Der perfekte Holländer

Frank Gerber, Blick (20.01.2009)

Der fliegende Holländer, 18.01.2009, Basel

Der Regisseur Philipp Stölzl (Film «Nordwand») inszeniert in Basel Wagners «Fliegenden Holländer».

Von dem Opernerlebnis wird man noch den Enkeln erzählen. Dieser «Fliegende Holländer» ist ein Traum. Im Wortsinn.

Ein Mädchen liest die Legende vom Geisterschiff. Sie schwärmt für den Kapitän. Bei der Lektüre schläft sie ein. Und träumt die Geschichte, die uns Wagner erzählt.

Genial ist die Umsetzung. In der Bibliothek, wo Senta ihr Nickerchen hält, hängt ein grosses Ölgemälde. Die Leinwand hebt sich, und dahinter spielt sich die Traum-Oper ab. Mit schwankenden Schiffen und flackernden Laternen.

Der Kapitän ist dazu verdammt, bis in alle Ewigkeit auf den Meeren umherzusegeln. Nur eine Frau, die ihm treu bleibt, kann ihn erlösen. Aber da gibts ein Problem: Er darf nur alle sieben Jahre an Land.
Philipp Stölzl schafft es, aus der abstrusen Legende eine packende Story zu machen. Die Spannung steht einem Kinofilm in nichts nach.
Die Opern-Kenner waren begeistert. So einen tosenden Jubelapplaus gabs schon lange nicht mehr. Aber- und das ist das Spezielle: Die Produktion hat das Zeug dazu, auch Wagner-Anfänger und Wagner-Muffel mitzureissen.

Das frühe Werk (1843) ist kurz: zweieinviertel Stunden (ohne Pause). Aber alles Wagner-Typische ist schon drin. Und auch der Gassenhauer «Steuermann lass die Wacht».

Das Orchester und die Solisten meistern die schwierige Musik, als wärs ein Kinderspiel. In dieser Perfektion verliert das urdeutsche Werk seine magenbelastende Schwere.

Die Partien sind so anspruchsvoll, dass nur wenige sie singen können. Drum kann man die Solisten nicht auch noch nach ihren äusseren Qualitäten aussuchen. Regisseur Stölzl umschifft auch diese Klippe. Er stellt der singenden Senta (Krisi Tiihonen) eine junge Schauspielerin zur Seite, die sich - im Traum der «alten» Senta - in den hübschen Kapitän (Alfred Walker) verliebt. Dieser wird dafür von einem vergreisten Alter Ego im «richtigen Leben» vertreten.

Besser kann Oper nicht werden.