all des Hasses
Der Spinola, der Doria!
Euch lädt in ihren Zauberbann
Weite Herrschaft der Meere,
Während um falsche Ehre
Ihr euch zerreisst vor Wut!
Ich weine um euch, wenn sonnenbestrahlt
Still eure Hügel glühen,
Wo ach umsonst die Zweige
Grüner Oliven blühen.
Ich weine, weil nie beschieden
Lieb' euch und Glück und Ruh',
Und rufe flehend: Frieden!
Und ruf' euch: Liebe! zu.

CHOR
Zum Dogen blickend
So hocherhab'ne Sprache
Scheucht Zorn und Wüten fort.
Der laute Ton der Rache,
Er schweig' an diesem Ort.

AMELIA
zu Fiesco
Friede!
Der Rache blinde Wut
Sei nun von uns gebannt.
Beseele dich Liebe
zu deinem Vaterland!

GABRIELE
Amelia lebt und liebt mich,
O Gott, wie dank' ich dir!
Es weicht jed' andres Sehnen
Nun aus der Seele mir.

FIESCO
O Vaterland, so schnell
Wird zuschanden all mein Hoffen!
Du stolze Stadt, du leidest
In des Korsaren Faust.

PIETRO
zu Paolo
Dein Plan schlug fehl, nun fliehe,
bevor dich Strafe trifft.

PAOLO
zu Pietro
Nein, erst muss meine Rache
hier vollzogen sein.

GABRIELE
sein Schwert dem Dogen reichend
Hier meine Waffe!

DOGE
Diese Nacht über halt' ich dich fest,
Bis die Verschwörung völlig geklärt ist.
Nein! Behalte deine Waffe,
Ich traue dem gegeb'nen Worte.

GABRIELE
Es sei!

DOGE
mit schrecklicher Stimme
Paolo!!

PAOLO
aus der Menge hervortretend, bleich vor Entsetzen
Mein Doge!

DOGE
mit furchtbarer Majestät und mit immer gesteigerter Hefligkeit
In dir verkörpert sich unsres Volkes strenges Recht.
Als Kanzler schworst du vor dem Gesetz ewige Treue:
Leih mir nun deine Hilfe...
In diesem Saale ist ein Verbrecher,
Er meidet scheu meine Augen,
Aber mein Arm vermag ihn zu erreichen!
Ich weiss seinen Namen, kenn' seine feige Seele.
Du sollst im Anblick des Himmels
Und des Dogen Zeuge mir sein.
Auf des Verworf'nen Stirne
Fall' das Gewicht meiner Worte:
"Er soll verflucht sein!"

PAOLO
zitternd und niedergeschmettert
"Er soll verflucht sein!'
Entsetzlich! Mir graut!

ALLE
Er soll verflucht sein!
Alle entfernen sich nach und nach
Er soll verflucht sein!
Immer entfernter

PAOLO
Weh mir!

Er entflieht.

ZWEITER AUFZUG
Zimmer des Dogen im Dogenpalast zu Genua

An den Seiten zwei Türen. Im Hintergrund die Treppe zum Kerker. Ein Tisch, darauf ein Krug und eine Tasse. Von einem Balkon sieht man die Stadt. Es ist Nacht.

Szene und Rezitativ

PAOLO
tritt mit Pietro vorsichtig auf
Du sahst die beiden?

PIETRO
Ja.

PAOLO
Bring sie mir gleich aus dem Kerker her
Durch den heimlichen Zugang,
Den man mit diesem Schlüssel sperrt.
Pietro geht ab

PAOLO
allein
Verflucht hab' ich mich selber!
Ich bin geächtet, wohin ich geh'.
Der Fluch durchrast die Lüfte!
Ohne Ehre, verstossen vom Senate, von Genua,
Verschiess' ich den letzten Pfeil noch bevor ich flieh',
Entscheid' ich dein Leben, Doge, in der Not meiner Seele.
Du mein Beleidiger, der mir dankt die Krone,
Hier soll dein Schicksal dich jetzt erreichen
Durch de Hand des Verfluchten.
Er zieht eine Ampulle hervor und leert ihren Inhalt
in den Krug

Hier bereit' ich dein langsam dunkles Ende,
Dort werb' ich deinen Mörder.
Wähl' der Tod seine Wege
Zwischen Gift und blankem Eisen.

Fiesco und Gabriele erscheinen

Szene und Duett

FIESCO
Wohin führst du uns aus dem Gefängnis?

PAOLO
In die Räume des Dogen,
und du redest mit Paolo.

FIESCO
Und was ist dein Verlangen?

PAOLO
Von dem Hass, den ihr hegt, weiss ich wohl.
Hör mich an jetzt.

FIESCO
Was willst du?

PAOLO
Söldner sammelte der Adel!
Ihr plant einen Aufstand!

FIESCO
Und?

PAOLO
Ihr seid vor der Tat schon verurteilt.
Dieser Doge, verachtet von mir,
Wie auch ihr ihn verachtet,
Bestimmte euch zum Tode.

FIESCO
Du stellst eine Falle!

PAOLO
Eine Falle?
Deine Enthauptung
Hat Simone für morgen verfügt.
Ich verhelf' euch zum Siege!

FIESCO
Die Bedingung?

PAOLO
Ihn zu töten, hier, während er schlummert.

FIESCO
Willst den Adel so schlau du gewinnen?
Soll Andrea dir dienen als Mörder?

PAOLO
Du versagst es?

FIESCO
Ja.

PAOLO
In den Kerker zurück!

Fiesco geht ab, Gabriele will ihm folgen, wird aber von Paolo zurückgehalten

PAOLO
Adorno!

GABRIELE
Schweig und lass mich!

PAOLO
So fühlst du für Amelia keine Liebe?

GABRIELE
Was heisst das?

PAOLO
Sie ist hier.

GABRIELE
Hier Amelia?

PAOLO
Sie dient dem Dogen,
Dient seiner Liebe geilen Lüsten.

GABRIELE
Nun ist es genug! Schweige!
Paolo läuft zu einer der Türen und verschliesst sie
Was tust du?

PAOLO
Von hier gibt es keinen andern Ausgang.
Hol aus zum Schlage!
Wo nicht: lass weiter schänden deine Ehre.
Er enteilt durch die andere Türe, die er von aussen
zuschliesst


GABRIELE
O Hölle!
Amelia hier!
Sie liebt diesen Alten!
Und den Zorn, der mich schüttelt,
Schrei' ich hier in die Luft!
Du schlugst mir tot den Vater,
hast die Braut mir frech geschändet...
Zitt're, Simone!
Für zwei so ruchlose Taten,
hast du dir zweimal Rache aufs Haupt geladen.

Rasend in wilder Eifersucht
Nähr' ich ein Ungeheuer,
All dein Blut genügte nicht,
Zu loschen dieses Feuer.
Hätte er tausend Leben
Und könnte ich ihm geben
Mit einem Streich den Tod,
So wäre doch kein Ende,
Kein Ende meiner Not.

Was sagt' ich? Weh mir!
Ah, ich weine!

Erbarm dich, Gott, erbarm dich meiner Leiden!
Himmel, sei gnädig, gib sie mir,
Gib sie mir und ohne Fehle,
Rein wie der holde Engel,
Der Hüter ihrer keuschen Seele.
Doch leuchtet ihre Reine
Nur mehr in trübem Scheine,
Lebt sie in Schmach und Schand',
Sei sie auf ewig vor meinem Aug' verbannt.

Amelia hat eine der Türen geöffnet und tritt ein

AMELIA
Du hier?

GABRIELE
Amelia!

AMELIA
Wer gab dir den Schlüssel?

GABRIELE
Und du, woher du?

AMELIA
Ich?

GABRIELE
Du betrügst mich,
Des Tyrannen Geliebte.

AMELIA
Oh, nicht weiter!
Er beschützt mich.

GABRIELE
Nein, er liebt dich.

AMELIA
Mit reiner Liebe!

GABRIELE
Und du?

AMELIA
Ich lieb' ihn nicht minder - - -

GABRIELE
Und ich hör' statt dich zu tüten?

AMELIA
Gabriele, o glaub mir: dein bin ich.

GABRIELE
Amelia!

AMELIA
Geliebter, mein Geheimnis wird bald dir enthüllt.

Duett

GABRIELE
Rede, dass ich aufs neue
Dir darf Vertrauen schenken.
Schweige nicht länger, löse die Zweifel,
Die schwer mir ins Herz sich senken.
Gib Leben oder Tod mir nun,
Mitleid verlang' ich nicht.

AMELIA
Bann aus der Brust den Zweifel!
Schenk meiner Liebe Glauben,
Wer könnte je dein Bild
Mir aus dem Herzen rauben?
Sorge und Gram umdüstre nicht
Der Liebe Himmelslicht.

AMELIA
Es kommt der Doge.
Du musst jetzt fort.
So geh doch!
Dich erwartet der Henker.

GABRIELE
Nein, ich sterbe gern.

AMELIA
So will gemeinsam mit dir ich sterben,
fühlst du nicht Mitleid mit meiner Not.

GABRIELE
Mit dir Erbarmen?
Nun mög' das Schicksal sich schnell vollenden!
Das ist sein Tod.

AMELIA
Ich hör' ihn, so gehe, hab Mitleid mit meiner Not.
Fühlst du nicht Mitleid,
Geh' ich gemeinsam mir dir zum Tod.

GABRIELE
Das Schicksal fordert seinen Tod!

Amelia drängt Gabriele durch die Türe zur Kerkertreppe, hinter welcher er aber lauernd bleibt


Finale II
Szene und Schlusssterzett


DOGE
tritt ein, ein Pergament lesend
Tochter?

AMELIA
So traurig, lieber Vater?

DOGE
Du täuschst dich.
Du aber weintest.

AMELIA
Ich?

DOGE
O ich kann die Ursaeh' deiner Tränen verstehen.
Du sagtest selber: Liebe.
Gesteh mir's: verdient er sein Glück,
Der Liebling deines Herzens?

AMELIA
O Vater, kein einz'ger hier in Genua
Gleicht ihm an Kühnheit.

DOGE
Wer ist es?

AMELIA
Adorno.

DOGE
Er ist mein Todfeind.

AMELIA
Vater!

DOGE
Sieh hier geschrieben seinen Namen!
Im Bund mit den Welfen!

AMELIA
Gott! Verzeih ihm!

DOGE
Ich kann nicht.

AMELIA
Verzeih ihm!

DOGE
Ich kann nicht, ich kann nicht.

AMELIA
So lass mich sterben!

DOGE
Liebst du ihn so sehr?

AMELIA
Ja, mit glühender, unendlicher Lieb'!
Zur Kirche sollst du uns führen -
Verwehrst du's, so treff uns beide
Vereint des Henkers Todesbeil.

DOGE
verzweifelt
O entsetzliches Schicksal!
Du bist zerronnen, süsse Hoffnung!
Meine Tochter gefunden
Und an meinen Feind verloren!
zu Amelia gewendet:
Amelia, wenn er bereute -

AMELIA
Das wird er.

DOGE
- könnt' ich ihm Gnade wohl...

AMELIA
Vater, du guter!

DOGE
Geh zur Ruhe, ich muss den Morgen hier erwarten.

AMELIA
Lass dir zur Seite mich wachen!

DOGE
Nein, geh zur Ruhe!

AMELIA
Vater!

DOGE
Ich wünsch' es

AMELIA
links abgehend
O Himmel! Wie ihn erretten?

DOGE
allein
Doge, erweist du noch immer nichts
Als Milde den Verrätern?
Allzuviele Gnade entwertet die Strafe.
Müd' bin ich und durstig.
giesst vom Krug in die Tasse und trinkt
Selbst das Wasser der Quelle
Schmeckt dem Munde des Herrschers bitter!
O Leid!
Mein Herz, wie bange, wie müd' die Glieder...
O Gott! Nur schlafen!
Er hat sich niedergesetzt und beginnt einzuschlummern
O Amelia, Freundin meines Feindes!
Gabriele tritt vorsichtig ein, nähere sieh dem Dogen und betrachtet ihn

GABRIELE
Er schlummert!
Warum zaudre ich zu handeln?
Befällt mich Scheu und Furcht?
So schwach ist mein Entschluss?
Da schläfst du, Alter!
Des armen Vaters Henker du und mein Rival...
Sohn des Adorno:
Deines Vaters Schatten ruft dich laut zur Rache!

Er zieht seinen Dolch und will den Dogen durchbohren

AMELIA
hervorstürzend, mit verhaltener Stimme
Gabriele!
Sie wirft sich schnell zwischen Gabriele und den Dogen
Einen Mann zu erschlagen im Schlafe

GABRIELE
Lass mich los! Er verdient seine Strafe!

AMELIA
Was ich und Simone empfinden,
Kann die Liebe zu dir nicht berühren.

GABRIELE
Wer es glaubte!

AMELIA
Schnell fort mit dem Messer,
Komm, er hört uns, komm!

GABRIELE
Mich feige ergeben?

DOGE
erwachend und sich Gabriele entgegenwendend
Hier am Herzen,
Hier triffst du mich besser!

GABRIELE
Für mein Blut muss nun Blut wieder fliessen!

DOGE
Steht es so?
Wer schloss auf dir jene Türe?

AMELIA
Nicht ich.

GABRIELE
Nie geb' den Namen ich preis.

DOGE
Du gestehst auf der Folter.

GABRIELE
Den Henker und die Folter veracht' ich.

AMELIA
Hör mich, Gott!

DOGE
Gerächt ist dein Vater im Grabe,
Kommt auch mir diese Blutschuld nicht zu,
Denn du nahmst mir das Liebste auf Erden,
Meine Tochter

GABRIELE
Ihr Vater bist du?
Du! Ihr Vater?
Verzeih, verzeih, Amelia!
In eifersücht'gem Wahne ist's geschehen.
Doge, ich war blind
Und muss vor dir nun hier als Mörder stehen.
Nimm mir das Leben,
Nicht wag' zu dir ich aufzuschaun.

DOGE
Darf ich ihn retten? Darf ich verzeihn?
Oh, darf ich denn die Hand dem Feinde reichen?
Ja, Friede strahl auf Genua, der alte Hass soll Weichen.
Ich will Italiens Friedensmal auf meinem Grab erbaun.

AMELIA
Mutter, du kannst vom Himmel
Auf mich herniedersehen,
Mögst du für seine Seele beim Heiland um
Gnade flehen.
Er hat sich schwer mit Schuld bedeckt,
weil er zu viel geliebt ...

GABRIELE
Ein Mörder nur bin ich, ein Mörder.
Nimm mir das Leben, nicht wag' ich aufzuschaun.

CHOR
anfangs aus weiter Ferne und sich erst allmählich nähernd
Zum Kampf, zum Kampf, Genuesen, hört,
Uns tuft die heil'ge Sache.
Hell lodert auf des Volkes Zorn,
Es kam die Nacht der Rache.
Vorwärts, Kampf und Verderben!
Vorwärts, zum Kampfe!

AMELIA
zum Balkon laufend
O höre!
Der Kampfruf der Patrizier!

GABRIELE
Hör deine Feinde!

DOGE
Ich höre.
Geh! Die Deinen rufen!

GABRIELE
Ich soll stehn isn Kampf gegen dich?
Nein, nie!

DOGE
Dann geh zu ihnen, bewege sie zum Frieden,
Dass morgen früh die Sonne nicht strahle
Auf der Brüder Leichen.

GABRIELE
Ich kämpf' auf deiner Seite,
Wenn sie nicht deine Milde schon entwaffnet.

DOGE
Amelia nimm zum Lohne!

AMELIA und GABRIELE
O Tag der höchsten Freude.

CHOR
Zum Kampfe!
Der Welfen Fahnen sollen wehn
Von des Tyrannen Turme!
Auf des gekrönten Dämons Haupt,
Frisch auf, setzt an zum Sturme!
Zum Kampf, zum Kampf, zum Kampfe,
Uns ruft die heil'ge Sache,
Hell lodert auf des Volkes Zorn,
Es kam die Nacht der Rache.
Zum Kampfe, zum Kampfe!

DOGE und GABRIELE
Zum Kampfe!

AMELIA
Friede!

DRITTER AUFZUG
Im Innern des Dogenpalastes

Prospekt mit grossen Öffnungen, durch die man auf das festlich erleuchtete Genua blickt. Im Hintergrund das Meer.

CHOR
hinter der Szene, bei geschlossenem Vorhang
Es lebe der Doge!
Victoria! Victoria!

Der Vorhang hebt sich schnell

KAPITÄN DER ARMBRUSTSCHÜTZEN
Fiesco seinen Degen zurückgebend
Geh, du bist frei.
Hier deine Waffe.

FIESCO
Und der Adel?

KAPITÄN
Geschlagen!

FIESCO
O trüber Freiheitstag!

Paolo inmitten von vier Wachsoldaten tritt auf

FIESCO
zu Paolo
Wie! Paolo?!
Zwischen den Schergen?

PAOLO
stehenbleibend
Ja, man schleppt mich zum Tode.
Mein böser Dämon
Trieb mich in die Reihen der Rebellen,
Doch man erkannte mich.
Verurteilt hat Simone mich jetzt;
Aber vorher hab' ich
Boccanegra schon verdammt zum Tode!

FIESCO
Was sagst du da?

PAOLO
Meinem Gift, des bin ich sicher,
Wird er heut' noch erliegen!

FIESCO
Du Schurke!

PAOLO
dumpf
Vielleicht ging er mir schon voraus ins Grab!

CHOR
hinter der Szene
Herab aus hohen Sphären
Beschirm' euch Gottes Hand;
Mög' Liebe nun bescheren
Den Frieden unserm Land!

PAOLO
Ah, wie grässlich!
Das hochzeitliche Lied quält und verfolgt mich.
Hörst du? Aus der Kirche!
Gabriele Adorno nimmt dort die Frau,
Die ich entführte...

FIESCO
Amelia?
So warst der Räuber du?
Das Schwert ziehend
Satan!!

PAOLO
Erschlag mich!

FIESCO
in der Bewegung innehaltend
Das hoffe nicht.
Du bleibst dem Beil des Henkers!

PAOLO
den Chor vernehmend
Wie grässlich! Das Lied!

Die Wachen ziehen Paolo fort

FIESCO
O feige Untat!
Nein, Simon, nicht solche Vergeltung wollt' ich;
Eines andern Endes wert war dein Leben.
Käme doch der Doge!
Erlebt' ich doch die Stunde,
Die ich lang ersehnte!

Zieht sich in eine dunkle Ecke zurück.

Der Kapitän mit einem Trompeter tritt auf.

KAPITÄN
auf dem Balkon, zum Volk gewendet
Bürger Genuas!
Auf Anordnung des Dogen verlöscht
Jetzt eure Fackeln!
Entehrt nicht länger mit Triumphgesängen
Die toten Helden!
Der Kapitän entfernt sich, gefolgt vom Trompeter


Szene und Duett

DOGE
tritt ein. Nach langer Pause
Mein Kopf brennt wie Feuer!
Wie eine gift'ge Schlange
kriecht mein Blut durch die Adern!
Ah! Hier zu atmen
Liebliche Düfte des endlosen Himmels!
Süsse Erfrischung!
Meeres laue Lüfte!
Das Meer, das Meer ... das weite Meer!
Wie doch, wenn ich es sehe,
An Ruhm und an erhabene Gefühle
Mich Erinn'rung beseligt!
Das Meer, das Meer!
Ah, warum fand in seinem Schosse
Längst ich nicht schon Ruhe?

FIESCO
sich Simone nähernd
Das wär' besser für dich!

DOGE
Wer redet so zum Dogen?

FIESCO
Der ihn nicht fürchtet

DOGE
nach rechts rufend
Wachen!

FIESCO
Du rufst vergebens, denn hier stehn keine Wachen.
Du sollst mich töten,
Doch erst mich hören!

DOGE
Wohlan!

FIESCO
In des Festes laut jubelndem Treiben
Werden Zeichen unheimlich erscheinen...
Und die Hand eines Geistes wird schreiben
Dort dein Urteil mit Blut an die Wand.
Deinem Sterne erbleichen die Strahlen,
Und in Staub wird dein Purpur zerfallen,
Und am Ende besiegt dich der Tod,
Den du selbst deinen Opfern so feige gesandt!

DOGE
Was für Reden?

FIESCO
Du hörtest sie schon einmal.

DOGE
Und wann?
Erwachen aus dem Grab die Toten?

FIESCO
Erkennst du mich nicht mehr?

DOGE
Fiesco!

FIESCO
Simone, die Totgeglaubten grüssen dich!

DOGE
O Heiland! Erfüllt sich endlich
Der Traum dieser Seele!

FIESCO
Gleich einem Geisterbild steht Fiesco hier,
Den alten Hass zu rächen an dir!

DOGE
Ein Friedensbote soll Fiesco mir sein,
Zu Freunden möge ein Engel uns weihn!

FIESCO
Zu Freunden?

DOGE
Du wolltest mir dereinst verzeihen

FIESCO
Ich?

DOGE
...könnt' ich je dir die Waise wiedergeben,
Die ich wähnte verloren schon fürs Leben.
In Amelia Grimaldi sieh die Waise,
Und Maria ist ihr wahrer Name!

FIESCO
Gott!
Warum so spät, so spät die Wahrheit?

DOGE
Du weinst ja! ... Du weinest!
Ah! So wende nicht ab dein Auge!
Du weinst ... du weinst

FIESCO
Ich weine, weil heut' ich höre
Die Botschaft höchster Gnade.
Gross ist des Vorwurfs Schwere,
Den solches Mitleid birgt.

DOGE
Bleib mir in Freundschaft verbunden,
O du Marias Vater,
Balsam lindert meine Wunden,
Da du mir verzeihst.

FIESCO
O Gott! Du bist des Todes!
Ach, ein Verräter hat Gift dir gereicht!

DOGE
In meiner Seele vernehm' ich
Den Ruf der Ewigkeit.

FIESCO
Warum dies Ende?

DOGE
Doch sie kommt...

FIESCO
Maria...

DOGE
Schweige ... nichts reden...
Zum letzten Male sei sie mir gesegnet!
Der Doge setzt sich erschöpfl nieder - Amelia und Gabriele erscheinen, gefolgt von Damen, Edelleuten, Senatoren, Pagen mit Fackeln

Finale III

AMELIA
Mein Vater!

DOGE
Komm!
Führt sie zu Fiesco

GABRIELE
für sich
Fiesco!

AMELIA
zu Fiesco
Du hier?

DOGE
Erkenne in ihm Fiesco,
den schwergeprüften Vater
Deiner armen Mutter,
Die mir verlobt war.

AMELIA
Er?...
Ist's wahr?...

FIESCO
Maria!

AMELIA
O Freude!
Ist endlich Feindschaft und Hass beendet?

DOGE
schwer
Ja, alles, alles endet!

AMELIA
Welch ein trauriges Wort
In all dem Glücke dieser Stunde.

DOGE
Maria, sei mutig und sei gefasst, zu leiden...

AMELIA und GABRIELE
Gefasst zu leiden..., und warum?

DOGE
Simones letzte Stunde ist da!

AMELIA
Was sagst du?

DOGE
Gott vergönnt mir, dir am Herzen,
Maria, den letzten Hauch zu tun.

AMELIA
O teurer Vater!

Der Dogs erhebt sieh, legt die Hände auf die Häupter Amelias und Gabrieles und wendet den Blick zum Himmel

DOGE
O sende deinen Segen,
Mein Gott, auf sie voll Gnade.
Aus meinem Dornenpfade
Mögen ihnen nur Blumen erblühn.

AMELIA
Nein, nicht der Tod, o Vater,
Neues Leben wird dir Gott bescheiden.
Antwort wird von oben
Durch Gnade meinen Leiden!

GABRIELE
Vater, o Vater, meine Reue
Will das Herz mir zerreissen.
Muss denn in Trauer enden
All unsrer Liebe frohe Zeit?

FIESCO
Ein jedes Glück auf Erden
Ist nichts als eitles Wähnen.
Ein breiter Strom von Tränen
Quillt aus des Menschen Herz.

DOGE
Leb wohl, o Tochter, ich sterbe,
Drücke mich im Tode ans Herz!

AMELIA und GABRIELE
Stirb uns nicht, stirb uns nicht!

CHOR
Ja, es ist wahr, alles ist Leid
In diesem Leben.
Von Gott ist uns gegeben
Der Schmerzen Trauerkleid.

Lange Pause

DOGE
Senatoren!
Die Senatoren treten näher
Bejaht das letzte Votum!
Die Krone des Dogen verleih' ich weiter,
An Gabriele Adorno.
Du, Fiesco, setz sie ihm aufs Haupt! -
Maria!!!
Er scheint noch sprechen zu wollen, vermag es aber nicht mehr. Er legt nochmals die Hände aufs Haupt Amelias und Gabrieles und stirbt

AMELIA und GABRIELE
vor der Leiche kniend
Vater! ... Vater!

FIESCO
geht auf den Balkon, gefolgt von den Senatoren und Pagen
Genueser!
In Gabriele Adorno
Begrüsset euren neuen Dogen.

CHOR
vom Platze her
Nein ... Boccanegra!!!

Das Volk dringt in den Saal. Entsetzen beim Anblick des Toten

FIESCO
- - - ist tot!
Bittet für ihn um Frieden!

ALLE
Friede mit ihm!