Die Unsterbliche will am Schluss trotzdem sterben

Hans Uli von Erlach, Blick (19.06.2006)

Vec Makropulos, 17.06.2006, Zürich

Mit «Die Sache Makropulos» liefert das Opernhaus einen fulminanten Auftakt der Zürcher Festspiele. Der Schweizer Dirigent Philippe Jordan (31) gab am Samstag mit dem skurrilen Werk ein begeisterndes Opernhaus-Debüt.

Jordan hielt das Orchester von der ersten bis zur letzten Sekunde unter Hochspannung. Grell, scharf und manchmal ironisch schildert die Musik die Geschichte. Oft klingt sie wie Sprache. Dann wieder hat sie qualvoll sehnsüchtige, fast romantische Bögen. Ein musikalisch ausserordentlicher Abend.

Was Leos Janácek 1929 vertonte, ist reinstes absurdes Theater. Es geht um die Primadonna Emilia Marty, die nach dem Rezept für das Lebenselixier sucht, das ihr Vater Hieronymus Makropulos im Jahr 1601 erfunden hatte. Den Trank hat sie damals selbst ausprobiert. Resultat: Heute ist sie 337 Jahre alt.

Jetzt verliert der Zauber seine Wirkung, Emilia fühlt ihr Ende nahen. Als sie das Rezept endlich findet, will sie es nicht mehr. Sie sehnt sich nach dem Tod. Die Philosophie der kafkaesken Geschichte: Nur ein Leben, das seine Grenzen hat, hat auch einen Sinn.

Gabriele Schnaut ist eine hinreissende Emilia. Mit oft metallischer Stimmgewalt und schauspielerischer Höchstleistung irritiert und dominiert sie alle übrigen. Sie ist umgeben von einem perfekt besetzten Ensemble. Klaus Michael Grübler hat die Oper als expressives, surreales Theater inszeniert.

Eine riesige Dampflokomotive steht den ganzen Abend bedrohlich auf der Bühne. Symbol für Emilias endlose Reise? Am Schluss steigt sie jedoch nicht ein, sondern wirft sich unter das dampfende Ungetüm.