"ERNANI"

Chantal Steiner, mittelloge (21.10.2006)

Ernani, 21.10.2006, St. Gallen

Wie soll man "Ernani" bloß inszenieren? Die Oper ist eine wirkliche Knacknuß für das so genannte "Regietheater". In St. Gallen entschied sich Massimo GASPARÒN, der sowohl für die Inszenierung wie auch für die Ausstattung verantwortlich zeichnete, für eine "Mantel-und-Degen-Geschichte". Die Kostüme waren lang, bauschig, wurden in jeder Szene geändert (Don Carlo kam selbst noch zum Schlußapplaus mit einem neuen Kostüm angerauscht!) und wußten zu gefallen, auch wenn sie - gepaart mit einer Szenerie, die auf einer Treppe aufgebaut war - durchaus Gefahrenpotenzial mitbrachten (stolpern, hängenbleiben etc.).

Die Inszenierung war konventionell, mit den üblichen Operngesten, kaum psychologisch durchdacht, ohne Deutungsversuche - einfach nur ästhetisch bebildernd.

Gesanglich konnte sich das Ganze durchaus hören lassen, auch wenn am Premierenabend die Koordination zwischen Bühne und Orchestergraben noch nicht hundertprozentig funktionierte. Alberto HOLD-GARRIDO führte das ORCHESTER zügig, für mitreißende Dramatik und den großen Bogen reichte es jedoch (noch) nicht.

Ernani war mit Juremir VIEIRA etwas leicht besetzt. Seine Stimme verfügt über einen schönen Klang, besitzt aber keine große Durchschlagskraft. Er bewältigte die anspruchsvolle Partie jedoch mehr als nur anständig; sehr schön waren die lyrischen Passagen. Ivan INVERARDI (Don Carlo) war ein Mann mit "zwei Stimmen". Auch ihm gelangen die lyrischen Passagen besser (eindrücklich seine "mezza voce"). Sobald er Druck auf die Stimme ausübte, verfiel er leider in ein bisweilen störendes "Meckern". Aber ich habe schon weit schlechtere Sänger als Don Carlo erlebt!

Außer Konkurrenz lief der "Stargast" Roberto SCANDIUZZI als Silva. Auch wenn die Rolle nicht seine beste ist (es fehlt noch etwas an Differenziertheit), so vermochte seine samtene, profunde Stimme doch zu begeistern. Wie so oft konnte ich einfach nicht verstehen, warum Elvira aus diesen drei Männern nicht Silva wählt… Elvira selbst, Raffaela ANGELETTI, war sowohl vom Erscheinungsbild wie auch von der Stimme her nicht die optimale Darstellerin, die Stimme war sehr schrill und undifferenziert.

Insgesamt eine ansprechende Leistung des Ensembles, das vom St. Galler-Publikum (offensichtlich nicht wirklich verwöhnt!) mit Standing Ovations (auch für den "Regisseur") gefeiert wurde.