Schlacht am Flughafen

Frank Gerber, Blick (17.06.2008)

Rinaldo, 15.06.2008, Zürich

Wie ein Fels in der Brandung steht das Opernhaus in der Fanmeile. Doch nicht alle Musikfreunde haben den Weg auf die EM-freie Rettungsinsel gefunden.

Auf dieser Rettungsinsel in Form einer Drehbühne gehts nicht weniger kämpferisch zu als bei Schweiz - Portugal. Und auch bei «Rinaldo» von Georg Friedrich Händel (1685-1759) gewinnen am Schluss die Richtigen.

Während des ersten Kreuzzugs wird die Verlobte des christlichen Titel- und Kriegshelden vom Sarazenenkönig und einer Zauberin gekidnappt. Und muss befreit werden.

Das Opernhaus macht aus dem Kreuzzug einen Wirtschaftskrieg. Aktenkoffer-Anzugs-Träger sitzen in Hotelhallen und gehen im Flughafen aufeinander los.

Über diesen Einfall hinaus hat Regisseur Jens-Daniel Herzog zum Stück wenig bis nichts zu sagen. Aber er sagt es ganz wunderschön. Und mit Humor, obwohl es eine ernste Oper ist.

Die verführerischen Sirenen treten als Stewardessen auf. Mit Bewegungen, wie sie im Flugzeug den Weg zu den Notausgängen erklären, locken sie den Helden in die Falle. So ist dieser über dreistündige «Rinaldo» amüsant, nie langweilig, aber auch nicht berührend.

Viele Plätze sind frei geblieben, nach der Pause warens noch mehr. Aber wer geblieben ist, hat tüchtig geklatscht. Typisch für diese alten Barockopern: Man liebt die grandiosen Gefühlswallungen. Oder man verabscheut diese Musik als sentimentales Gedudel. Ein Dazwischen gibt es nicht.