Faust dreht leer

Tobias Gerosa, Blick (10.03.2008)

Faust (Margarethe), 08.03.2008, Basel

Ein Akt Spektakel plus ein Akt Konzentration plus zwei Akte modisch dekorierte Konvention gleich vier Akte Uneinheitlichkeit.

Am Theater Basel stellt Regisseur Philipp Stölzl die Oper «Faust» dorthin, wo Komponist Charles Gounod seine französische Version 1859 haben wollte: Weit weg von der Tiefe Goethes, nahe beim Rührstück des Boulevards.

Das liegt nahe, wenn jemand wie Stölzl über Musikvideos für Mick Jagger, Rammstein oder Madonna zur Oper gefunden hat.

Riesig ist der Zylinder, um den sich die Bühne wie ein Karussell dreht. Das ist effizient: Dekorationen und wer fertig gesungen hat, wird einfach nach hinten gefahren. Die drastischen Bilder überwältigen, doch Stölzl schafft damit nicht mehr als eine lange öde Nacherzählung der Handlung, in der Faust einen Pakt mit Méphistopheles eingeht, dafür Jugend und Liebe zurückbekommt und Marguerite ins Unglück stürzt.

Warum? Das fragt man sich besser nicht. Weder beim Auftritt Marguerites auf Rollschuhen (Stürze bei der Premiere: anderthalb) noch bei den Kindermasken des in Standbilder gefrorenen Chores.

Berührend wirds erst am Schluss, wenn Marguerite ihr Baby tötet und dann selber den Tod der «Rettung» durch Méphisto und Faust vorzieht. Hier singt sich Maya Boog eindrücklich frei und gestaltet wunderbar intensiv. Faust und Méphisto bleiben vor allem szenisch blass.

Wenigstens sorgen Dirigent Enrico Delamboye und das Sinfonieorchester Basel für musikalische Einheitlichkeit: Warm im Klang und federnd elegant bewahren sie den Abend vor dem Abgleiten in den Kitsch. Trotzdem: Nach den aufregenden letzten Basler Opernproduktionen ist dieser «Faust» ein Rückschritt.