Dekorativ, aber ein wenig altmodisch

Fritz Schaub, Neue Luzerner Zeitung (30.05.2006)

Aida, 28.05.2006, Zürich

Nach dem Musical von Elton John nun das Original: die Oper «Aida» von Giuseppe Verdi, vom Zürcher Opernhaus brav in Szene gesetzt.

Die Geschichte der nubischen Prinzessin Aida und ihrer tragischen Liebe zu Radames ist allgemein bekannt. Kürzlich konnte man sie, etwas abgewandelt und zeitgemäss als Show aufgepeppt, in Basel beim Broadway-Gastspiel des Elton-John-Musicals erleben. Unzählige Opernliebhaber haben die meistgespielte Verdi-Oper in aufwändigen Massenspektakeln in Verona oder auf anderen Freilichtbühnen gesehen. Denn «Aida» eignet sich wie kaum eine andere Oper für spektakuläre Massenauftritte. Als Reaktion darauf haben etablierte Bühnen in der letzten Zeit eher versucht, das Intime und Kammermusikalische der Oper in den Vordergrund zu rücken, in Zürich zuletzt in der Saison 1996/97 unter der Leitung von Nikolaus Harnoncourt, allerdings mit mässigem Erfolg.

Mächtige Fonstärken

Würden es Nicolas Joel (Inszenierung), Ezio Frigerio (Bühnenbild), Franca Squarciapino (Kostüme) besser machen? Dass auch sie dem fatal an faschistische Aufmärsche erinnernden Massenauftritt misstrauen, zeigt exemplarisch der von ihnen inszenierte Triumphmarsch, vom gelegentlich überbordenden musikalischen Leiter Adam Fischer freilich umso heftiger auf mächtige Fonstärken getrieben: Der König (Günter Groissböck), Ramfis (Matti Salminen) und der siegreiche Feldherr Radames (Salvatore Licitra, kraftvoll, aber zu grobkörnig) entsteigen unspektakulär dem Bug eines gepanzerten Kriegsschiffs, die Gefangenen in ihrem Schlepptau. Da die Handlung vom antiken Ägypten in die Zeit der Entstehung der Oper um 1870 verlegt wurde, sind die Protagonisten in der Mode der militärischen und gesellschaftlichen Oberschicht des späten 19. Jahrhunderts gekleidet. Die Szene wirkt so dekorativ wie die vorher in fahrbare Käfige gezwängten Tänzerinnen, die eine munter-konventionelle Balletteinlage bieten. Oder Aida: Nach der Flucht kehrt sie in einem blütenweissen Gewand zu Radames zurück, um gemeinsam mit ihm zu sterben.

Auf diese Aida freilich konzentrierte sich insofern das Interesse, als Nina Stemme, die gefeierte Isolde der letztjährigen Bayreuther Festspiele, in der Titelrolle debütierte. Das grosse stimmliche Kaliber kommt der Schwedin bei den dramatischen Attacken, etwa im Duett mit ihrem Vater Amonasro (mit fülligem Bariton: Juan Pons), zustatten; dabei bleibt ihr jugendlich-frischer Sopran immer flexibel, phrasiert auch die Lyrismen mit kontrolliertem Vibrato und feiner Piano-Kultur. Allerdings heimste ihre routinierte Gegenspielerin Amneris, die souverän ihre Register ziehende Italienerin Luciana d'Intino, nicht zu Unrecht den stärksten Applaus ein. Einige Buhs setzte es dagegen für das Leitungsteam ab.