Ei, wie niedlich

Hans Uli von Erlach, Blick (17.10.2006)

Príhody Lisky Bystrousky, 15.10.2006, Zürich

Wald und Blumen wie im Bilderbuch, darin wuseln putzige Tierchen. Am Zürcher Opernhaus wird Leo Janáceks vielschichtige Oper zum niedlichen Kindermärchen. Premiere war am Sonntag.

Die Handlung verführt, die Oper als Märchen zu sehen. Der Jäger fängt ein junges Füchslein. Statt es zu erschiessen, nimmt er es mit auf seinen Jägerhof. Doch das freiheitsliebende Tier kann sich nicht anpassen wie die gackernden Hühner und der dumme Dackel.

Das Füchslein schlägt quer, beisst dem Gockel den Kopf ab, bringt den Jäger und seine keifende Frau gegeneinander auf und flieht zurück in sein Reich, den Wald, wo Frosch, Raupe, Igel und Mücken in natürlicher Ausgewogenheit nebeneinander zirpen, quaken, summen. Nach einer Liebesnacht mit einem jungen Fuchs (Judith Schmid) wird das Füchslein Mutter.

Martina Janková ist in der Titelrolle schlicht bezaubernd, trotz naturalistischem Fuchskostüm durch und durch ausdrucksvoll. Der Flirt der zwei Füchse ist eine der schönsten Liebesszenen der Opernliteratur.

Tragisches Ende: Das Füchslein wird vom Landstreicher erschossen. Weiser Trost: Der Zyklus der Natur sorgt für ein Weiterleben. Die Menschen jedoch kommen schlecht weg. Die moralischen Instanzen des Dorfes, Pfarrer, Lehrer, Wirt und Jäger, entpuppt Janácek als tumbe Lüstlinge.

Regisseurin Katharina Thalbach zeigt die herzige Oberfläche der Oper. Wie sie jedes Tier mit typischen Bewegungen charakterisiert, ist köstlich und vom Ensemble mit Hingabe gespielt. Plump sind die eindimensionalen Menschen-Typen. Selbst dem Jäger (Oliver Widmer) fehlt es an Nuancen.

«Das schlaue Füchslein» ist eine gesellschaftskritische Fabel. Davon spürt man wenig. Am wenigsten im realistisch gemalten Bühnenbild. Selbst Janáceks wunderbar expressive, fein gegliederte Musik an der Schwelle zur Moderne klingt unter Dirigent Adam Fischer einfach schön, aber wenig konturiert.