Rock rauf - Hose runter

Roger Cahn, Blick (13.03.2007)

Le Nozze di Figaro, 11.03.2007, Zürich

Mit «Figaro» im bunten Komödienrock lässt sich das Zürcher Publikum gern verführen. Jubel auch für die Regie von Sven-Eric Bechtolf. Premiere war am Sonntag.

Dabei birgt die Oper, 1786 erste Koproduktion des Erfolgsduos Wolfgang Amadeus Mozart und Lorenzo da Ponte, Zündstoff: Die Unterschicht lehnt sich erfolgreich gegen die herrschende Klasse auf und die Frauen klären diese über Liebe und Treue auf. Und das drei Jahre vor der Französischen Revolution.

Bei Sven-Eric Bechtolf spielen soziale oder psychologische Faktoren eine untergeordnete Rolle. Primär wird der Lust gefrönt: Rock rauf - Hose runter. Die Frauen sind raffiniert und scharf auf die Männer, diese sind Machos oder Esel. Michael Volle, stimmgewaltig und gut aussehend als Conte di Almaviva, ist beides und beeindruckt seine Umwelt mit Zaubertricks.

Die Moral von Bechtolfs Sicht auf «Figaro»: Am Ende sitzen alle auf Pferden des putzigen Liebeskarussells und drehen sich, so wie einst und so wie immer.

Auch musikalisch lässt sich wenig Neues entdecken. Bei Franz Welser-Möst wechseln Höhen und Tiefen, mal geht er ganz auf die Sänger ein, mal hetzt er sie - eigene Akzente setzt er kaum. Mit der Ausnahme, dass er im letzten Akt zwei Nebenfiguren Arien singen lässt, die bei «Figaro»-Aufführungen in der Regel gestrichen sind.

So wird der lange Opernabend ohne zwingenden Grund noch länger. Da auch aus dem Sängerensemble eigentlich nur zwei - Malin Hartelius als eine eher leichte Contessa und Erwin Schrott mit seinem schweren, italienisch timbrierten Bariton - durch starke Bühnenpräsenz über das Mittelmass herausragen, kann man diesen «Figaro» getrost als «gutes Unterhaltungstheater» abbuchen.

Fazit: überflüssige Neuproduktion, aber amüsant.