Sänger top, Regie schwach

Flavia Giorgetta, NEWS (16.09.2008)

Lucia di Lammermoor, 14.09.2008, Zürich

Premiere von Gaetano Donizettis «Lucia di Lammermoor» am Opernhaus Zürich

Grosser Applaus für Elena Moşuc: Sie hat soeben bravourös die Arie der wahnsinnig gewordenen Lucia gesungen. Zu Beginn der Premiere von «Lucia di Lammermoor» hatte sie am Sonntag noch Probleme mit den hohen Tönen.

Vielleicht störte sie der Geist einer Ahnin, die – wie es Lucia geschehen wird – an ihrer Liebe zu einem Mann aus verfeindeter Familie zerbrochen war. Als weissgekleidete Todesbotin geistert sie über die Opernbühne – dieser Regieeinfall von Damiano Michieletto wirkt plump. Auch die an SS-Männer erinnernden Soldaten auf der Bühne wollen nicht zur Familienfehde passen, aus der eine Vernunftsehe Lucias führen soll.

Gelungenes Debüt

Ausgerechnet in Edgardo, den Todfeind ihres Bruders, hat sie sich verliebt; ewige Treue schwört sie ihm. Fingierte Briefe und falsche Zeugenaussagen führen Lucia dazu, den ihr zugewiesenen Mann doch zu heiraten und so die Ehre der Familie zu retten. Als Edgardo in die Hochzeitsfeier platzt, bleibt ihr nur der Wahn: Sie ermordet ihren Angetrauten (die Geisterfrau hat ihr demonstrativ den Dolch entgegengehalten) und stürzt sich in den Tod.

Zurück bleibt Edgardo: In seinem Rollendebüt spielt ihn der 31-jährige Vittorio Grigolo als grossen Liebenden, der seiner Rachsucht längst leid ist. Grigolo gehört der Abend: Er überzeugt durch seine nuancenreiche Interpretation und durch vollen Körpereinsatz – bis zum Entblössen der durchtrainierten Brust.