Operette Plüsch & Prunk

Roger Cahn, Blick (06.09.2004)

Der Opernball, 03.09.2004, Winterthur

Nimmt ein Regisseur eine Wiener Operette ernst, kann ein vergnüglicher Abend entstehen. Helmut Lohner liefert den Beweis: Richard Heubergers «Der Opernball» ist nicht umwerfend, aber unterhaltsam. Premiere war am Freitag im Theater am Stadtgarten Winterthur.

Zwei Frauen arrangieren für sich und ihre Gatten am Opernball in Paris ein Spiel um eheliche Treue. Eine Nacht auswärtiges Amüsement bringt jedoch die Erkenntnis: Am schönsten ists zu Haus. Nur das Dienstmädchen kommt auf seine Rechnung. Das tönt verstaubt und déjà vu.

Trotzdem vertraut der Wiener Theaterprofi Helmut Lohner diesem Stoff und inszeniert ein Feuerwerk an Ideen, hervorragend sekundiert durch eine zeitgemässe Plüsch- und Prunk-Ausstattung von William Orlandi.

Operette verlangt schauspielende Sänger und singende Schauspieler. Davon gibts Hervorragendes in beiden Kategorien: Die Schweizer Operndiva Noëmi Nadelmann glänzt als weinerlich Naive vom Lande, ihre Komplizin Christiane Kohl zieht die Fäden und lässt die Ehemänner - komisch Deon van der Walt, etwas chargiert Daniel Kirch - tanzen.

Bei den Schauspielern stiehlt Herbert Prikopa als Oberkellner mit perfektem Spürsinn für das Setzen von Pointen allen die Show. Renate Steiger («Lüthi & Blanc») wirkt daneben als geizige Alte gar bieder.

Ein Abend zum Geniessen, das Szenische dominiert die Musik. Ausser einem Ohrwurm - «Gehn wir ins Chambre séparée» - fiel dem weitgehend unbekannt gebliebenen Komponisten nicht viel Originelles ein.

Fazit: Kein Grund, sich zu schämen, wenns einem gefällt.