Frauenheld in der Altbauwohnung

Hans Uli von Erlach, Blick (11.09.2006)

Don Giovanni, 08.09.2006, St. Gallen

Ein hervorragendes Orchester, gute Sänger und eine Inszenierung, die die besten Szenen verpatzt: Mozarts Oper «Don Giovanni» hatte am Freitag im Theater St. Gallen Premiere.

Gesungene Operntexte zu verstehen ist Glückssache, fremdsprachige erst recht. Dennoch verzichtet Regisseurin Aurelia Eggers auf deutsche Übertitel. Resultat: Wer den Text nicht im Detail kennt, versäumt die Finessen. Ein unverzeihliches Manko bei einem so vielschichtigen Stück.

Auch sonst untergräbt die Regie die besten Szenen oft bis zur Unkenntlichkeit. Erzwungene Geschäftigkeit lenkt von den schönsten Arien ab. Warum darf gute Musik nicht einfach mal erklingen, wie sie ist?

Natürlich spielt die Inszenierung in der heutigen Zeit - der frauenbesessene Giovanni ist eben zeitlos. Die Bühne zeigt eine Altbauwohnung, die während den zwei Akten renoviert wird. Stimmungs- und Stilwechsel mischen Realität mit Märchenwelt und schaffen optisch auch schöne Bilder.

In ihnen treibt der Titelheld sein krankhaftes Unwesen. Bariton Ales Jenis spielt und singt das faszinierend lasziv. Das übrige, erfrischend junge Ensemble überzeugt unterschiedlich, von Gergana Gelevas arg leierndem Mezzosopran als Elvira bis zur strahlend dramatischen Donna Anna von Angela Fout.

Schon fast plattenreif spielt das Sinfonieorchester St. Gallen. Dirigent Peter Tilling widmet sich ihm akribisch und mit Drive - und vernachlässigt dabei den Kontakt zu den Sängern.