Feuchtfröhlicher Antimilitarismus

Beat Glur, Neue Luzerner Zeitung (23.03.2004)

La Grande-Duchesse de Gérolstein, 21.02.2004, Zürich

Mit der Operette «La Grande-Duchesse de Gérolstein» von Jacques Offenbach ist dem Opernhaus Zürich ein grosser Wurf gelungen.

Die 1867 uraufgeführte Inszenierung der «Grossherzogin» ist eine äusserst lohnende Entdeckung. Sie ist ein Fest der Sinne. Sie ist sogar eine Überforderung der Sinne; besonders für das Auge wird fast zu viel geboten. In das Bühnengeschehen sind auch das Orchester und sogar das Publikum mit einbezogen. Die Musiker treten in Uniformen auf, und Dirigent Nikolaus Harnoncourt ist der Militärkapellmeister.

Auf der Bühne hingegen wird der Krieg, den die Grossherzogin entfesselt, zur Farce. Ihr General ist ein dicker Trottel, und ihre Berater sind Witzfiguren aus der Mottenkiste. Und die Grossherzogin ist ein mannstolles Weib, das einen einfachen Soldaten flugs zum Oberkommandierenden befördert, nur um ihn ins Bett zu kriegen.

Deftigkeit als Motto

Für Regisseur Jürgen Flimm jedoch ist das Stück, das damals die Affären der Zarin Katharina II. und die Korruption am russischen Hof verspottete, durchaus aktuell. Er sieht Parallelen zu George Bush und seinem Irak-Feldzug. Der Chor schwenkt die Fähnchen der Kriegskoalition, und die fesche Majorette, die durch das Stück führt, telefoniert per Handy mit Bush.

Flimms Inszenierung hält zahlreiche Lacher bereit. Da bedrängen etwa Fotografen nicht nur die Prominenz im Stück, sondern auch im Publikum, da werden die Zuschauer auf einem digitalen Laufband aufgefordert, per SMS ihre Meinung zum Stück kundzutun, und die Soldaten werden an einer Aufhängung wie Schlachtvieh in den Krieg geführt. Deftigkeit scheint das Motto von Flimm gewesen zu sein. Die Kostüme ergeben vielfarbige Tableaux, die Grossherzogin stellt ihre üppige Oberweite gleich ihrer ganzen Armee zur Verfügung, und das Schwert des Heerführers ist derart gross, dass er es unmöglich alleine führen kann.

Stimmlicher Reichtum

Im Mittelpunkt der Aufführung, die als Koproduktion mit der Styriarte bereits letzten Sommer in Graz zur Premiere gekommen war, steht die französische Mezzosopranistin Marie-Ange Todorovitch in der Titelrolle, die sich auch dank ihres schauspielerischen Talents als Idealbesetzung erweist. Aber auch die zahlreichen weiteren Mitwirkenden tragen zu einer tadellosen Ensembleleistung bei.

Gesungen wird französisch, aber gesprochen in verschiedenen Sprachen, auch in Schweizerdeutsch. Es gibt viel zu hören, viel zu sehen und viel zu lachen. Das Premierenpublikum applaudierte lang und heftig.