Blasser Grusel

Michael Nyffenegger, Aargauer Zeitung (13.09.2006)

Don Giovanni, 08.09.2006, St. Gallen

Für die deutsche Gastregisseurin Aurelia Egger gab es bei der St. Galler Premiere von Mozarts «Don Giovanni» einige Buhrufe. Das Bühenbild (Christoph Sehl) zeigt die noble, aber etwas herunter gekommene Residenz des Komturs (Tijl Faveyts, Bass). Farbeimer, eine Malerleiter und Plastikabdeckungen zeugen von Renovationsarbeiten. Hier stellt Don Giovanni (Ales Jenis, Bariton) zu nächtlicher Stunde Donna Anna (Angela Fout, Sopran) nach. Schwarze Kreuze, von Elvira mit dem Pinsel an die Wand gemalt, kündigen Unheil an. In der Folge wirkt die Inszenierung zum Teil wie ein schlechter Horrorfilm. Spätestens als Don Giovanni, auf dem Sarg des Komturs hockend, zu einer Fress-Orgie ansetzt und sich mit Champagner und Pommes-Chips überschüttet, nimmt die Geschmacklosigkeit überhand.

Am dramatischen Höhepunkt der Oper erscheint der Komtur und übt an Don Giovanni Rache. Die Regisseurin lässt den «steinernen Gast» aber nicht als Statue auftreten, sondern persönlich: Die gruselige Leiche, mit viel Ketchup präpariert, schickt Don Giovanni zur Hölle.

Ohne ersichtlichen Grund sinken auch die übrigen Figuren blutüberströmt zu Boden - ein Bild wie nach einem Terror anschlag. Den Solisten und dem Orchester unter der Leitung des neuen Kapellmeisters Peter Tilling ist es zu verdanken, dass «Don Giovanni» zumindest musikalisch überzeugte.