Dieser Faust überzeugt nur musikalisch

Beat Glur, Neue Luzerner Zeitung (26.06.2007)

Szenen aus Goethes Faust, 24.06.2007, Zürich

«Szenen aus Goethes Faust» provoziert Buhs für die Regie und viel Jubel für die Chöre.

Einmal mehr zeigt das Opernhaus Zürich eine Rarität. Robert Schumann (1810 1856) hat fast zehn Jahre an der Vertonung von Goethes epochaler Tragödie «Faust» gearbeitet. Das aufwändig komponierte Werk wird, wenn überhaupt, meist im Konzertsaal gespielt. Das Opernhaus wagt nun, im Rahmen des Schumann-Schwerpunkts der Zürcher Festspiele, erstmals eine szenische Interpretation. Unter der Leitung von Generalmusikdirektor Franz Welser-Möst, der Zürich in einem Jahr verlässt und an die Staatsoper Wien wechselt, gelingt eine musikalisch hochstehende Interpretation des anspruchsvollen Werks.

Schwein geschlachtet

In den Hauptrollen glänzen mit kräftigen sonoren Stimmen der britische Bariton Simon Keenlyside als Faust und der österreichische Bass Günther Groissböck als Mephisto. Einen besonders enthusiastischen Applaus verdienten sich die Chöre, deren Leistung regelrecht bejubelt wurde. Auf weniger Zustimmung stiess die szenische Umsetzung des Stoffes. Der 68-jährige Wiener Aktionskünstler Hermann Nitsch, der erstmals in Zürich inszeniert, zwängt das Werk in den Rahmen seiner bekannten künstlerischen Arbeit. Provokationen eines von Nitschs Markenzeichen bleiben in Zürich aus. Die Schlachtung eines Schweins ist ein harmloses Manipulieren an einem Plastikschwein.

Belanglos schöne Bilder

Eine eigentliche Inszenierung der Solisten und Chöre findet, trotz der Mithilfe durch Andreas Zimmermann, nicht statt. Die beiden Regisseure konzentrieren sich ganz auf die Kostüme und auf raumfüllende Videoprojektionen. Die Bühne bleibt leer. Nitsch und Zimmermann machen Faust zum Christus, der mehrmals gewaschen und neu eingekleidet wird, mal am Kreuz hängt, dann wieder zum Volk spricht.

Je länger der Abend, desto lieblicher werden die Farben. Die Menschen bewegen sich präzise und streng symmetrisch, in fast ritueller Langsamkeit. Auf die Dauer wirkt die penetrante Schönheit der Bilder dann jedoch nur noch belanglos.