Der Küchenkavalier

Roger Cahn, Blick (06.07.2004)

Der Rosenkavalier, 04.07.2004, Zürich

Musikalisch Spitze, szenisch fragwürdig. Der Wiener Opernklassiker «Der Rosenkavalier» von Richard Strauss lässt am Zürcher Opernhaus viele Wünsche offen. Premiere war am Sonntag.

Der Dichter Hugo von Hofmannsthal und der Komponist Richard Strauss haben 1910 in enger Zusammenarbeit die wohl geistreichste Komödie des europäischen Musiktheaters geschrieben.

Je zwei Menschen, die das Leben zusammengeführt hat - die reife Marschallin und der siebzehnjährige Octavian einerseits, der ungehobelte, arme Baron Ochs auf Lerchenau und das feinfühlige Bürgersmädchen Sophie anderseits -, werden getrennt. Dafür verbinden sich zwei, die ganz natürlich zusammengehören: Sophie und Octavian. Das ist köstlich, charmant und lebt von wienerischem Witz und Charme.

Das Regieteam unter der Leitung von Sven-Eric Bechtolf geht den Klassiker mit deutscher Lustigkeit an und scheitert. Sie machen die feine Komödie zur groben Farce. Nur am Anfang und am Ende vertraut die Inszenierung der Vorlage und schafft Momente, die einen Hauch von Poesie verströmen.

Dass der lange Opernabend (vier Stunden) nicht so richtig zünden will, liegt auch an der Besetzung der Titelrolle: Die Rossini- und Mozart-Spezialistin Vesselina Kasarova wagt sich hier an ihren ersten Strauss. Man spürt, wie ihre Stimme mit den Tücken der Partitur kämpft und sich ihr schauspielerisches Talent nicht voll entfalten kann. Das Erotische dieser Hosenrolle - verführerisch sowohl in Frauen- wie in Männerkleidung - gelingt ihr weder stimmlich noch darstellerisch. Und wenn Octavian in der Schlüsselszene seine wahre Liebe in einer unromantischen Küche erkennen muss, dann wirkt er eher wie ein Küchenkavalier als ein Rosenkavalier.

Musikalisch ist die Produktion Spitzenklasse. Dank Dirigent Franz Welser-Möst. Wie er das Orchester auch am Ende einer anstrengenden Saison zu einer beeindruckenden Interpretation mit viel Engagement für emotionale Details motiviert und zügelt, ist beeindruckend. Und noch eine Spitzenleistung gilt es zu bewundern: Nina Stemme beherrscht all die komplizierten Gefühlswelten der Marschallin - sängerisch brillant, darstellerisch überzeugend.