Dicht und durchhörbar

Verena Naegele, Basler Zeitung (03.03.2009)

La fedeltà premiata, 01.03.2009, Zürich

Haydn-Oper neu in Zürich

Mit «La fedeltà premiata» setzt das Opernhaus Zürich dank der Inszenierung von Jens-Daniel Herzog einen Glanzpunkt im Haydn-Jahr.

In Zürich ist der Schauplatz von Haydns Schäferspiel ein schneeweisser Sektentempel aus den 1970-er-Jahren. «Willkommen in Cumano» lächelt Guru Melibeo in Jens-Daniel Herzogs Inszenierung mit weissem Bart aus einem Monitor über dem Palastportal herab. Die Schrift ist übersetzt in alle erdenklichen Sprachen, wobei auch gleich noch das Konto zur Spendenüberweisung eingeblendet wird (Ausstattung Mathis Neidhardt). Die in allen möglichen Rot- und Rosafarben gekleideten Cumaner tanzen ekstatisch zu Haydns Musik.

Dirigent Adam Fischer peppt diese Musik mit grosser Lust auf und liefert die adäquate Stimmung zu dem umwerfend komischen Szenario. Da wird mit Farbigkeit und Transparenz gespielt, es ergeben sich Kontraste zwischen herben Naturhörnern und moderner, wunderbar tragender Querflöte, lyrische Arien wechseln mit explosiven, und die drei Kettenfinali mit Ensembles bis zum Septett berauschen in ihrer Dichte und Durchhörbarkeit, die auch dank der exzellent singenden Sängercrew stets gewahrt ist.

ironie. «Erlaubt ist, was gefällt», heisst das Sektenmotto. Doch wehe denen, die wie Fillide und Fileno durch gegenseitige Liebe ausbrechen – sie büssen mit dem Tod. Was zuerst wie eine Persiflage wirkt, wird zur bissigen Ironie. Regisseur Herzog stellt leicht überzeichnete, aber stimmige Typen auf die Bühne. Da ist der grossartig agierende Christoph Strehl als Lindoro mit dicken Brillengläsern und schlacksig überdrehten Bewegungen, oder der Dandy Perrucchetto (Gabriel Bermúdez), der mit kokettem Schnauzbart die Frauen bezirzt und am Schluss sterben soll.

Und dann die Frauen. Zuerst Amaranta (Eva Mei), die mit Perrucchetto «will» und sich beim Seelenfänger Melibeo (Carlos Chausson) einschleimt, dann Nerina (Sandra Trattnigg) mit flatterhaftem Wesen. Selbst Fillide, von Martina Janková elfenhaft mit leicht vibrierendem Sopran gespielt, kann sich der freien Liebe nicht entziehen. Nur Fileno (Javier Camarena mit Verve) widersetzt sich den rigiden Sektenregeln und befreit damit die Zwangsgemeinschaft. Mit einer augenzwinkernden Diana lässt Herzog seine durch alle Niederungen menschlichen Handelns durchtragende Sektenstory enden.