Christian Berzins, Mittelland-Zeitung (27.01.2014)
Sozialkritisches Drama? Kinderoper? Leos Janáceks (1854–1928) in Bern aufgeführte Oper «Das schlaue Füchslein» kann vieles sein.
Schlechten Regisseuren bereitet die 1924 uraufgeführte Oper «Das schlaue Füchslein» Bauchschmerzen: Sie verzweifeln ob der singenden Stechmücken, der Frösche und Hunde, die so übermenschlich agieren, und sie wissen nicht, wie sie die Beziehung zwischen Mensch und Tier, zwischen Förster und Füchslein deuten, ja in Szene setzen sollen.
Der in Basel lebende Markus Bothe sieht das parabelhafte Spiel der Tiere nicht so eng, er lässt Mensch- und Tierwelt genauso wie Wald und Wohnzimmer magisch verspielt ineinanderfliessen: Die Krankenschwestern tanzen libellengleich über Betten, die «Tiere» zeigen dank Leos Janáceks Vorgabe alsbald ganz natürlich menschliche Züge. Bothe lässt aber keinen Zweifel daran, dass der Förster nicht nur seine Lebens-, sondern vor allem seine Liebesgeschichte erzählt. Der Wilderer Haratscha zerstört sie brutal wie ein Tier. Oder wie es die Natur halt will: Der Stärkere gewinnt.
Sozialkritik keimt in diesem Traumspiel kaum auf, lächelnd schaut unsereins zu, wenn die Tiere zur Demo schreiten und Parolen à la «DAX go home» oder «Mehr Lohn für Bienen» skandieren. Bothes Regieideen kommen federleicht daher – augenzwinkernde Melancholie und ein Schuss Kitsch gehören dazu. Schaut der Förster zum Schluss auf sein Leben zurück, wird diese tiefsinnige Tierkomödie ganz von alleine todernst, hebt ab zur grossen, tragischen Oper. Aber Bothe bleibt seiner Regieidee auch hier treu...
Grossartige Dirigentin
Schön auch, wie musikalisch dieser Regisseur denkt und so Dirigentin Mirga Grazinyte-Tyla geradezu einen Steilpass zuspielt! Wie es die 27-jährige Litauerin schafft, den im Finale vermeintlich schwülstigen Klängen dramatisches Gehalt und Zug zu geben, wie sie die Sänger klug begleitet, zu welch exaktem Spiel sie das Berner Symphonieorchester bewegt, ist schlicht grossartig.
Schade nur, wird nicht tschechisch, sondern deutsch gesungen – ohne den Blick auf die Übertitel gehts sowieso nicht. Ausser Christina Daletska (Fuchs/Dackel) versteht es keiner, textverständlich zu singen. Daletska gibt den Fuchs hinreissend: In ihrem Gesang sind Ironie, Komik und Liebesschalmeien zu hören. Camille Butcher, ihr angehimmeltes Füchslein, singt korrekt, aber allzu brav und kann die enorm weite Palette ihrer Partie nicht ausschöpfen. Robin Adams spielt und singt gut, aber seiner Stimme fehlt es an Charme. Alle anderen agieren überaus engagiert.
Hennen, Bäuerinnen und Waldgetier wuseln in der Choreografie Norbert Steinwarz’ so prächtig über die Bühne von Ralph Zeger, dass Erwachsene und Kinder (ab etwa 9 Jahren) grossen Spass an diesem zauberhaften Opernabend haben werden.