Eine erfrischende Spielfreude

Sibylle Ehrismann, Zürichsee-Zeitung (08.09.2008)

Der Graf von Luxemburg, 05.09.2008, Winterthur

Zur Saisoneröffnung präsentiert das Opernhaus Zürich eine heitere Operette mit süffigen Melodien. Lehárs «Der Graf von Luxemburg» wurde an der Premiere in Winterthur begeistert aufgenommen.
Die Geschichte dreht sich um den reichen Russen Basil Basilowitsch, der nun in Paris lebt und unbedingt einen Adelstitel ergattern will. Dafür drängt er seine junge Geliebte, doch zuerst einen Grafen zu heiraten, sich nach drei Monaten wieder scheiden zu lassen und dann - als Gräfin - ihm sein Jawort zu geben. Doch wie es in solchen Verwirrspielen geht: Am Schluss lieben sich die beiden, die eine Scheinehe eingegangen sind, und bekommen sich auch. Und Basil Basilowitsch, eingeholt von seiner Vergangenheit in Russland, wird von seiner «Fürstin» aus St. Petersburg zurückgeholt.
Regisseur Helmuth Lohner lässt Franz Lehárs Geschichte ganz konventionell ihren Lauf. Das Bühnenbild von William Orlandi deutet konkrete Räume und den grosszügigen Saal im Moulin Rouge an, und die ebenfalls von ihm entworfenen Kostüme sind glitzrig und keck. Stark gefordert wird dabei der Chor, der die Partygesellschaft mimen muss, unterstützt von einigen Tänzerinnen und Tänzern. Der Chor muss sich nicht nur in den extravaganten Kostümen gut bewegen, er ist auch stark präsent und hat erst noch schlagkräftige Chöre zu singen. Auch wenn an der Premiere die Koordination im szenischen Faschingstumult manchmal noch etwas wackelte, Ernst Raffelsberger hat den Chor gut vorbereitet, und die Choreografie von Beate Vollack zog die tänzerischen Elemente fliessend durch und setzte - wie etwa im Tanz der Dienstboten - charmante Höhepunkte.

Genau dosierter Schmelz

Für den musikalischen Schwung und den süffigen Klang sorgte Ralf Weikert am Pult des Orchesters des Musikkollegiums Winterthur. Er dosierte den Schmelz genau, um seine Wirkung noch zu steigern, und begleitete die Sängerinnen und Sänger flexibel, um sie in heiklen Stellen mit betont markantem Rhythmus zu stützen. So konnten sich die jugendlich frischen Stimmen musikalisch frei und differenziert entfalten. Herrlich, wie Johan Weigel am Anfang im Faschingstumult den betrunkenen «König des Faschings» mimt, körperlich schwankend, stimmlich aber mit feinen Ausdrucksnuancen spielend. Und dann die Kehrtwende, sein Auftritt als entflammter Liebhaber, dem man die echten Gefühle durchaus abnimmt.
Etwas gar kultiviert singend trat in dieser Operette Christiane Kohl als herumgereichte Braut auf. Sie führte ihre Stimme sehr kontrolliert, hatte rhythmisch heikle Wechsel zu bewältigen und wirkte deshalb noch etwas gehemmt. Ihre besten Momente hatte sie im Liebesduett mit ihrem Mann, den sie ja nicht kennt, zu Beginn des zweiten Aktes, und im Wechselbad der Gefühle, als sie sich tatsächlich verliebt. Hier betörte sie mit weichem Schmelz und verinnerlichten Tönen.

Alter verliebter Gockel

Wie ein quirliger Wirbelwind fegte die kleine Rebeca Olvera als Juliette über die Bühne, mit leichter heller Stimme und grandioser Bühnenpräsenz. Sie bewegte sich tänzerisch virtuos und sang dennoch ohne Atemnot, und wickelte so den Maler Armand Brissard mit erotischem Charme um den Finger. Andreas Winkler verlieh diesem armen Armand mit seiner weichen Tenorstimme einen echt wienerischen Charme.
Und dann Peter Straka als Basil Basilowitsch. Schon seine Auftrittsarie war urkomisch, als alter verliebter Gockel. Mit überbetonten Akzenten und ab und zu auch treffend schräger Stimme mimte er den Basil auch mit körperlichen Gebrechen und einem umwerfenden Polkatanz in der Pariser Gesellschaft. Straka verlieh dieser doch etwas langweiligen Inszenierung Witz und Pfeffer, der mit dem markanten Auftritt seiner Ehemaligen, der Fürstin Stasa Kokozow, eine zusätzliche Pointe erhielt. Liuba Chuchrova hatte als russische Fürstin zwar nur wenige Auftritte im Schlussakt, sie zog aber alle Aufmerksamkeit auf sich und begeisterte mit starkem Charakter. So lebt diese Inszenierung hauptsächlich aus der erfrischenden Spielfreude der Sänger, die vom klang-üppigen Schwung des Orchesters des Musikkollegiums Winterthur gut getragen wurden.