Verena Naegele, St. Galler Tagblatt (29.11.2006)
«L'étoile» von Emmanuel Chabrier am Opernhaus Zürich
Eine Opéra bouffe à la Offenbach will «L'étoile» von Chabrier sein, aber auch unter Dirigent John Eliot Gardiner und in David Pountneys Regie fehlt dem Stück der letzte Biss.
Schwarz ist der Humor von Emmanuel Chabrier in «L'étoile», und schwarz ist auch die Bühne im letzten Akt der Zürcher Neuinszenierung von David Pountney, Intendant der Bregenzer Festspiele. König Ouf legt sich vorsorglich in den bereitgestellten Sarg, denn er meint, zusammen mit seinem Astrologen Siroco in den nächsten 24 Stunden sterben zu müssen. Um die «Tragik» der Szene zu unterstreichen, gibt es dazu einen «Totentanz», bei dem ein auf einer Bahre festgezurrter Toter grotesk durch die Luft gewirbelt wird.
Das witzige Element zieht sich wie ein roter Faden durch den Abend, manchmal an der Grenze des guten Geschmacks, aber nie darüber hinaus. Dafür ist Regisseur Pountney viel zu sehr Ästhet, gediegen und genau aufeinander abgestimmt sind die Kostüme von Marie-Jeanne Lecca, prunkvoll gleissend die Limousine und ästhetisierend brillant die Lichtgestaltung von Martin Gebhard.
Der Rahmen stimmt also für die absurde Geschichte um König Ouf, der jedes Jahr sein Volk durch eine Hinrichtung erfreuen will, wobei ihm diesmal ein Übeltäter fehlt. Abhilfe scheint geschaffen, als Ouf inkognito von Lazuli geohrfeigt wird, aber damit beginnen die buffonesken Verwirrungen erst. Pountney verlegt die Handlung in den Orient, lässt ebenso Frauen mit Schleiern auftreten wie als «Luder» Autos besteigen, Männer in Beduinentracht auftreten und als Guerillas in der Gegend herumballern – ein delikater «Eiertanz», den er wagt.
Und die Musik? Immerhin setzt sich kein Geringerer als John Eliot Gardiner für Chabriers Erstling ein. Der Komponist nutzte die Raffinesse des Librettos und schrieb eine mit Exotismen angereicherte Musik, in der er den pointierten Sprachwitz in eine vertrackte Metrik klingend umsetzt. Diese Polyrhythmik aber ist heikel in der Interpretation und hemmt den Fluss der Musik.
So bleibt der Eindruck zwiespältig, auch wenn das Orchester unter Gardiner klangsinnlich musiziert, denn es fehlen der Musik die zündenden Ideen. Zudem schert sich Chabrier um jede Konvention, gibt Lazuli eine Überfülle zum Singen, während andere wie König Ouf sich fast nur durch schauspielerische Komik präsentieren können. Brillant agiert Jean-Luc Viala, der einen anrührend naiven König mimt – ein schauspielernder Tenor der Extraklasse, wunderbar sekundiert vom nicht minder komischen Jean-Philippe Lafont als Astrologe. Besonders gespannt war man auf die Schweizerin Marie-Claude Chappuis als Lazuli: Ihre an der Barockmusik geschulte Mezzosopranstimme besticht durch weiche Sinnlichkeit, doch fehlte den sprechlastigen Couplets die Durchschlagskraft.