La Calisto – Basel, Theater

Isabell Seider, OPERAPOINT (22.05.2010)

La Calisto, 21.05.2010, Basel

Kurzinhalt

Calisto ist eine der Nymphen im Gefolge Dianas, der Göttin der Jagd, und darum zur Keuschheit verpflichtet. Der Gott Jupiter begegnet ihr und versucht sie zu erobern. Pflichtgemäß weist Calisto ihn zurück, doch so einfach läßt sich ein Gott nicht verschmähen, weswegen dieser zu einem hinterlistigen Plan greift: Er verwandelt sich in die Gestalt Dianas und schafft es so, Calisto zu verführen. Die wahre Diana aber liebt verbotenerweise den Schäfer Endimione. Da es durch die göttliche Verwandlung nun aber zwei Dianas gibt, entsteht ein chaotisches Verwechslungsspiel, in welches schließlich auch noch Juno, die Gattin Jupiters eingreift. Die will dem bunten Treiben ihres Mannes Einhalt gebieten und verwandelt Calisto in eine Bärin. Jupiter verspricht der Verzauberten daraufhin, sie als Sternbild unsterblich zu machen. Diana versetzt ihren Endimione in einen Dornröschenschlaf, um ihn so für immer – wenn auch platonisch – lieben zu können.

Aufführung

Bereits beim Einlaß werden die Opernbesucher in zwei Lager getrennt, die Frauen werden nach rechts, die Männer nach links geführt. Der Frauenblock nimmt im gewöhnlichen Zuschauerraum Platz, von den männlichen Gästen allerdings fehlt jede Spur. Noch bevor das Licht gedämmt wird beginnt das Orchester zu spielen, der Vorhang hebt sich und spontaner Applaus und Gelächter bricht aus: Auf der anderen Seite des Vorhangs sitzt in dem exakt nachgebildeten Saal, die Gruppe der Männer und ebenso spiegelbildlich noch einmal ein Orchester – getrennt nur, durch einen schmalen Steg, der teilweise als Bühne fungieren wird. Die Sängerinnen und Sänger agieren aus den beiden Publikumsräumen, eine Wasserstrahl fällt auf den Steg und wird immer wieder zu einer Wand aus Regen, die dann als Projektionsfläche für die eingespielten Videosequenzen der Diana dient. Die Kostüme sind bunt und burlesk, spielen mit der Bedeutung von Farben.

Sänger und Orchester

Das Barockorchester La Cetra unter der Leitung eines hervorragenden Andrea Marcon versteht sich darauf, die reich instrumentierte Musik dynamisch diversifiziert und technisch tadellos erklingen zu lassen.

Zumeist präsent ist Anna Fusek (Amore), die mit ihrer Blockflöte – sinniger Bogenersatz – Liebespfeile schießt und damit zum chaotischen Liebesgewirr beiträgt. Fast unmöglich ist es, einem der Sängerinnen oder Sänger dieser exzellenten Aufführung den Vorzug zu geben: Alle imponieren durch ihr technisches Können, das sie mit enormer Sicherheit und dennoch kaum vorstellbarer Leichtigkeit unter Beweis stellen. Präzise und ausdrucksstark zeigt sich ein ausgezeichnet besetztes Ensemble, das vom Publikum mit mehrfachem Szenenapplaus belohnt wurde. Erstaunlich ist dennoch, wie flexibel Luca Tittotos (Jupiter) sonorer Baß ist, wenn er mit verstellter Stimme als falsche Diane in den höchsten Tönen singt und ebenso als keifendes Weib seinen Mann respektive Frau steht. Eine Entdeckung ist der junge Altus Flavio Ferri-Benedetti (Linfea), dessen bezaubernde, klare Stimme von achtenswerter Intensität ist und der darüber hinaus sagenhafter Schauspieler ist. Maya Boog (Calisto) besticht mit ihrem ausdrucksstarken Sopran, Agata Wilewska (Diana) mit Eleganz und Geraldine Cassidy (Juno) mit Koloratursicherheit und Gefühl. Xavier Sabatas (Endymion) nasaler und vibratoarmer Countertenor steht in seiner edlen Expressivität dem übrigen Ensemble in nichts nach.

Fazit

Die frivol-komische Oper aus der Feder Cavallis wurde vom Publikum mit enormer Begeisterung aufgenommen – Bravorufe gab es uneingeschränkt für alle Beteiligten auf und hinter der Bühne. Die Inszenierung des Werkes setzt die bereits im Stück angelegte Frivolität sehr komisch um, ohne dabei in irgendeiner Form oberflächlich-seicht zu sein oder gar die vorhandene Dramatik der Lächerlichkeit preiszugeben. Ein überaus starkes Sängerensemble, das ebenso hohes darstellerisches Potential besitzt, wurde hier mit einem vorzüglichen Orchester kombiniert und realisierte eine sehr originelle und außergewöhnliche Lesart des Werkes. Der nicht enden wollende, tosende Applaus zeigte zusammen mit Standing Ovations mehr als deutlich, was für ein großer Erfolg an diesem Abend in Basel gefeiert wurde.