Vom Frosch geküsst

Christian Berzins, Aargauer Zeitung (17.10.2006)

Príhody Lisky Bystrousky, 15.10.2006, Zürich

So viel Fuchs war noch nie. So kann man denn jedem, der wieder einmal wissen will, wie man vor vielen, vielen Jahren Opern inszeniert hat, empfehlen, nach Zürich zu fahren. Dort wird Leos Janáceks «Das schlaue Füchslein» gezeigt, eine 1920 komponierte Oper über eine Füchsin, die . . . ja was eigentlich? Eine Füchsin, die ein Rädchen ist im Welt- und also auch im Menschengeschen und sich doch bewusst ist, dass ihr Tun etwas verändert? Oder zeigt das Tier den Menschen, allen voran dem vermeintlich bösen Förster, wie das Leben zu meis tern wäre? Ist diese Füchsin eine Freiheitskämpferin mit einer gesellschaftspolitischen Botschaft?

Janáceks «Füchslein» ist eine vielschichtige Oper für Erwachsene. Regisseurin Ka tharina Thalbach aber sieht die Oper als einfaches Märchen über den Lauf des Lebens. Sie spielt liebevoll mit der in uns schlummernden Kindersehnsucht und zaubert Bilder auf die Bühne, der keine natürlichen Schranken gesetzt sind: Sie lässt aus einem Wald Tiere und Tierchen, bald Pilze und Bäume wuseln, dass es jedem Naturfreund warm ums Herz wird (Ausstattung: Ezio Toffolutti). Die Menschen stören dieses Tierleben nicht, sind sie doch so theatralisch naiv gezeichnet, dass zwischen Huhn und Bäuerin, zwischen Dachs und Pfarrer wenig Unterschied besteht. Selbst der die Handlung lenkende oder gar denkende Förster bleibt eine kindliche Märchenfigur, tritt nie reflektierend aus der Handlung heraus.

Janácek hatte während der Entstehung seiner Oper geschrieben: «Ich versenke mich ganz in der Natur, aber ich ertrinke nicht darin.» Thalbach ertrinkt lustvoll darin, sie taucht die so vielschichtige Handlung in den moosigen und dämpfenden Waldboden. Jeder Versuch, sich wenigstens gedanklich daraus zu befreien, wird mit einem Froschflossenschlag zunichte gemacht.

Das Auge gewöhnt sich bald an das Tiergewusel und kann die Aufmerksamkeit dem anderen wichtigen Organ des Opernfreundes, dem Ohr, übergeben. Gut so, denn Dirigent Adam Fischer hat das Orchester bestens vorbereitet und versinkt überhaupt nicht in der Waldidylle: Schon zu Beginn dirigiert er sehr bestimmt, fächert auf, betont auch die dunklen Seiten. Und er begleitet die Sänger sehr aufmerksam: Martina Janková ist eine tolle Füchsin mit vielen Zwischentönen, Oliver Widmer (Jäger) kann all diesen Feinheiten wenig entgegnen. Judith Schmid machts als Fuchs besser und umgarnt die Füchsin szenisch charmant und stimmlich sicher.

Naturgemäss gabs viel Jubel - besonders für die Regisseurin.