Zwischen Küche und Klo

Bruno Rauch, Mittelland-Zeitung (09.09.2011)

La Scala di Seta, 07.09.2011, Winterthur

Traditionsgemäss hat das Opernhaus am Mittwoch zum Saisonstart ins Theater Winterthur geladen. Und setzte mit Rossinis Jugendwerk «Die seidene Leiter» einen charmanten, schrill-bunten Auftakt zur kommenden Spielzeit.

Ikea lässt grüssen. Im Spiegel an der hinteren Wand erkennt man den gezeichneten 1:1-Grundriss einer Wohnung in Vogelschau: Wohnküche, Schlafzimmer und Nasszelle. Eine Schar Bühnenarbeiter unter Anleitung eines fuchtelnden Architekten stellt die realen Möbel auf die vorgegebenen Plätze: Küchenzeile, Esstisch, Sofa, Bett, Dusche und Klo.

Komödie as usual

Dann werden noch ein paar leblose Puppen ins Ambiente gepflanzt: der Diener Germano, zuständig für Hausputz, Klatsch und amouröse Missverständnisse. Giulia, die Pflegetochter des Hauses, offenbar eben aufgestanden.

Zu guter Letzt platziert man noch deren heimlich Angetrauten Dorvil aufs zerwühlte Liebesnest. Dieser ist nämlich, wie alle Nächte zuvor, mittels einer seidenen Leiter ins Schlafgemach eingestiegen, um die Früchte seiner geheimen Ehe zu kosten. Davon darf Giulias gestrenger Vormund nichts wissen, hat er doch sein Mündel dem reichen Schnösel Blansac zugedacht. Und der wiederum wird von Giulias Cousine heiss begehrt.

Damit sind die Karten gemischt, die Komödie kann beginnen. Und sie beginnt mit einer quirligen Ouvertüre, die der Dirigent Zsolt Hamar und das Musikkollegium Winterthur allerdings mit etwas zu wenig Drive abschnurren lassen.

Frische Stimmen, lebendiges Spiel

Überhaupt gelingt es, trotz hübscher Stellen, noch nicht übers Ganze, das federnde Brio und die moussierende Leichtigkeit der geistvollen rossinischen Musik auf Trab zu halten, sodass mitunter einige Längen spürbar werden. Immerhin zündet der musikalische Funke so weit, dass jetzt die menschlichen Marionetten lebendig werden. Sie beginnen zu agieren und zu singen. Und das ausnahmslos vorzüglich.

Die zierliche Sen Guo gibt die eigensinnige Giulia, die noch bei der Morgengymnastik reinsten Silberklang verströmt und mit schmeichelnden Koloraturen allen Männern den Kopf verdreht. So auch dem tölpelhaften Germano: Ruben Drole bucht einmal mehr einen Triumph in seiner Heimatstadt.

Alle stürzen sich lustvoll ins klamaukige Geschehen. Regisseur Damiano Michieletto und Ausstatter Paolo Fantin tragen das Ihrige dazu bei, dass der Eröffnungsabend Off-Zürich – am Opernhaus hat bereits der erste Ballettabend stattgefunden – zu einem höchst vergnüglichen Appetizer für die kommende Saison wird.