Bruno Rauch, Mittelland-Zeitung (06.07.2011)
Mozarts «Il re pastore» im Opernhaus Zürich ergibt optisch und musikalisch ein hübsches Ganzes
Als letzte Premiere dieser Spielzeit ging am Montag Mozarts «Re pastore» über die Bühne des Opernhauses: heiter und charmant, passend zu unbeschwerten Sommertagen.
Gerademal 19 Jahre alt war Mozart, als er im April 1775 die Serenata teatrale für einen Festanlass seiner Vaterstadt komponierte: Maria Theresias jüngster Sohn weilte zu Besuch in Salzburg. Und doch fällt im frischen Jugendwerk, obgleich formal der Seria-Tradition mit ihrem dreiteiligen Arienschema verpflichtet, ein aussergewöhnlicher kompositorischer Reichtum auf, der das Genie verrät.
Musikalische Preziosen
Prächtig zum Funkeln gebracht wird das musikalische Kleinod von der Barockformation «La Scintilla» unter der Leitung von William Christie, der selbst den Continuo-Part am Cembalo übernimmt. Mit pastoralem Schmelz, aber auch mit Schmiss brilliert die reich besetzte Bläsersektion; mit satter Wärme und zugleich luzider Transparenz betören die Streicher.
Unter ihnen Konzertmeisterin Ada Pesch, die den Solopart im Rondo elegant und stilsicher interpretiert. Zusammen mit Martina Jankovás jugendlich frischem Sopran wird dieses Stück zum berührenden, affirmativen Zentrum des ganzen Werks. Die Sängerin, mal burschikos, mal schwärmerisch, ist eine ideale Verkörperung des Hirten Aminta (ursprünglich eine Kastratenrolle), dessen anfangs unerkannte Identität ihn unversehens auf den Königsthron hievt.
Hochkarätig sind auch die weiteren Rollen besetzt: In den beiden – echten – Frauenrollen der Nymphe Elisa und der Prinzessin Tamiri, profilieren sich Malin Hartelius und Sandra Trattnigg mit vokalem Glanz und emotional aufgeladenen Koloraturen. Und – nicht ganz unwesentlich in diesem ganz zart erotisierten Schäferspiel – mit anmutiger Erscheinung.
Auf der Herrenseite besticht Benjamin Bernheim mit tenoralem Metall. Den Drahtzieher und König von Mazedonien gibt Rolando Villazón. Der mexikanische Star, der lange Zeit unter Stimmbandproblemen litt, hat sich, wie man aufatmend konstatieren darf, Mozarts heilsame Stimmkultur zunutze gemacht. Jetzt gibt er den königlichen Alexander mit baritonal gefärbtem, kernigem Tenor, besonders souverän in der «Sturm»-Arie. Und dass er ein begnadeter Mime ist, wusste man und stellt es erneut fest: beispielsweise bei der Fütterung seiner Vasallen in Gestalt von gehörten Satyrn.
Optische Opulenz
Überhaupt blitzt da und dort augenzwinkernder Humor auf. Zwar bleibt die Personenführung weitgehend blass. Andererseits haben der Regisseur Grischa Asagaroff und der Ausstatter Luigi Perego wohltuend darauf verzichtet, die harmlose Schäferidylle mit etwelchem Deutungsballast zu befrachten.
Hierzu haben sie das heitere Spiel in eine barocke Parkanlage mit symmetrischen Treppen, zentralem Bassin, Statuen, Grotten und Balustraden verlegt. Unterstrichen wird das pastorale Ambiente von den prächtigen Kostümen, auf denen Gemälde der Rokokomaler Fragonard und Boucher abgebildet sind, aus denen die Figuren entstiegen sein könnten.
So ergibt sich optisch wie musikalisch ein hübsches Ganzes, gewissermassen eine Hommage den 1988 verstorbenen Regisseur Jean-Pierre Ponnelle. Und ein wenig auch an den jungen Genius Mozart.