Polternder Opern-Klamauk statt leichtfüssiges Melodram

Alfred Ziltener, Die Südostschweiz (08.12.2008)

L'Elisir d'amore, 06.12.2008, Bern

Das Stadttheater Bern hat Gaetano Donizettis Oper «L'Elisir d'Amore» herausgebracht. Bei der Premiere am Samstag zeigte sich, was Regisseur Aron Stiehl daraus gemacht hat: einen Schwank ohne Charme.

Als betriebsame Farce hat das Stadttheater Bern Gaetano Donizettis Oper «L'Elisir d'Amore» herausgebracht. Regie führte Aron Stiehl. Dorian Keilhack, seit dieser Spielzeit Erster Kapellmeister am Haus, dirigierte. «Nur nichts ernst nehmen!» scheint sich der Regisseur gesagt zu haben - mit einem gewissen Recht. Die Geschichte vom Bauernburschen Nemorino, der sich vom Quacksalber Dulcamara einen Bordeaux als Liebestrank andrehen lässt, um die Zuneigung der koketten Adina zu gewinnen, ist ja kaum glaubwürdig. Stiehl will sich also einen Jux machen - leider ist ihm dabei jedes Mittel recht, kein Gag zu plump und zu abgenutzt.

Die Soldatinnen des Sergeanten Belcore müssen pausenlos demonstrativ Kaugummi kauen. Adina verbringt den ersten Akt weitgehend in der Badewanne, bis Belcore auch einsteigt und über sie herfallen will. Später tummelt man sich im Pool, Adina steigt gleich im Brautkleid ins Wasser. So ähnlich haben wir das schon allzu oft gesehen.

Mit Wiederholungen nicht gegeizt

Überzeugende Einfälle wälzt Stiehl durch Wiederholungen platt. So tritt sein Dulcamara auf einer Showtreppe auf, umgeben von Tänzerinnen mit Straussenfedern - wie er es wohl im Berlusconi-Fernsehen Italiens gesehen hat. Die Provinzialität dieser Truppe wird aber mit so vielen Pannen wie mit Ausrufezeichen unterstrichen, dass die Idee jeden Charme verliert. Der Ausstatter Jürgen Kirner lässt die Geschichte in einem vage umrissenen Italien spielen. Die heruntergekommene Tankstelle, wo Nemorino seine Vespa poliert, erinnert an Filme des Nuovo Realismo. Belcore ist englischer Offizier und gehört offenbar zur antifaschistischen Befreiungsarmee. Hübsch ist der Einfall, seine Soldaten als Puppen an Fallschirmen im Hintergrund landen zu lassen.

So herrscht auf der Bühne bunte, oberflächliche Betriebsamkeit. Stiehl lässt Chor und Protagonisten oft automatenhaft agieren - warum immer -, hält diese Stilisierung aber nicht durch. Mehr Profil erhalten seine Figuren kaum. Das fällt besonders bei Adina ins Gewicht. Dass sie Nemorino insgeheim schon lange liebt, macht er im Finale des ersten Akts deutlich, doch ihre Wandlung gegen Schluss wird szenisch nicht plausibel. Hier bleibt das Spass-Konzept der Regie hinter Donizettis berührender Seelen-Musik zurück, welche die beiden jungen Leute über die Sphäre der Posse hinaushebt.

Durch die Partitur geprescht

Der vergröbernden Tendenz der Inszenierung entsprach an der Premiere Keilhacks Dirigat. Er legte der Partitur förmlich Stiefel an; erst im Lauf des zweiten Akts erhielt die Musik Leichtigkeit, Brio und Charme.

Auf der Bühne agierte ein solides Ensemble. Hélène LeCorre war eine sängerisch und darstellerisch blasse Adina, verfügt aber über leuchtkräftige Höhen und fand im Duett «Prendi per me sei libera» zu bewegenden Herzenstönen. Carlos Esquivel als Dulcamara sang sauber, gab der dankbaren Rolle allerdings kaum Profil.

Alexey Kudrya gestaltete den Nemorino mit hübschem, leichtem, beweglichem Tenor. Den Pavarotti-Hit «Una furtiva lagrima» sang er nicht als Bravourstück, sondern ganz zurückgenommen, von innen heraus, und erschloss so wieder seinen Sinn. Robin Adams war ein stimmiger Belcore: ein Macho wie aus dem Bilderbuch mit kräftigem, sicher geführtem Bariton. - Das Premierenpublikum zeigte sich am Schluss begeistert und bejubelte alle Mitwirkenden.