Ein Rossini-Spass mit Ladehemmung

Stefan Degen, Neue Luzerner Zeitung (25.04.2007)

L'Italiana in Algeri, 22.04.2007, Zürich

Cesare Lievi inszeniert am Opernhaus Zürich «L'Italiana in Algeri» ohne zündende Ideen. Dafür überzeugt das Musikalische.

Fast 200 Jahre alt ist Gioacchino Rossinis «L'Italiana in Algeri» (Die Italienerin in Algier; 1813) und eigentlich Garant für einen spritzigen Komödienabend. Der Komponist selber treibt die Konfusion auf den Höhepunkt im famosen Finale des ersten Aktes: Die Protagonisten finden keine Worte mehr, sie artikulieren bloss noch lautmalerische Silben (tac tac, cra cra, bum bum). Der Abend beginnt viel versprechend: Bühnenbildner Luigi Perego schuf eine Drehbühne, die schnelle Verwandlungen erlaubt. Im Mittelpunkt steht Mustafas trendiges Strandlokal «Algeri».

Bildschön und selbstbewusst

Den Kontrast zu den Männern und Frauen im Türkenlook (adrette Kostüme von Marina Luxardo) bilden die Italiener. Sie stolpern aus einem Schiff in die orientalische Welt. Anführerin der Commedia-dell'arte-Truppe ist die bildschöne Isabella, die dem Prahlhans Mustafa als neue Gemahlin zugeführt werden soll. Doch die selbstbewusste junge Frau wickelt den Bey von Algier um den kleinen Finger und befreit am Ende ihren Geliebten Lindoro aus den Fängen des Sklavenhalters.

Regisseur Cesare Lievi reiht ein paar nette Gags aneinander, die schon Jean-Pierre Ponnelle vor 25 Jahren erdacht (und besser umgesetzt) hat: so die Badewannenszene des Bey oder Isabellas Spiegelspiel mit ihren drei Verehrern. Seine Personenführung bleibt zufällig, die Figuren erhalten kaum Konturen. Kein Wunder, dass da auch das Feuer fehlt, der zündende Funken, der diesen Rossini-Spass wirklich zum Leben bringen würde. So spult Lievi bloss ein paar witzige Szenen ab und steuert auch Verstörendes bei: Wieso brauchen die Italiener alle Pistolen und Handgranaten, um sich zu befreien? Wenigstens fallen keine Schüsse doch auch so hat der Abend beträchtlich Ladehemmung.

Köstlicher Bassbariton

Die wirkliche Überraschung kommt vom Musikalischen: Das Orchester unter der Leitung von Paolo Carignani musiziert mit Spielfreude und wunderschönen Soli, rhythmisch überaus präzis und zupackend, aber auch einfühlsam die Sänger begleitend. Im Zentrum des Ensembles steht Vesselina Kasarova. Die bulgarische Mezzosopranistin weiss mit den Worten zu spielen, sie singt mühelos von der samtenen Altlage bis zum Sopran; doch sie wirkt seltsam distanziert und kaum je komödiantisch. Das innere Feuer fehlt auch Carlo Lepore als Mustafa. Er setzt mit seinem wohlklingenden Bass zwar einige Akzente, doch die Figur nimmt man ihm nicht ab. Ein Perle ist dafür der Bassbariton Carlos Chausson als köstlicher Taddeo. Die zweite Überraschung bot der junge mexikanische Tenor Javier Camarena: Er singt die schwierige Partie des Lindoro mit frischem Elan, viel Schmelz und ohne Angst vor der exponierten Höhe.hr>