Jürg Huber, Neue Zürcher Zeitung (12.09.2011)
Brittens «A Midsummer Night's Dream» am Luzerner Theater
Der Sommer, der schliesslich doch ein grosser war, neigt sich dem Ende zu. Benjamin Brittens «A Midsummer Night's Dream», vom Luzerner Theater in Koproduktion mit dem Lucerne Festival herausgebracht, lässt ihn mit leichter Hand nochmals aufleben. Nächtlicher Zauber geht in der 1960 uraufgeführten Oper zuerst einmal vom Orchester aus. Glissandi der Streicher evozieren eine geheimnisvolle Stimmung, später sorgen Schlagwerk, Cembalo und Celesta für schillernde Farben. Der neue Luzerner Musikdirektor Howard Arman setzt auf lichten Klang und Transparenz, was die Einleitung eher spröd denn mysteriös wirken lässt; in der Folge findet das Luzerner Sinfonieorchester indessen zu einem farbenreichen Spiel, das in der Opernpersiflage beim Auftritt der Handwerker gipfelt. Dieser Truppe sind die szenischen Höhepunkte des gelungenen Abends zu verdanken, kann doch der Regisseur Alexander Schulin auf ein spielfreudiges Ensemble zählen, das Flurin Caduff als Peter Squenz nur mit grösster Not zu zähmen vermag.
Marc-Olivier Oetterli geht in der Rolle des Zettel stimmlich wie darstellerisch auf, während Utku Kuzuluk eine umwerfend komische Thisbe abgibt, die zu ihrem Pyramus nicht kommen kann. Auch in der feineren Gesellschaft ist die Liebe ein Problemfall, wie auf Alfred Peters leicht schräger Bühne zu erfahren ist. Ein kleines Wäldchen in der hinteren rechten Ecke deutet die nächtliche Wildnis an; ob im grünen Sessel auf der anderen Seite ein unsichtbarer Doktor Freud Notizen für seine Traumdeutung macht?
Zu studieren gibt es jedenfalls einiges in diesem zeitlosen Verwirrspiel, wo in prächtigen Roben aus Shakespeares wie auch Brittens Epoche geschmeichelt und gestritten, gezickt und umarmt, umgarnt und gelitten wird. Prekäre Beziehungsmuster zeigen sich allenthalben, bei Hippolyta (facettenreich: Marie-Luise Dressen) und Theseus (mit sonorem Bassbariton: Szymon Chojnacki) ebenso wie bei Titania (intensiv: Sumi Kittelberger) und Oberon (Alexander Schneider mit makellos geführtem Alt) oder den jungen Liebespaaren, welche die lebenserfahrene Heidi Maria Glössner als Puck in zusätzliche Verwirrung bringt. Von der Qualität des Luzerner Ensembles zeugen Caroline Vitale (Hermia), Carlo Jung-Heyk Cho (Lysander) und Simone Stock (Helena), während Robin Adams den Demetrius vom Bühnenrand aus für den stimmlich indisponierten Todd Boyce singt. Und nicht zu vergessen die Knaben- und Mädchenkantorei Luzern, die mit ihren hellen Stimmen ein silbernes Schimmern in die Spätsommernacht bringt.