Alfred Ziltener, Der Landbote (10.11.2012)
Massimo Rocchi hat im Theater Basel erstmals Regie geführt. Mit Joseph Haydns Oper «Lo Speziale» bietet er einen geglückten, mit feinem Humor inszenierten Abend.
Joseph Haydns Opera buffa «Lo Speziale» («Der Apotheker») beruht auf einem Lustspiel von Carlo Goldoni. Der Apotheker Sempronio möchte sein Mündel Grilletta heiraten. Doch auch der Stutzer Volpino und Sempronios Gehilfe Mengone sind in das Mädchen verliebt. Grilletta aber hat schon gewählt: Nach etlichen Verwirrungen und Intrigen werden sie und Mengone ein Paar.
Haydn hat für den kurzen Dreiakter eine witzige, einfallsreiche Partitur komponiert und David Cowan und sein klein besetztes Orchester aus Studierenden der Musikakademie Basel interpretieren sie farbig und frisch, in lebhaften Tempi, schlank und knapp artikulierend. Cowan selbst begleitet improvisierend am Cembalo.
Spiel rund um den Spiegel
Rocchi und die Bühnenbildnerin Marion Menzinger setzen die Musiker auf die Kleine Bühne des Basler Hauses. Während der Ouvertüre wird hinter ihnen ein Rundhorizont aufgezogen; er zeigt einen barocken Engel, der uns im Flug seinen nackten Hintern zukehrt und einen Liebespfeil abschiesst. Das wichtigste Bühnenelement ist ein riesiger, ovaler Spiegel, der sich im Goldrahmen drehen lässt und mal als Eingangstür, mal als Versteck dient. Catherine Voeffrays hat für die Figuren humorvoll typisierende Kostüme entworfen.
Heiter und leicht wie die Ausstattung ist Rocchis Regie. Er stellt sich nie vor die Musik, gibt jeder Figur scharfes Profil und erzählt ohne billigen Klamauk, dafür mit feinem Witz und äusserst sparsam: Für die Türkenmaskerade am Schluss etwa genügen ihm Sonnenbrillen. Nur einmal wird er bissig: Wenn Volpino und Mengone sich als Advokaten verkleiden, tragen sie die Gesichtszüge von Markus Somm, dem Chefredaktor der «Basler Zeitung», und von Roger Köppel von der «Weltwoche». Sempronio erscheint als Christoph Blocher, der seinen Schreiberlingen ihren Text diktiert.
Der Bass Andrew Murphy gestaltet den Apotheker mit vielen sängerischen Nuancen und saftigem komischem Talent. Die drei weiteren Rollen sind mit sauber singenden jungen Künstlern besetzt. Rocchi hat noch einen weiteren Protagonisten erfunden: die Übertitelung. Sie macht sich selbstständig und verweigert die erwartete Parallel-Übersetzung. Dafür kommentiert sie das Geschehen, auch mal im Dialekt, ironisiert respektlos die Figuren und informiert uns, wenn ein Duett gar nicht von Haydn stammt. Auch das hat Charme und Witz und setzt das i-Tüpfelchen auf eine rundum geglückte Aufführung. Das Premierenpublikum bejubelte alle Mitwirkenden. Und von Massimo Rocchi möchten wir mehr Opern sehen!