Knallbuntes Opern-Geschenk

Tobias Gerosa, St. Galler Tagblatt (18.09.2006)

Die Liebe zu den drei Orangen, 15.09.2006, Basel

Mit Prokofjews «L'Amour des trois oranges» ist der Anfang der Intendanz George Delnons am Theater Basel überaus gut gelungen – trotz Kollaps des Dirigenten.

«ça commence!», singt der Chor, der König sitzt auf Position – und plötzlich bleibt alles stehen. Unsichtbar fürs Publikum war Dirigent Armin Jordan zusammengebrochen. Nach einer halben Stunde und einer Entwarnung («nur» ein Kollaps) übernahm spontan Lutz Rademacher, der die Proben als Assistent begleitet hatte. Leicht dürfte es für keinen der Beteiligten gewesen sein, nach diesem Schock Sergej Prokofjews komische Oper «L'Amour des trois oranges» zu spielen.

Schon vor dem Zwischenfall hatte die Inszenierung mit Einbrüchen der Realität in die Opernwelt gespielt. In die Begrüssung des neuen Intendanten und seines Operndirektors platzten Prokofjews Theatergänger, die ihre Forderungen an die Oper vorbringen. Die Metaebene, mit der das 1921 uraufgeführte Stück konstant spielt, ist in Basel so heutig (und von einem Nonett des Basler Chors formidabel gesungen und gespielt), dass die Zaubermärchenhandlung die knallbunte, scheinbar «obernaive» Darstellung des Regieduos Moshe Leiser/Patrice Caurier mehr als nur erträgt: Das Feuerwerk an Witz macht in seiner Überzeichnung so richtig Spass, und zwar in Einklang mit der überaus farbigen Musik.

Böse und gute Geister kämpfen gegeneinander um den depressiven Prinzen. Der rauschebärtige König (Stefan Kocan) engagiert dazu Truffaldino, um seinen Sohn wieder zum Lachen zu bringen. Verflucht, die drei Orangen zu finden, besteht der Prinz Märchenabenteuer, bis er die Prinzessin aus der letzten der Früchte befreit und heiratet. Höchst lustvoll wird dabei mit Kasperli- und Volkstheater operiert. Naivität karikiert durch Naivität – das könnte auch ins Auge gehen. Hier aber wird der Bruch der Ebenen virtuos vor Augen geführt. Dazu kommt eine stimmige Besetzung und ein Basler Sinfonieorchester mit Esprit. Ein überwältigender Einstand.