Die Liebe endet mit einem Blitzschlag

Beat Glur, Neue Luzerner Zeitung (16.01.2007)

Semele, 14.01.2007, Zürich

Ein Oratorium auf der Opernbühne inszeniert: Das Opernhaus Zürich überrascht mit Händels Werk «Semele».

Mit Starsopranistin Cecilia Bartoli in der Titelrolle, einem famos aufspielenden Orchester und mit dem Regisseur Robert Carsen hat die Zürcher Inszenierung von Händels Oratorium «Semele» das Zeug zum Erfolg. Einem Erfolg, der dem Komponisten Georg Friedrich Händel (1685 1759) mit «Semele» versagt blieb. Kritiker monierten damals, dass Händel das Werk nur darum Oratorium nannte, um sich die Kosten für die viel teurere Opernproduktion zu sparen. Erst im 20. Jahrhundert fand «Semele» wieder auf die Bühne.

In Zürich kommt das Werk als herkömmliche Oper daher. Regisseur Carsen macht deutlich, dass das Werk durch die Inszenierung überhaupt erst zu einem musikalischen Drama wird.

Fatale Götterliebe

Das dreiaktige Stück behandelt ein Thema aus der klassischen Mythologie. Göttervater Jupiter liebt die sterbliche Semele und unterhält mit ihr ein heimliches Verhältnis. Juno, die Gattin Jupiters, tobt vor Eifersucht und sinnt auf Rache. Es gelingt ihr, Semele zu überreden, dass sie Jupiter veranlasst, sich ihr nicht als Sterblicher, sondern als Gott zu zeigen. Jupiter, der geschworen hat, Semele jeden Wunsch zu erfüllen, erscheint ihr mit den Zeichen seiner göttlichen Macht. Semele verbrennt an Jupiters Blitz.

Carsen verlegt die Geschichte an den britischen Königshof von heute. Ein langer roter Teppich dient als Laufsteg für die Royals und die vielen Möchtegern-Royals. Zuweilen fast Slapstick-artig inszeniert Carsen seine Figuren. Semele wird als blind verliebtes und vom Reichtum der Royals geblendetes Girl gezeigt, das scheitert, weil es selber nach Macht strebt.

Bravouröse Bartoli

Aber trotz zahlreichen gelungenen Regieeinfällen und präzise charakterisierten Figuren kann auch Carsen nicht verhindern, dass das handlungsarme Stück im ersten Teil Längen aufweist. Erst nach der Pause kommt es dank zwei Bravour-Auftritten von Cecilia Bartoli zu langem Szenenapplaus. Hier kann die Sängerin vorführen, was man von ihr erwartet: lang anhaltende endlos hinauf- und hinabperlende Koloraturen.