Marianne Zelger-Vogt, Neue Zürcher Zeitung (19.03.2007)
Donizettis «Elisir d'amore» in Luzern
Gemäss Libretto spielt Gaetano Donizettis Opera buffa in einem Dorf der Toskana, die begehrte Adina ist Pächterin, der scheue Nemorino Bauer, der bombastische Dulcamara Quacksalber und der eitle Schürzenjäger Belcore Sergeant. Letzterer trägt auch in Dominique Menthas Inszenierung eine Offiziersuniform, sonst aber ist alles anders. Werner Hutterlis Bühne spiegelt den Zuschauerraum des Luzerner Theaters: blaue Wände, rote Sessel. Die Kostüme von Anna Ardelius verweisen auf die vierziger Jahre des letzten Jahrhunderts, die Personen auf der Bühne sind Mitglieder eines - italienischen - Opernhauses: Adina ist die Starsopranistin, Nemorino der Inspizient, Dulcamara ein auf Scharlatane spezialisierter Gastschauspieler, Belcore ein lokaler faschistischer Funktionär. Ausserdem treten auf: der Theaterdirektor, die Souffleuse und, sehr wichtig, die Kantinenköchin.
Weshalb dieses Spiel mit dem Spiel? Donizettis «Liebestrank» ist die Oper der glücklichen Fiktion. Nemorino überwindet seine Scheu und gewinnt Adina, weil er an den Wundertrank Dulcamaras glaubt. Dominique Menthas Konzept funktioniert. Die Aufführung hat Witz und Charme, sie ist temporeich und überrascht immer wieder mit hübschen Pointen. Zudem profitiert sie davon, dass der Regie führende Luzerner Theaterdirektor sein Ensemble bis zur kleinsten Charge kennt. Nicht nur die Hauptpartien sind treffend besetzt - Teodora Gheorghiu als stimmlich wie darstellerisch bezaubernde Adina, Martin Nyvall als in seiner Verklemmtheit herrlich agiler Nemorino, Boris Petronje als verschlagener Dulcamara, Howard Quilla Croft als trotz vokalen Defiziten imposanter Belcore -, auch der Chor tritt prominent und spielfreudig in Erscheinung. Caroline Vitale kommt als Seconda donna alias Giannetta sogar zu einer schmissigen Schlagereinlage, in welcher der Dirigent John Axelrod und das Luzerner Sinfonieorchester ebenso spritzig und animiert agieren wie in den originalen Donizetti-Teilen, die den Belcanto-Komponisten auf der Höhe seiner Kunst zeigen.