Es knistert der Taft

Hans Uli von Erlach, Blick (23.10.2006)

Ernani, 21.10.2006, St. Gallen

So liebt das Publikum Verdi: Süffige Arien, prachtvolle Kostüme, dramatische Geschichte. Und so ist «Ernani» im Theater St. Gallen und das Publikum jubelte am Samstag an der Premiere.

Meter- und kiloweise schönste Stoffe und Strass hat Ausstatter und Regisseur Massimo Gasparòn zu fantastischen Kostümen geschneidert. Das ist ein Rauschen und Funkeln. Wenn Elvira am Schluss im weissen Brautkleid über die Bühne geht, sieht es aus, als gleite eine Fregatte übers Meer. Die Handlung ist Opernklischee. Im Spanien des 16. Jahrhunderts lieben drei Männer die schöne Elvira: König Don Carlo, Edelmann de Silva, Elviars Verlobter, und Bandit Ernani, den sie liebt.

Doch die simple Konstellation inspirierte Verdi zu schönsten Arien und Terzetten, herrlichen Chören und zu einer Musik, die trotz Tragik und Intrige federnd, manchmal auch plakativ klingt (Dirigent: Alberto Hold-Garrido). Als Premierenbesetzung leistet sich St. Gallen prächtige Stimmen. Raffaella Angeletti als tragische Elvira mit grossem, dramatischem Sopran, Ivan Inverardi als edelmütiger König mit sonorem Bariton, Roberto Scandiuzzi als fieser Silva mit Weltklassebass, Juremir Vieira als Ernani anfangs mit irritierendem Vibrato, dann mit hellem, schönem Verdi-Tenor.

Schade, trotz optischer und sängerischer Opulenz geriet die Inszenierung stereotyp. Jede Figur kennt drei Gesten: Je nach Emotionsgrad einen Arm hoch, beide Arme hoch, Hand aufs Herz.