«Katerina Ismailova» am Opernhaus Zürich

Roger Cahn, Blick (27.09.2005)

Ledi Macbet Mzenskowo ujesda, 25.09.2005, Zürich

Höchste Zeit, dass diese Oper den Eingang ins Zürcher Repertoire findet. Eine Titelheldin in Hochform und eine psychologisch präzis auf die Personen zugeschneiderte Regie feiern Triumphe. Jubel - vor nicht ganz vollen Rängen - am Sonntag im Opernhaus.

Eine reiche Kaufmannsfrau flüchtet sich im Kampf gegen Langeweile in die Liebe. Aus Verzweiflung tötet sie jeden, der sich ihrer Leidenschaft in den Weg stellt. Am Ende auch sich selbst.

Dmitri Schostakowitsch statuiert in seiner 1934 uraufgeführten Oper ein Exempel für die Ohnmacht des Individuums gegen Staat und Gesellschaft. Die Handlung basiert auf dem Roman «Lady Macbeth von Mzensk» von Nikolai Leskow.

Libretto und Musik schrecken vor nichts zurück. Sie zeigen erotische Szenen, Kampf, Mord und Totschlag offen und konkret. So konkret, dass der Komponist nach der Uraufführung unter dem Titel «Chaos statt Musik» in der «Prawda» eine rüde - von Stalin in Auftrag gegebene - Schelte lesen und in der Folge dem Machthaber zu Kreuze kriechen musste.

Die Zürcher Aufführung bringt die vom Komponisten leicht «gesoftete» Version zur Aufführung. Aber auch die ist noch hart genug. Klaus Michael Grüber inszeniert eine stimmungsstarke Bilderfolge und fokussiert das Geschehen auf das Liebespaar.

Im Zentrum steht Solveig Kringelborn als Titelheldin. Die norwegische Sopranistin singt und spielt die Entwicklung von der gelangweilten, reichen Kaufmannsfrau über die leidenschaftlich Liebende bis hin zur bestialischen Mörderin überzeugend. Ihre Katerina geht unter die Haut!

Nicht ganz so toll ist die musikalische Leitung. Vladimir Fedoseyev peitscht sein Orchester zu horrendem Tempo und extremer Lautstärke einer Militärkapelle. Dadurch gehen viele Zwischentöne verloren. Erst im Schlussbild lässt auch er ahnen, welche Facetten in Schostakowitschs Musik zu finden gewesen wären. Zu spät.

Fazit: Kein beschaulicher Abend mit Wodka-Fröhlichkeit und russischer Seele, dafür die Begegnung mit einer der bedeutendsten Opern des 20. Jahrhunderts.