Cordelia Fankhauser, srf.ch (26.05.2015)
Was für eine Entdeckung. Das Zürcher Opernhaus spielt zum ersten Mal eine Oper von Antonio Vivaldi. Musikalisch so hinreissend, dass nicht nur Barockmusikfans hingehen sollten. Dazu hält der Regisseur dem Publikum den Spiegel hin und zeigt, dass Familiengeheimnisse in den besten Kreisen vorkommen.
Weit weg, in einem weltfremden Serail liess Antonio Vivaldi seine Oper «la verità in cimento» spielen. Der Regisseur Jan Philipp Gloger holt sie nach Zürich. Oder in irgendeine moderne Wohnung. Hier lüftet der wohlhabende Unternehmer Mamud ein wohlgehütetes Familiengeheimnis und darf dabei auch mal seinen Porsche vorführen. In Gloger Inszenierung wird das Spiel aber eher zur amüsanten Komödie als zum psychologischen Showdown.
Das Drama in der Musik
Wesentlich dramatischer als das Spiel auf der Bühne ist das Spiel im Orchestergraben. Schon in der Ouvertüre lässt der Dirigent Ottavio Dantone Streicherklänge aufblitzen, Bässe rumpeln oder Oboen seufzen. So präzise, so eng am Text wie Dantone musiziert, arbeitet kaum ein anderer Dirigent. Ganz nach dem Motto: «Es gibt keine schlechte Barockmusik, nur schlecht gespielte! Man kann als Musiker aus Mist etwas Grossartiges machen, oder aus einem Meisterwerk Mist!»
Singende Schauspieler
Häufig werden für Barockopern Spezialistinnen eingeflogen. La Bartoli oder die Kermes. Im Zürcher Opernhaus vertraut man auf das eigene, junge Ensemble. Mit Julie Fuchs, Christophe Dumaux und Anna Goryachova hat man nicht nur grossartige Stimmen, die perfekt zueinander passen. Diese junge Sängergeneration ist auch schauspielerisch präsent und überzeugend.