Pomp & Kitsch

Verena Naegele, Basler Zeitung (05.06.2007)

Francesca da Rimini, 03.06.2007, Zürich

Eine Oper zwischen optischer Pracht und aufgeladener Musik. Emily Magees Gesangskunst rettet den Abend.

Wenn der unverwüstliche Nello Santi am Dirigentenpult steht, ist traditionelle Oper angesagt, mit schönen Bildern, konventioneller Regie und grosser Geste. Das kann reizvoll sein, wenn damit eine logische Erzählung einhergeht, ist aber von lähmender Langeweile, wenn es wie in Zürich im bombastischen Pomp einer Ausstattungsorgie versinkt. Bühnenbildner Carlo Centolavigna leistet im Schlepptau von Regisseur Giancarlo del Monaco ganze Arbeit und erschlägt Zandonais Oper «Francesca da Rimini» (1914) mit seiner Bilderflut.

BLUTVOLL. Schon das erste Bild ist an Kitsch kaum zu überbieten: Der mit Blumen über und über gespickte Garten Francescas bildet den pittoresken Rahmen für die mit Voile-Kleidern duftig ausstaffierten Mädels. Man wähnt sich bei Anselm Feuerbach, der sich von der Geschichte um Francesca da Rimini aus der «Divina Commedia» ebenso inspirieren liess wie Riccardo Zandonai. Die zwischen Romantik, Verismo und zart schimmerndem Impressionismus changierende Musik scheint aus demselben Holz geschnitzt wie diese Gemälde.

Doch hier gilt es der Musik, die an prachtvollen Klangfarben so reichhaltig und mit dramatischen Ausbrüchen so inhaltsschwanger ist, dass ein optisches Pendant schlicht überbordend wirkt. Es ist ein Opernstoff um Liebe, Eifersucht und Mord, ganz nach italienischem Gusto, den Zandonai an die TristanTragödie anlehnt.

GLUTVOLL. Mit den Stilen und Anlehnungen geht der Komponist virtuos um und findet sowohl zu erotisierendem Klangrausch als auch zu dramatischer Ekstase. Ein gefundenes Fressen für Santi, der mit dem Opernhausorchester zu glutvoller Interpretation findet und trotzdem die Protagonisten nie zudeckt. Emily Magee als Francesca bietet grosse Gesangskunst. «Acting with voice» heisst ihre Devise, mit samtweichen dramatischen Aufschwüngen, lyrischem Liebesschmelz und Fortissimo-Ausbrüchen in höchsten Tönen. Von der Regie im Stich gelassen, kommt sie szenisch wie alle anderen nicht über abgedroschene Gestik hinaus. Am schwersten hat es Marcello Giordani, der als Paolo in hinderlicher Tunika auftreten muss, aber mit seinem heldischen Tenor brilliert und auch kantablere Töne findet. Juan Pons gibt einen körperlich gebrechlichen, stimmlich aber (allzu) potenten Gianciotto, dessen Wortduell mit dem listig kleinen Malatestino (Boiko Zvetanov) zum schrillen Gefecht ausartet.