Franziska Stürz, Deutschlandradio Kultur (28.02.2016)
Herbert Fritsch inszeniert Henry Purcell
Herbert Fritsch will keine frühbarock-steife Kunst an der Oper Zürich. Deswegen inszeniert er Henry Purcells "King Arthur" mit viel Klamauk. Das gefällt nicht jedem. Unserer Kritikerin aber schon.
Halb Schauspiel- halb Oper, schon seit seiner Entstehung 1691 scheiden sich die Geister an Purcells " King Arthur", denn welche Darstellungsform ist die Stärkere? Das Werk lässt sich in keine Schublade stecken und fordert Offenheit und Lust zum Bühnenexperiment sowohl von den Künstlern als auch vom Publikum. Herbert Fritsch entscheidet sich bei der Umsetzung in Zürich für die komisch-britische Variante frei nach Monty Python und den Rittern der Kokosnuss.
Nach allen Regeln der barocken Musizierkunst unterstützen Dirigent Laurence Cummings und das Orchester La Scintilla Fritschs Lesart gegen das Arthus-Heldenepos. Wolfram Koch klappert in seiner glänzenden Rüstung als Don Quijote-Double ausgiebig über die leere Bühne, Florian Anderer als Sachsenkönig Oswald ist umwerfend in seiner tänzerisch-akrobatischen Körperlichkeit. Rothaarig und mit dicken Bäuchen im Glitzerhemdchen sind die Sachsen nicht weniger lächerlich als die englischen Kämpfer im Paillettenkettenhemd. Die opulenten, ausgefallenen Kostüme von Victoria Behr genügen als Eyecatcher vollkommen vor einer psychedelischen Multicolor-Projektion im Hintergrund.
Fritsch hat ein gutes Gespür für das richtige Timing
Natürlich stehen Schauspieler und Sänger auch in einer gewissen Konkurrenz um die stärkste Wirkung auf das Publikum, aber es ist der Wechsel zwischen den ausgeflippt klamaukigen Schauspielszenen und der erhabenen Ruhe der gesungenen Passagen, der den Reiz des Abends ausmacht. Fritsch hat ein gutes Gespür für das richtige Timing. Die Magie ist wichtig in Purcells " King Arthur", und Corinna Harfouch als androgyner Zauberer Merlin und Annika Meier als Ekel-Gegenspieler Osmond ziehen erfolgreich die Fäden bis hin zum Happy End.
Für manchen im Publikum war die Komik des Abends nicht das Richtige und ein Ruf nach mehr Niveau machte sich neben einigen Buhs Luft. Allerdings wurde auf höchstem Niveau musiziert und auch gespielt - nur eben mit unerwarteten Mitteln. Wer nicht über drei Stunden der frühbarock-steifen Kunst der gepflegten Langeweile folgen wollte, kam durchaus auf seine Kosten, konnte überraschend viel lachen, schmunzeln und sich dank der Spielfreude aller Beteiligten amüsieren. Angesichts des 100-jährigen Jubiläums von Dada in Zürich eine zeitgemäße und passende Umsetzung des noch wesentlich älteren Stoffes.