(…)

W.Sandner, Frankfurter Allgemeine Zeitung (14.02.2006)

La finta giardiniera, 12.02.2006, Zürich

„Das Wunderbare an der jetzigen Zürcher Inszenierung in italienischer Originalsprache aber ist, daß die sorgfältige Auseinandersetzung Harnoncourts mit Mozart zu einem außerordentlich kurzweiligen Lustspiel führt. Denn der Dirigent als Forscher hat den unernsten Mozart ernst genommen, jenen Komponisten nämlich, der nie den Buchstaben des musikalischen Gesetzes befolgte, stets aufführungspraktisch dachte und die Unterhaltung des Publikums nicht selten über die korrekte Ausführung der Musik stellte.Und so entstehen in Zürich viele komische Situationen dieser auf Mozarts "Cosi fan tutte" hinweisenden Verwechslungs- und Intrigengeschichte um einen angeblichen Mord und drei erst nicht und dann schließlich doch zueinanderfindende Liebespaare aus der Überzeichnung, wenn man will: sogar aus den musikalischen Inkorrektheiten. Harnoncourt beschleunigt und retardiert, läßt das auf Originalinstrumenten musizierende Orchester "La Scintilla" der Oper Zürich im Takt der Szene heftig anschwellen oder im zartesten Streicher-Sordino säuseln, daß es nur so eine Art ist. Was er unter Klangrede versteht, ein nahezu greifbar gestisches Musizieren, wird hier erfahrbar. Selbst bei dem in einer ungekürzten dreieinhalbstündigen Fassung zäh wirkenden, auch durch Moretti szenisch nicht plausibel gestalteten Wahnsinnsbild mit anschließender Wendung zum Guten besticht die Vitalität des musikalisch-szenischen Ausdrucks, für den das ausgezeichnete Sängerensemble freilich mitverantwortlich gemacht werden muß: Eva Mei als kokett-unnahbare, in herzzerreißenden Koloraturen schwelgende Sandrina alias Marchesa Violante; der Belcanto-Tenor Christoph Strehl als durch alle Lebenslagen virtuos stolpernder, dabei zum Verlieben schön und kraftvoll singender Dandy Contino Belfiore; eine ihre körperlichen Reize wie ihre geläufige Gurgel vorteilhaft einsetzende Julia Kleiter als Kammerzofe Serpetta; Isabel Rey als urweibliche Monroe-Kopie der Arminda, die selbst ihre bewegliche Sopranstimme für ihre zickigen Planspiele einzusetzen vermag; Oliver Widmer als ein die menschlichen Beziehungen wie seine Blumenbeete ordnender Gärtner Nardo mit einer ungewöhnlich hellen, aber souverän das Baßregister meisternden Baritonstimme; ein tenoralen Prachtglanz verströmender Rudolf Schasching als Podesta, bei dem selbst die Bewegungen aus dem Knallchargenbilderbuch angemessen erscheinen; schließlich noch Liliana Nikiteanu in der nicht sehr attraktiven Hosenrolle des Ramiro, dem sie mit ihrem warmen Mezzo wenigstens musikalische Glanzlichter aufsetzt.“