Sizilien ein Trümmerhaufen

Roger Cahn, Blick (25.05.2004)

Les vêpres siciliennes, 23.05.2004, Zürich

Mit «I Vespri Siciliani» bringt das Zürcher Opernhaus wieder einmal Giuseppe Verdi. Die herrlichen Arien begeisterten das Publikum, die verstaubte Regie langweilte es. Premiere war am Sonntag.

Darum geht es: Politik und Liebe. Im Jahr 1282 metzeln sizilianische Revoluzzer tausende französische Besatzungssoldaten nieder. Zuvor gibt es eine verzweifelte Liebesgeschichte zwischen Arrigo, dem französischen Gouverneurssohn, und der sizilianischen Herzogin Elena.

«I Vespri Siciliani» (Die sizilianische Vesper) war nicht Verdis Lieblingsoper. Aber sie enthält einige der schönsten Arien, Quartette und Terzette. Sie machen den neusten Zürcher Verdi sehenswert. Ansonsten ist es eine Aufführung, die schon vor zwanzig Jahren für den langweiligen Ruf der Oper gesorgt hätte.

Alles ist dunkel, weil tragisch. Styroporblöcke stellen sizilianische Ruinen dar. Sängerinnen und Sänger verdrehen leidend die Augen und rudern mit stets denselben Gesten. Sie stehen an der Rampe, singen den Dirigenten an, statt ihre Partner zu lieben oder zu hassen. Aus dem Orchester tönt es schön, aber uninspiriert. Obwohl der Dirigent sehnsuchtsvoll mit den Händen die Arien in die Luft malt: Die Musik ist laut oder leise und wenig dazwischen.

Erst mit der Zeit bekommt das Palermo von Cesare Lievi (Regie) und Maurizio Balo (Ausstattung) etwas Farbe. Die Gefühle bleiben unglaubhaft. Dabei könnten Leo Nucci und Ruggiero Raimondi so tolle Darsteller sein. Hier werden sie als Gouverneur und dessen Gegenspieler Procida auf gängige Operngestik reduziert. Ihre Bühnenpräsenz sorgt aber für Knistern und ihre grossen Stimmen für Schaudern.

Paoletta Marrocu kämpfte als Elena zwischen der Liebe zum Vaterland und jener zum Geliebten, aber auch mit den Höhen der schwierigen Rolle. Für Glanzlichter sorgt Marcello Giordani als Arrigo: ein natürlicher Darsteller mit schönem, kraftvollem Tenor bis in höchste Töne.