Reigen der Stars

Verena Naegele, St. Galler Tagblatt (01.04.2009)

Tosca, 29.03.2009, Zürich

Tosca in Zürich: Das ist nach dem Theaterdonner um den Dirigenten eine grosse Sängershow von und für Thomas Hampson, Emily Magee und Jonas Kaufmann.

Es war das grosse Tohuwabohu um den Dirigenten in Zürich: Zuerst sollte Michael Tilson Thomas dirigieren, dann Christoph von Dohnanyi. Doch dieser schmiss letzte Woche das Handtuch, weil er sich offensichtlich weder mit den Sängern verstand noch mit der Regie klarkam.

So dirigierte Paolo Carignani, solide und den grossen Bogen durchaus haltend, aber – verständlicherweise – ohne Finessen und mit etlichen Unsauberkeiten im Orchester. Es fehlten an der sonntäglichen Premiere die Zwischentöne, das Rezitativisch-Melodramatische, das auch in dieser wuchtigen Partitur drinsteckt.

Divenkult à la Callas

Keine optimalen Voraussetzungen also für die Rollendébuts der Stars Thomas Hampson und Emily Magee und für eine Inszenierung, über die man nur staunen kann. So konventionell banal wie Robert Carsens Sichtweise, die sich am Divenkult um die «Callas-Tosca» orientiert, kam schon lange keine Regie mehr daher. Da gibt es antike Kirchensäulen, Cavaradossi arbeitet an einem weiblichen Konterfei, das nach Kitsch förmlich riecht (Ausstattung Anthony Ward). Und Tosca erscheint stets in grandiosen, ihre üppigen Formen erotisch betonenden Roben und mit weiblichen Allüren, auf die die Männer nur so fliegen. Ein Kammerspiel dreier dominierender Figuren, neben denen der Rest reinste Staffage ist.

Zum Schluss dann der Gag: Nachdem Tosca elegant von der Engelsburg abgeflogen und der Vorhang gefallen ist, erscheint sie nochmals auf der Bühne, wird von livrierten Dienern mit Rosen beschenkt und signalisiert so das perfekte «Theater im Theater». Es scheint, als ob Regisseur Carsen seinem Mut zum Herkömmlichen nicht trauen würde, obwohl es gekonnt ins Szene gesetzt ist und den Sängern einen perfekten Tummelplatz bietet.

Musik ist Trumpf, da wird nach Herzenslust gesungen, gespickt mit unkonventionellen Tönen. Emily Magee gibt eine Tosca mit Kraft und Leidenschaftlichkeit, gerade auch in «Vissi d'arte», die sie mit gewaltiger Emphase an der Rampe singt. Magees Stimme ist brillant in der Dramatik, und sie scheut auch unsaubere Töne nicht, sofern sie zur Stimmung passen.

Männliches Kontrastpaar

Tosca agiert zwischen und neben Cavaradossi und Scarpia, von denen sie gleichermassen angezogen ist und die gegensätzlicher nicht sein könnten. Thomas Hampson gibt den vom Salzburger Germont her bekannten, jovialen Gentleman in Schwarz, hier allerdings mit abgründiger Besessenheit und einer stimmlichen Wucht, die staunen macht. Ohne Schonung der Stimme zieht er das durch und findet trotzdem, neben exzellenter Diktion, zu farbenreichen Abtönungen bis zu geknirscht schäumender Wut.

Dem dominierenden Hampson steht mit Jonas Kaufmann ein geradezu liebreizender Cavaradossi gegenüber. Wie er seine «Stelle»-Arie geradezu hinhaucht, ist stimmlich grossartig gemacht, aber auch etwas geschmäcklerisch. Mit Valeriy Murga (Angelotti), Morgan Moody (Sciarrone) und Peter Straka (Spoletta) sind die Nebenrollen gut besetzt, doch sie verschwinden neben den drei überragenden Protagonisten. Ein Starreigen, der es wahrhaft in sich hat.