Wetttrinken und Walzertakt

Frank Gerber, Blick (25.09.2006)

La Périchole, 23.09.2006, St. Gallen

Die Operette «La Périchole» von Jacques

Offenbach ist ein Paradebeispiel für höheren Unsinn. Die Inszenierung im Stadttheater St.Gallen ist ein Feuerwerk an Einfällen zwischen Dada und Klimbim. Premiere war am Samstag.

Die Sängerin Périchole und Piquillo lieben sich, können aber aus Geldmangel nicht heiraten. Auch der Diktator des Landes entflammt für die schöne, hungrige Périchole und bietet ihr Essen und Bett.

Aber bei Offenbach steht alles auf dem Kopf: Die Verfassung des Fantasiestaates schreibt seinem Herrscher vor, dass er sich nur mit verheirateten Frauen vergnügen darf. Also müssen dringend ein Bräutigam und ein Priester her für eine Scheinhochzeit.

Die verrückte Handlung leuchtet - nüchtern betrachtet nicht - ein. Drum wird ständig «getrunken, gebechert, gesoffen - gekotzt», wie es der Tenor ausdrückt. Die junge Sängerin wird mit Champagner abgefüllt, damit sie den alten Diktator nicht mehr so hässlich findet. Der verschmähte Liebhaber wird mit Sherry davon abgehalten, sich zu erhängen. Und der Erzbischof wird mit Malaga bestochen. Kein Wunder, kann sich am nächsten Tag niemand mehr so genau erinnern.

Trotz des Klamauks in der Inszenierung gehen die musikalischen Feinheiten nicht verloren. Die stilsichere Beschwingtheit des Orchesters unter Sébastien Rouland lässt die Füsse wippen.

Das Personal von «La Périchole» kennt nur zwei Geisteszustände: Sturzbetrunken oder völlig verkatert. Das Publikum hingegen verlässt das Theater auf dem Mittelweg: Angenehm beschwipst von guter Laune.