«Don Pasquale»: Alter Geizhals mit Frühlingsgefühlen

Reinmar Wagner, Die Südostschweiz (29.04.2014)

Don Pasquale, 27.04.2014, Luzern

Unterhaltsam und ganz im Stil der italienischen Commedia dell’Arte hat Johannes Pölz gutter Donizettis komische Oper «Don Pasquale» in Luzern inszeniert. Musikalisch dagegen war es eine Premiere mit etlichen Mängeln.

Ein alter reicher Sack auf Freiersfüssen wird nach Strich und Faden hereingelegt: Das ist einer der zentralen Stoffe der Commedia dell’Arte, und er hat es von da ohne grosse Umwege auch in die Komische Oper geschafft. Zum Beispiel in Donizettis «Don Pasquale». Folgerichtig inszeniert Johannes Pölzgutter die Handlung in Luzern ganz im Stil des italienischen Stegreiftheaters mit seinen stereotypen Figuren. Anders kann man das Stück auch nur schwer inszenieren: Im Gegensatz zu Verdis «Fal staff» fehlt dem Titelhelden Don Pasquale jeglicher Tiefgang.

Unterhaltsame Situationskomik

So wird er vom ersten Moment an als lächerlicher Tattergreis und ungeschickter Geizhals mit Bart und Frühlingsgefühlen gezeichnet, auf dessen Kosten man sich prächtig amüsieren kann. Aber auch der Tenor, der den Intrigen, die sein Freund Malatesta und seine Geliebte Norina spinnen, stets ein paar Schritte hinterherhinkt, kriegt von Pölzgutter sein Fett weg. Nach Kräften wird chargiert und überzeichnet, am Ende stecken sie allesamt in den farbigen Narrenkostümen ihrer jeweiligen Komödienfigur. Und der Chor mit aufgeklebten Augen auf Riesenbrillen mimt ähnlich überdreht das Publikum in diesem Spektakel. Insgesamt erzählt der österreichische Regisseur mit kurzweiligem Witz, vielen guten Ideen und unterhaltsamer Situationskomik. Herzlichen Applaus, glückliche und zufriedene Gesichter gabs dafür nach der Premiere vom Sonntag.

Unter den Sängern bestachen vor allem die beiden tiefen Männerstimmen. Ihr Duett im dritten Akt avancierte zur Glanznummer, aber auch sonst hatten Flurin Caduff in der Titelrolle und Todd Boyce als fädenziehender Intrigant Malatesta viele gelungene, sängerisch versiert ausgestaltete Momente. Mit Leichtigkeit und ko loraturensicherer Geläufigkeit überzeugte Dana Marbach in der Rolle der Norina. Für ihre kapriziösen Launen und gespielten Allüren, für aufgesetzte Wut und Entrüstung, aber auch für die in orchestraler Streichersüsse schwelgende Kantilene hin gegen fehlte ihrer Stimme ein wenig das Gewicht. Gar nicht auf Touren kam der Tenor Utku Kuzuluk an dieser Premiere. Schon in den ersten beiden Akten bangte man immer wieder um seine Intonation und musste wenig ansprechende, aus den Linien fallende Töne in Kauf nehmen. Im finalen Liebesduett mit Norina schliesslich liefen ihm die unbegleiteten kadenzierenden Linien völlig aus dem Ruder. Damit kann man sich im Belcanto-Repertoire keine Lorbeeren holen.

Unpräzis, desorientiert

Auch der Donizetti, der aus dem Graben klang, kann höheren Ansprüchen noch nicht genügen. Michael Wendeberg sorgte zwar für konstant zügige Tempi und spritzige Artikulationen, konnte aber kaum eine Nummer in präziser Synchronizität beginnen, und selbst wenn die Tempi etabliert waren, geriet der Zusammenhalt innerhalb des Orchesters, aber auch zwischen Bühne und Graben oft aus dem Gleichgewicht. Jene knackig-trockene rhythmische Präzision, ohne die bei Rossini, aber eben auch in vielen Nummern von Donizetti die Musik sehr schnell fad und plump wirkt, wollte sich kaum einstellen. Zuwenig koordiniert waren die Register, zu dick die Linien; und die wenigen Chöre zudem geprägt von Zufällen bis hin zur Desorientierung. Da bleibt noch einiges an Arbeit für den Kapell meister und Stellvertretenden Musik direktor des Luzerner Theaters.