"Griechische Passion" in der Schweiz

Ernst Scherzer, Wiener Zeitung (12.11.2008)

The Greek Passion, 09.11.2008, Zürich

Dass gerade die Bregenzer Festspiele hierzulande als Einzige etwas vom Schaffen Bohuslav Martinùs (1999 "Griechische Passion", 2002 "Julietta") vermittelt haben, nimmt nicht Wunder: Vorarlberg liegt der Schweiz in gewisser Weise näher als das übrige Österreich; in Liestal bei Basel ist der Komponist, 69-jährig, 1959 verstorben. Der 50. Todestag im kommenden Jahr wird in unserem Nachbarland mit fünf Opern und zwei Balletten gebührend gefeiert werden, die Planungen in Bern, Biel-Solothurn, Luzern, Basel und Genf gehen bis 2012.

Unter diesem Gesichtspunkt ist der Auftakt am Opernhaus Zürich besonders erfreulich, wo 47 Jahre nach der am selben Theater stattgefundenen Uraufführung "The Greek Passion" – gesungen wird in englischer Sprache, die der ursprünglich in London geplanten Erstvorstellung des Werks geschuldet ist – neuerlich auf die Bühne kommt.

Als Hauptdarsteller für das in ihrem Dorf geplante Passionsspiel vom Priester auserkoren, verändern sich einige Bewohner innerlich und äußerlich. Die sich am wenigstens mit ihren Rollen anfreunden können, der Schafhirt Manolios als Christus und der Schmied Panait als Judas, sind die besonders tragischen Opfer ihrer Verwirrung. Der hohe Geistliche muss gar nichts spielen – er ist die Verkörperung der Hartherzigkeit gegenüber seinen ärmeren Landsleuten.

Vorgeführt wird ein zeitloses Spiel von Macht und Verführung, für letztere steht Katerina, die sich unversehens doch noch für die Maria Magdalena bereitfindet.

Dem Regisseur Nicolas Brieger ist es in der ausladenden Ausstattung durch Hans-Dieter Schaal und den konventionelle Kostümen Jorge Jaras nicht gelungen, die Wandlungen der im Grunde guten Menschen (die bösen bleiben ohnehin böse) überzeugend nachzuvollziehen. Ihre Läuterung findet nur statt, weil es in ihrem – deutsch übertitelten – Text so vorgegeben wurde.

Gesanglich freilich bleiben besonders bei Alfred Muff (Priester), Roberto Saccà (Manolios) und wohl auch Emily Magee (Katerina) kaum Wünsche offen.

Prächtig singen die von Jürg Hämmerli und Ernst Raffelsberger einstudierten Chöre, der norwegische Dirigent Elvind Gullberg Jensen ist beinahe eine Entdeckung. Am Beginn mit seinem Orchester noch allzu wuchtig auftrumpfend, gelingt ihm im Verlauf des vom Premierenpublikum beifällig aufgenommenen Abends eine breite Auffächerung des schillernden Farbenreichtums, den Martinus Partitur enthält und deren gute Kenntnis sich vor allem bei der Begleitung der Sänger positiv auswirkt.