Liebesbeweis Ehestreit

Frank Gerber, Blick (11.03.2008)

Intermezzo, 09.03.2008, Zürich

Ein Skiunfall, ein bisschen Ehebruch, und der Gemahl bezahlt den Gigolo seiner Frau. Eine wahrhaft glückliche Ehe.

Kennen Sie eine Operette von Strauss? - Klar, Fledermaus, Wiener Blut ... - Nein, nicht von Johann, sondern von Richard Strauss. - Der hat doch keine Operetten geschrieben!

Vielleicht doch. Richard Strauss (1864 - 1949) ist bekannt für schwere Opern und für Musik, die manchmal etwas «falsch» tönt. Er ist nicht verwandt mit dem Wienerwalzerkönig Johann Strauss.

Mit «Intermezzo» (Uraufführung 1924) will Richard Strauss die
Oper neu erfinden. Aber er hat damit die Operette neu erfunden. Das grandiose Stück enthält alles, was diese Gattung ausmacht: gesprochenen Text, parodierte Tanzmusik und eine anzügliche Handlung im bürgerlichen Milieu.

Christine und Robert Storch, ein völlig normales Paar: Sie stänkert den ganzen Tag, er flüchtet sich auf Geschäftsreise. Eines Tages trifft Christine mit dem Schlitten -wortwörtlich - auf den Skifahrer Lummer. Oh, ein junger, hübscher Baron! Doch der will plötzlich Geld für die anregenden Gespräche auf dem Sofa mit der einsamen Frau.

Ein Unglück kommt selten allein. Christine öffnet einen Brief, der an ihren Mann adressiert ist. Eine Mieze Maier lädt ihn zum Rendezvous. Untreue! Scheidung! Doch der Brief ist ein Missverständnis, die Eheleute versöhnen sich, Robert bezahlt sogar die Dienste des Ski-Barons. Aber das Stück endet mit einem Fragezeichen: «Gelt, das nennt man doch eine glückliche Ehe?»

Strauss hat das schwungvolle Libretto selber geschrieben. Nach einer Begebenheit in seiner eigenen Ehe. «Intermezzo» wird selten gespielt, in Zürich zum letzten Mal 1950. Das ist schade! Lange Zeit galt die Handlung als zu anrüchig. Erstaunlich: In Strauss' viel gespielter «Salome» hat die Titelheldin einen Orgasmus, als sie den Kopf des geköpften Widersachers küsst. Aber der klitzekleine Ehebruch in «Intermezzo» geht vielen zu weit.

Musikalisch findet Strauss einen neuen Weg. Er trennt Gesang und Musik: Der Sprechgesang ist geradlinig und dezent orchestriert, dazwischen bombastisch-sinfonische Zwischenspiele ohne Gesang. Das hat den Vorteil, dass die Dialoge ganz opernuntypisch natürlich und gut verständlich rüberkommen.

Regisseur Jens-Daniel Herzog fokussiert auf die zänkische Hausfrau in ihrem goldenen Käfig. Nur einmal greift er völlig daneben: Christine versucht - wie die griechische Medea -, ihr Kind zu töten. Der Regieeinfall passt ganz und gar nicht zur «Charakter- und Nervenkomödie».

Ansonsten: ein wunderbar gelungener Abend. Dank toller Sänger-Darsteller. Nur selten ist Oper (Operette?) so amüsant, so leicht verständlich. Und so voll aus dem Leben gegriffen.