Die Kostüme dominieren

Sigfried Schibli, Basler Zeitung (26.09.2006)

Doktor Faust, 24.09.2006, Zürich

Ferruccio Busonis «Doktor Faust» am Opernhaus Zürich

Er war Italiener und fühlte deutsch, feierte Erfolge als Klaviervirtuose und wollte doch lieber Komponist sein. Ferruccio Busoni und sein «Doktor Faust» › ein interessanter Fall.

Das Textbuch liest sich flott, aber die Aufführung zieht sich dann doch über fast drei Stunden hin. Busonis «Doktor Faust» verlangt dem Zuschauer und Zuhörer Geduld ab. Nicht zuletzt, weil der Komponist zwischen die gesungenen Partien seiner um 1920 entstandenen Oper Zwischenmusiken geschoben hat, die zum Besten gehören, was die Musik jener Zeit hervorbrachte. Seine Kombination von sinnlicher Italianità und Gelehrtheit ist unverwechselbar. In der Zürcher Neuproduktion unter dem Dirigenten Philippe Jordan tritt sie einem sehr nah ans Ohr. Das Opernhausorchester musiziert trennscharf und bläserstark und kommt unter dem die Tempi energisch gestaltenden Dirigenten nie in den Verdacht, Busonis Musik allzu sehr ins Weichliche zu biegen.

defizit. Am Regiepult amtierte Klaus Michael Grüber, wie immer im Verbund mit Ellen Hammer. Das an der Berliner Schaubühne berühmt gewordene Duo musste am Ende einige Buhs einstecken. Gewiss, die berühmten Grüber’schen Schleichgänge quer und diagonal über die Bühne gibt es auch hier, und die Geschichte vom Doktor Faust, der seine Seele verkauft, wird schlüssig erzählt. Doch fehlt es der Personenführung am Feinschliff, den man vom Regie-Guru Grüber erwartete.

Der optische Eindruck wird dominiert von Eva Desseckers opulenten Kostümen und Eduardo Arroyos raffinierten Bühnenbauten, die bald ein Alchimisten-Labor, bald eine Kirche und zuletzt einen Studentenkeller voller akademischem Gerümpel zeigen.

don juan. Sängerisch ist der Bariton Thomas Hampson in der Titelpartie der unbestrittene Held der Aufführung. Seine Figurenzeichnung rückt Faust nahe an Don Juan (an den Busoni im - hier gestrichenen - Prolog auch erinnert). Der Tenor Gregory Kunde als Mephistopheles steht ihm sängerisch und schauspielerisch in nichts nach. Sandra Trattnigg singt die einzige weibliche Solistenpartie, die der von Faust verführten Herzogin von Parma, mit stimmlichem Glanz. An ihrer Seite der als schillernder König eines Märchenlandes gezeichnete Herzog von Reinaldo Macias.

Die musikalisch so wichtigen und so suggestiv singenden Chöre werden von der Regie weitgehend ins Off verbannt. Vielleicht rührt der etwas zähe Eindruck dieser Neuproduktion auch von daher.