Reinmar Wagner, Die Südostschweiz (10.11.2012)
Wenn ausnahmsweise eine der 24 Opern von Joseph Haydn auf einem Spielplan auftaucht, ist das grundsätzlich von Interesse. Bei «Lo Speziale» in Basel sorgte zudem der Regisseur für Spannung: Massimo Rocchi inszenierte seine erste Oper.
«Es isch eso, und fertig!» Wer kennt ihn nicht, diesen Satz des Kabarettisten Massimo Rocchi. Auch die Übertitelungsanlage des Theaters Basel hatte ihn offenbar schon gehört. Und wenn sich das Laufband über der Bühne am Donnerstag auch beharrlich weigerte, das Goldoni-Libretto von Haydns Oper «Lo Speziale» zu übersetzen, so unterhielt sie das Premierenpublikum doch prächtig mit ihren witzigen Kommentaren und fiesen Randbemerkungen. So sehr, dass die Leuchtschrift-Sprüche – nicht von Rocchi, sondern von Autor André Küttel – manchmal sogar zur Hauptsache wurden und die Bühnenhandlung in den Hintergrund zu rücken drohten.
Zum Lachen im doppelten Sinn
Dagegen freilich kämpfte das Quartett auf der Bühne mit Leibeskräften und letztlich erfolgreich an, und Massimo Rocchi bewies, dass er das Handwerk des Regieführens durchaus beherrscht und mit beweglichen Darstellern eine jener schablonenhaften Komödien umzusetzen weiss, die im vergnügungssüchtigen 18. Jahrhundert die Bühnen überfluteten.
Wie es so ist in solchen komödiantischen Bühnenstoffen: Die Handlung ist zum Lachen, und das im doppelten Sinn. Natürlich soll man lachen über den trotteligen Apotheker, der sein Mündel Grilletta am liebsten selbst heiraten möchte, sich aber Konkurrenz erwachsen sieht in seinem etwas unterbelichteten Gehilfen Mengone und dem reichen, geckenhaften Volpino. Weil Mengone der Tenor ist, kriegt er am Schluss der verkleidungs- und intrigenreichen Handlung die umworbene Schönheit, die ihrerseits die drei Männer ganz schön um sich herumtanzen lässt.
Geschrieben für die Esterházys
Joseph Haydn schrieb diese Opernfarce 1768 im Dienst der Fürsten von Esterházy, wahrscheinlich zur Einweihung des neu erbauten Opernhauses im prächtigen Stammschloss der Familie beim Neusiedlersee in Österreich. Die Musik ist vif, witzig und spritzig, nur leider nicht vollständig überliefert, was allerdings ohne die dankenswerten Hinweise der Leuchtschrift nicht weiter aufgefallen wäre.
SVP-Masken und iPad
Rocchi und sein Team (Bühne: Marion Menziger, Kostüme: Catherine Voeffray, Dramaturgie: Ute Vollmar) versetzten die Geschichte ohne viel szenischen Aufwand in eine moderne Apotheke und reicherten sie mit zahlreichen Gags an. Zum Beispiel tragen die als Notare verkleideten Herren die Masken von SVP-Grössen. Und der Apotheker kann seine Augen kaum von seinem iPad nehmen und konsumiert den grössten Teil seiner medizinischen Vorräte selber.
Drei junge Sänger mit vielversprechenden, wenn auch noch nicht voll erblühten Opernstimmen – Andrea Suter, Anne-May Krüger und Markus Nykänen – sangen um Andrew Murphy, der in der Rolle des newssüchtigen Apothekers seine komödiantische Ader und stimmliche Variabilität wieder einmal unter Beweis stellte. Besonders auf sich aufmerksam machte das Instrumentalensemble Chamber Academy Basel, das Haydns Musik unter der Leitung von David Cowan mit viel Verve und Drive resolut zum Leben erweckte und dem Sängerquartett eine sichere, solide Basis war.