Seeräuber-Jenny

Tobias Gerosa, St. Galler Tagblatt (20.01.2009)

Der fliegende Holländer, 18.01.2009, Basel

Das Theater Basel bleibt die spannendste Schweizer Opernbühne, auch mit dem neuen «Fliegenden Holländer» Richard Wagners. Regisseur Philipp Stölzl deutet das Stück ganz aus der Perspektive Sentas. Als höhere Tochter erstickt sie im grossbürgerlichen, seemannslosen Korsett ihres Vaters Daland. Nur als Traum, als romantische Vorstellung erscheint der Holländer: Ein schwarzer Pirat als Inkarnation alles geheimnisvoll Fremden. Wie die Seeräuber-Jenny in der Dreigroschenoper erträumt sich Senta von ihm nicht nur Rettung, sondern auch Rache und das Andere an sich. Eine ausgesprochen geschickte Verbindung von romantischer und psychologischer Sicht! Bildnerisch wird das mit einem belebten Bild im Bild bestechend umgesetzt, doch Dirigent Friedemann Layer findet den gesuchten Mittelweg zwischen schlanker Romantik und Wagner-Wucht noch nicht immer. Das erfreulich textverständlich singende Ensemble um Alfred Walkers differenzierten Holländer hält durchwegs ein hohes und engagiertes Niveau. Schade nur, dass Kirsi Tiihonens Senta optisch so gar nicht zum jungen Mädchen passt – funktioniert eine Inszenierung so filmisch, fällt das Äussere der Darsteller ins Gewicht.