Christian Berzins, Mittelland-Zeitung (27.04.2009)
Die Theater Bern und Luzern überraschen mit zwei Opern-Raritäten: Benjamin Brittens «Sommernachtstraum» und Ruggero Leoncavallos «La Bohème».
Glückliche Opern-Schweiz: Am Anfang des April-Reigens glänzt Anna Netrebko in drei Zürcher «Traviata»-Abenden, an dessen Ende stehen die Premieren von zwei Opern-Raritäten in Bern und Luzern. Famose Sänger, das sei unterstrichen, gab es in allen drei Häusern zu hören.
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Die Fahrt nach Luzern sei genauso empfohlen wie die Reise nach Bern. Dort gabs am Samstag Benjamin Brittens «A Midsummer Night’s Dream» («Ein Sommernachtstraum») zu sehen, mitsamt berühmtem Gaststar - keine Netrebko, nein, das Berner Budget ist bescheidener, dafür den Fernseh-Künstler Dirk Bach. Er schlüpfte als Mensch auf die Opernbühne . . . und entschlüpfte ihr alsbald als hinterlistiger Zauberer. Seine Ausdruckspalette reicht vom naiv-lustigen Strassenfeger bis zum böswillig, zynisch agierenden Kobold. Bach setzt seinen Körper mitsamt des riesenhaften Bauches perfekt und ökonomisch ein. Schleicht er über die Bühne, steigt der Spannungspegel im Nu.
Die Liebes-Verstrickungen in Shakespeares Schauspiel schlüssig über die Bühne zu bringen, ist schwer. Die Aufführung der verspielt raffinierten Vertonung des Stoffes durch Benjamin Britten (1913›1976) macht es einem Regisseur nicht einfacher. Aber Anthony Pilavachi schafft es nicht nur, leichtfüssig von einer realen Welt in den (in Bern baumfreien) Zauberwald Oberons zu gelangen, sondern auch wieder hinaus ins normale Leben. Dass dort dann auch noch die berüchtigte Aufführung von «Pyramus und Thisbe» durch die Handwerker-Truppe stattfinden muss, macht den Abend nicht schneller: Aber das antike Stück wird mit seinem schenkelklopfenden Witz und melancholischen Ernst zum prächtigen Berner Kehraus.
Dank der überaus geschlossenen Ensemble-Leistung, präzisem, aber auch die klanglichen Köstlichkeiten der Partitur geniessendem Dirigat von Dorian Keilhack und der schlüssigen, erfrischend modernen, bisweilen frechen Regie gelingt die Quadratur des Kreises: Ein selten gespieltes, schwer zu knackendes Werk erlebt eine zu Recht bejubelte Berner Premiere.