mfe/mei, Berner Zeitung (26.10.2015)
Die erste Opernpremiere im aufgehübschten Stadttheater war ein Treffen von Erleuchteten und Geblendeten.
Nebst viel Applaus gab es bei der «Lohengrin»-Premiere auch die eine oder andere launige Bemerkung zum neuen Glanz im Stadttheater. «Eine hübsche Mischung aus Gesundheitsklinik und Wiener Theater», fand Louis Dupras, Direktor der Camerata Bern. Die Inszenierung erschien ihm «ein Auf und Ab». Weit euphorischer zeigte sich Fast-wieder-Ständerat Werner Luginbühl (BDP), der sich als Wagnerianer outete: «Ich sah ‹Lohengrin› bereits in Zürich und in Basel, doch diese Inszenierung schlägt alles!» Auch der neue Stadttheatereingang gefiel ihm «ausgesprochen gut». Stephan Märkis Inszenierung war auch ganz nach dem Geschmack von Theater-Stiftungsratspräsident Benedikt Weibel: «‹Lohengrin› ist etwas vom Besten, was ich in Bern bisher gesehen habe.» Auch das Facelifting überzeugt ihn: «Es riecht ganz nach neu im Stadttheater. Und die Lampen sind fantastisch.» Erleuchtet zeigte sich die städtische Kultursekretärin Veronica Schaller: «Das Entree ist schön hell, es strahlt eine gewisse Grandezza aus.» Sie sei nicht besonders Wagner-affin, doch dem Gemeinschaftswerk von Direktor Märki und Chefdirigent Venzago verlieh sie das Prädikat «beeindruckend». Eher selten in der Oper zu sehen ist Gemeinderätin Franziska Teuscher (Grüne), doch sowohl das Facelifting des Stadttheaters wie auch die Inszenierung sagten ihr zu. Kritischer war Galerist Bernhard Bischoff. Ihm glänzte das Stadttheater zu fest. «Ich warte noch auf die Patina», sagte er. Das dürfte Geduld abverlangen, ebenso wie eine Wagner-Inszenierung. «Wagner war der erste Gesamtkunstwerker», sagte Bischoff. Im neu gestalteten Foyer des dritten Rangs war Ernst Gosteli vom Effingertheater anzutreffen. «Hier ist eine tolle Ambiance. Nun könnte das Theater die Preise im dritten Rang erhöhen.» Von der Inszenierung war er «positiv überrascht», ebenso vom neuen Entree, es sei super, dass die Kasse wieder im Haus sei wie früher, als er noch im Stadttheater gewirkt habe.
Ganz angetan vom Abend war schliesslich auch Bern-Tourismus-Chef Markus Lergier: «Ich geniesse die neue Beinfreiheit», schwärmte er unter anderem. Wir fragten uns: Lag es am Pausensekt oder an der drogenähnlichen Wirkung von Wagners Musik? Die Bestuhlung, schien uns, ist erst bei der nächsten Umbauetappe an der Reihe.